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Gesundheit: Neue Hoffnung bei Altersdiabetes

Die Bildung zellschädigender Substanzen verringern

Freie Radikale spielen bei der Entstehung des Alterdiabetes eine wichtige Rolle. Das haben Wissenschaftler des in Potsdam-Rehbrücke ansässigen Deutschen Instituts für Ernährungsforschung (DifE) herausgefunden. Die Gruppe um Michael Ristow berichtet in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift „Journal of Clinical Investigation“ (Band 112 vom 15. August) über ihre Arbeit mit so genannten Knock-out-Mäusen, bei denen gezielt die Erbanlagen für die Bildung des Eiweißstoffes Frataxin ausgeschaltet wurden. Tatsächlich wurde dadurch das Gleichgewicht chemischer Verbindungen in Zellen gestört.

Dass es bei Frataxin-Mangel zur Bildung von freien Radikalen kommt, war schon durch eine weit seltenere und tödliche Krankheit bekannt. Freie Radikale sind elektrisch geladene Bruchstücke von Molekülen, die chemisch sehr aggressiv nach einem Bindungspartner suchen und dabei andere Stoffe zerstören. Bei der Friedreichschen Ataxie werden dadurch Nervenzellen abgebaut. Gleichzeitig leiden die Patienten auch unter Diabetes. „Die verminderte Insulinausschüttung beim Diabetiker hat unseren Ergebnissen zufolge dieselbe Ursache wie der Untergang von Nervenzellen, wie er bei Erkrankungen wie der Friedreich-Ataxie oder auch Alzheimer auftritt", sagt Ristow.

Die Betazellen der Bauchspeicheldrüse produzieren das wichtige Hormon Insulin. Sie gehen im Verlauf einer Diabetes-Erkrankung nach und nach zugrunde. Und sie sind wie die Nervenzellen auf das Gleichgewicht der oxidierenden und reduzierenden chemischen Reaktionen angewiesen. Ristow und seine Arbeitsgruppe konnten nun erstmals nachweisen, dass eine Störung dieses empfindlichen Gleichgewichts durch Frataxin-Mangel zu Diabetes führt – zumindest bei den Versuchstieren.

Die Erklärung für den fortschreitenden Verlust von Betazellen beim Diabetes ist einleuchtend, denn jeder Anstieg des Blutzuckers führt zu einem Anstieg der freien Radikalen in den Zellen, die dadurch chronisch geschädigt werden. Weil Insulin produzierende Zellen zugrunde gehen, aber auch, weil das Insulin aus den Betazellen nicht mehr wirkt, brauchen die meisten Diabetiker früher oder später eine Behandlung mit Insulin. Weltweit sind derzeit 150 Millionen Menschen erkrankt.

„Nun kann man gezielt nach Substanzen suchen, die hier angreifen“, sagte der Diabetes-Forscher Andreas Pfeiffer. Zugleich ergeben sich erste Anhaltspunkte für die Beantwortung der Frage, welche Bestandteile von Obst und Gemüse wirklich gegen Krankheiten schützen, die seit langem vage mit dem „oxydativen Stress“ in Verbindung gebracht werden. Hoffnungen auf gezielte Vitamingabe bewahrheiteten sich nicht. Als großen Erfolg der neuen Studie verbucht Pfeiffer, dass die Sauerstoff-Radikalen, die „seit 50 Jahren als Übeltäter gelten“, nun erstmals als Mittäter bei der Diabetes-Entwicklung gestellt wurden.

Adelheid Müller-Lissner

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