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Gesundheit: Über Gebühr

Trotz der Kontroverse über die Studienfinanzierung ging es beim Kongress des RCDS verhalten zu

Sie sind da, um nach eigenem Bekunden ein „Signal gegen den Stillstand“ zu setzen. Doch still sitzen die etwa achtzig ordentlich gekleideten Studenten da. Keine Zwischenrufe bei den Diskussionen des Kongresses „Zukunft der Hochschulfinanzierung“ in Berlin: Seine Teilnehmer von der unionsnahen Studierendenorganisation Ring Christlich Demokratischer Studenten (RCDS) melden sich erst zu Wort, nachdem die Gesprächsrunde auf dem Podium beendet ist. Doch obwohl der RCDS gegen Studiengebühren ist, die geladenen Redner aber dagegen, kommt ein Streitgespräch nicht so recht in Gang.

„Keine Studiengebühren für das Erststudium. Das ist unsere Position“, erklärt die RCDS-Bundesvorsitzende Barbara von Wnuk-Lipinski knapp. „Studiengebühren führen zu sozialer Ungerechtigkeit.“ Die Studien- und Hochschulfinanzierung müsse aber gleichwohl umstrukturiert werden. Der Staat solle zwar weiterhin die Hochschulen mitfinanzieren, aber weniger Kontrollfunktionen haben. An Stelle von sozial ausgerichteten Unterstützungen wie Bafög sollten Studenten „leistungsorientiert“ gefördert werden, etwa durch Stipendien, so die RCDS-Vorsitzende.

Fast sieht es aus, als sollten die Referenten den RCDS wieder auf Unionslinie bringen. So fordert zwar auch Dietmar Heise von der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände mehr Leistung von Hochschulen und Studierenden. Er hält Studiengebühren dabei aber für unerlässlich – allerdings kombiniert mit Stipendien. „Diejenigen, die auch ohne Stipendium studieren wollen, müssen diesen Luxus dann auch privat finanzieren.“

Auch Detlef Müller-Böling, Direktor des Centrums für Hochschulentwicklung (CHE) befürwortet Gebühren. Das habe „überhaupt nichts“ mit sozialer Ungerechtigkeit zu tun. Im Gegenteil. „Es ist nicht einzusehen, warum gut verdienende Akademiker von der Allgemeinheit finanziert werden sollen." Müller-Böling fordert Gebühren in Form von Darlehen, die nach dem Abschluss zurückgezahlt werden. Natürlich nicht bei besonderen Problemen, zum Beispiel Arbeitslosigkeit. In seinem Konzept zur Hochschulfinanzierung nennt er drei Gründe für Studiengebühren: „Gerechtigkeit, ein besseres Verhältnis von Hochschule zu Studenten und eine sichere Finanzierung der Hochschulen". Ein RCDS-Mitglied bekundet Zweifel: „Studiengebühren sind ja schon irgendwie sexy, obwohl ich eigentlich kein Befürworter bin. Aber sie passen nicht zu der schlechten Qualität der deutschen Hochschulen". Müller-Böling: „Durch Studiengebühren verbessert sich ja gerade die Qualität!"

Auch die wissenschaftspolitische Sprecherin der CDU-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus, Monika Grütters, gilt eigentlich als Gebührenbefürworterin. Auf dem Podium gab sie sich siegesgewiss: „Wir fordern keine Studiengebühren. Denn die werden sowieso kommen.“ Die SPD „tabuisiere“ das Thema, aber das sei nicht mehr lange möglich. Die RCDS-Vorsitzende von Wnuk-Lipinski widerspricht ihr nicht. Dabei gab es noch vor wenigen Tagen Zwist zwischen der Union und ihrer studentischen Tochter. Unmut kam auf, nachdem die bildungspolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Katharina Reiche, Studiengebühren für Langzeitstudenten gefordert hatte. Von Wnuk-Lipinski empörte sich: „Gebühren für Langzeitstudenten sind unklug!“

In der Beschreibung der Missstände an den Hochschulen sind sich die Studenten in der Debatte schnell einig. „In Trier waren wir schon so weit, dass die Studenten aufgerufen wurden, ihr eigenes Klopapier mitzubringen!" Außerdem sollten sich Professoren an ihre Sprechstunden halten und mehr Verantwortung übernehmen, fordert ein anderer. Leistung sei nicht nur von den Studenten zu erbringen. „Ich muss in fünf Wochen acht Klausuren schreiben. Könnte das nicht ein bisschen besser organisiert werden?" wirft eine Studentin fragend in die Runde. Und: „Wie soll ich denn unter solchen Bedingungen die Regelstudienzeit einhalten?"

Aber auch ein weiterer prominenter Gast versucht den RCDS auf Studiengebühren-Kurs einzuschwören: Hans-Olaf Henkel, Präsident der Leibniz-Gesellschaft und BDI-Vizepräsident sagt: „Studiengebühren sind unsozial? Hören Sie doch auf mit dem Quatsch! Kleine Leute finanzieren zukünftige Besserverdiener!". Erst durch Studiengebühren würden Hochschulen wettbewerbsfähig. „Das Wichtigste in der Bildung ist Wettbewerb. Das ist genauso wie im Sport." Um das deutsche Bildungssystem sei es noch viel schlimmer bestellt als zur Zeit angenommen. Die Hochschulen böten „guten Durchschnitt" - was aber überhaupt nicht helfe im nationalen und internationalen Wettbewerb. Statt dessen müsse es auch bei Bildung auf der einen Seite „Spitzenleistung" und auf der anderen „unteres Niveau" geben, genauso wie bei Wirtschaftsgütern. „Die Spitzen ziehen das untere Niveau dann automatisch mit!" Noch etwas „zum Nachdenken" will er den Teilnehmern auf den Weg geben: „Frage: Wie wird man wettbewerbsfähig? Antwort: Durch Wettbewerb". Nach kurzer Stille donnert der Applaus.

Anna Kröning

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