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Ein Fahrzeug mit der Aufschrift „Tatortgruppe“ fährt am Dienstag in die JVA Burg.

© dpa / dpa/Klaus-Dietmar Gabbert

Halle-Attentäter nahm Geiseln im Gefängnis: Schlag ins Gesicht der Überlebenden

Der rechtsextreme Mörder hat sich im Hochsicherheitsgefängnis von Burg einen Schussapparat gebastelt. Wie konnte das geschehen?

Ein Kommentar von Julius Geiler

Die Justizvollzugsanstalt Burg ist eines der “modernsten und sichersten” Gefängnisse Europas. So steht es auf der Homepage des Justizministeriums von Sachsen-Anhalt. Trotzdem gelang es dem Attentäter von Halle am Montag mit einem selbstgebauten Schussapparat zwei Mitarbeiter der Haftanstalt als Geiseln zu nehmen. Wie das Justizministerium mitteilte, habe der Geiselnehmer versucht, das Gefängnis zu verlassen. Nach etwa einer Stunde konnte der Mann glücklicherweise überwältigt werden.

Der Rechtsterrorist, der im Oktober 2019 aus antisemitischen Motiven am höchsten jüdischen Feiertag Jom Kippur versuchte, in die Synagoge von Halle einzudringen, scheiterte und zwei Passanten tötete, wurde vor zwei Jahren in die Burger JVA verlegt. Zuvor hatte er in einer Haftanstalt in Halle einen Fluchtversuch unternommen, wo er in den Innenbereich des Hofes gelang. 

Es ist also der zweite Fluchtversuch des rechtsextremen Doppelmörders, diesmal soll er mit seiner Waffe sogar einen Schuss abgegeben haben. Wie kann einer der gefährlichsten Rechtsterroristen des Landes in einem der sichersten Gefängnisse Europas in seiner Zelle eine Schusswaffe bauen, ohne dass er dabei entdeckt wird? 

Sicher. Kriminalität gehört in den Gefängnissen zum Alltag. Ob der nicht selten florierende Drogenhandel hinter Gittern oder gegenseitige Körperverletzungen. Es gibt keine hundertprozentige Garantie für Sicherheit und Ordnung, auch nicht in der JVA. Aber insbesondere beim Halle-Attentäter muss man von den Sicherheitsbehörden erwarten können, dass dieser in besonderem Maße überwacht wird. 

Vergangenes Jahr wurde eine Polizistin aus Bitterfeld suspendiert, die dem Mann zahlreiche private Briefe in die Haftanstalt geschickt hatte. Inhaltlich soll die Kommissarin dabei auch Sympathien für den Attentäter geäußert haben. Es ist also nicht das erste Mal, dass sich Angehörige und Überlebende des Anschlags erneut mit dem Täter beschäftigen müssen, obwohl dieser längst verurteilt ist. 

Die entscheidenden Fragen zum erneuten Fluchtversuch des Rechtsterroristen müssen schnellstmöglich und vor allem lückenlos aufgeklärt werden. Das sind wir den Opfern und Überlebenden des Anschlags schuldig. Mit ihnen sollten wir uns beschäftigen, nicht mit dem Täter. 

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