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Anhänger der Vox-Partei

© AFP/PIERRE-PHILIPPE MARCOU

Die Stunde der Rechtspopulisten in Spanien: „Keine Regierung der Konservativen ohne uns”

Am Sonntag finden in Spanien Regional- und Kommunalwahlen statt. Die rechte Partei Vox strebt nach der Macht und ist sich sicher: Ohne sie wird keine Regierung zustande kommen.

Von Juan F. Álvarez Moreno

Es ist so etwa wie eine Richtungswahl. Am Sonntag wird in Spanien über Kommunal- und Regionalparlamente abgestimmt. Vielerorts könnten die Konservativen mit der rechten Partei Vox koalieren – bisher eine verpönte Ausnahme. Doch wenn Pakte mit den Rechten zum Normalfall würden, wäre die Tür für eine Beteiligung der Rechten an der Zentralregierung wohl geöffnet.

Nach den Regionalwahlen an diesem Wochenende könnten Rechtspopulisten vielerorts erstmals mitregieren. In zwölf von 17 Regionen wählen die Spanier am Sonntag Landesparlamente. Zehn davon werden bislang sozialdemokratisch regiert.

Doch in sieben Regionen, etwa Valencia oder den Balearen, könnte der konservativen Volkspartei (PP) laut Umfragen ein Regierungswechsel gelingen – zumindest, wenn sie die Macht mit den Rechtspopulisten der Vox-Partei teilt.

Große Koalition wäre No-Go

Große Koalitionen gelten in Spanien als No-Go: Die Positionen von Sozialdemokraten (PSOE) und Konservativen liegen weiter auseinander als in Deutschland, und der Ton zwischen beiden ist aggressiver.

Das Land ist polarisiert.

Irene Delgado, Politikprofessorin an der Madrider Universität UNED

Schon die derzeitige linke Koalition ist ein Novum, lange wechselten sich die konservative PP und die linke PSOE beim Regieren mit absoluten Mehrheiten ab oder setzten bei Minderheitsregierungen auf die Unterstützung kleiner regionaler Parteien.

Doch für PP-Regierungen ohne Unterstützung von Vox wird es laut Umfragen kaum reichen. Einzig möglicher Partner bleiben die Rechten.

Keine „Brandmauer gegen Rechts“

Eine „Brandmauer gegen Rechts“ wird es in Spanien nach diesen Wahlen nicht geben: So wollte der Vorsitzende der Konservativen, Alberto Núñez Feijoo, Koalitionen mit Vox bisher nicht ausschließen. Noch deutlicher wurde die PP-Kandidatin in der Region Madrid: Ihr sei eine Koalition mit Vox lieber als eine linke Regierung, sagt Isabel Diaz Ayuso.

„In vielen Regionen wird der PP nichts übrigbleiben, als sich mit Vox zu verständigen“, sagt Irene Delgado, Politikprofessorin an der Madrider Universität UNED, dem Tagesspiegel. Die PP müsse diese Wahlen gewinnen, um bei der Parlamentswahl im Dezember Chancen zu haben.

Isabal Diaz Ayuso, Kandidatin der Partido Popular in der Region Madrid, ist eine Koalition mit Vox lieber als eine linke Regierung.

© AFP/JAVIER SORIANO

Ob die Konservativen mit den Rechten koalieren oder Minderheitsregierungen mit ihrer Unterstützung bilden, hänge von der Stärke der PP in jeder Region ab.

„Eine extrem rechte Partei“

Da Vox 2013 als Splitterpartei der Konservativen begann und ehemalige PP-Politiker in ihren Reihen hat, werde die Partei als nicht so radikal empfunden, erklärt Delgado. Doch „sie ist eine extrem rechte Partei“, so die Professorin. Da die linke spanische Regierung mit katalanischen und baskischen Nationalisten zusammenarbeite, glaube die PP, mit den Rechten koalieren zu dürfen. „Das Land ist polarisiert“, ist sich Delgado sicher.

In einigen Landesparlamenten verabschiedete die PP bereits Gesetze mithilfe von Vox, doch die enge Zusammenarbeit begann erst vor einem Jahr: In der Region Kastilien-León ging die PP testweise eine Koalition mit Vox ein.

Es wird hier keine Regierung der PP ohne Vox geben. Punkt.

Carlos Flores, Spitzenkandidat der Vox-Partei

Dort wirkt die Regierungsarbeit der Rechten aber eher exzentrisch. Bekannt wurde vor allem ihr Vorschlag, Ärzte sollten Frauen, die abtreiben wollen, anbieten müssen, sich die Herzschläge des Fötus anzuhören – damit diese sich es vielleicht anders überlegten. Nach einem Aufschrei lehnte die PP den Vorschlag ab.

Die spanische AfD will mitregieren

Das Programm von Vox ähnelt dem der deutschen AfD. Wichtig sind ihr geschützte Grenzen, die nationale Identität, die Schwächung der EU und der Kampf gegen vermeintliche „Masseneinwanderung”. Derzeit wirbt Vox für Spaniens Austritt aus dem Schengenraum und die Aufhebung eines Gesetzes gegen geschlechtsspezifische Gewalt. Die Partei will Abtreibungen kostenpflichtig machen.

Die Zuversicht, demnächst an die Macht zu gelangen, ist bei den Rechtspopulisten groß. Spitzenkandidat Carlos Flores in der Region Valencia hofft auf den Posten des Vizeministerpräsidenten.

„Es wird hier keine Regierung der PP ohne Vox geben. Punkt“, sagte Flores in einem Interview mit der Zeitung El Mundo. „Ich glaube nicht, dass die PP rote Linien hat, die so schwer wiegen, dass sie dafür eine Regierungschance verpassen wollen.“

Diese Wahlen gelten als Stimmungstest für die Parlamentswahlen im Dezember. Für das regierende Mitte-Links-Bündnis sieht es in den Umfragen düster aus. Behielte Vox-Kandidat Flores Recht, könnte Spanien ab 2024 von Rechtspopulisten mitregiert werden – ähnlich wie Italien, Schweden und demnächst Finnland. Ob die spanischen Konservativen das wagen würden? „Ja, ich bin mir sicher“, sagt Professorin Delgado. „Alle Möglichkeiten sind offen.“

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