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Gesundheit: Kartenausstellung: Staatsbibliothek hilft Polen mit alten Städtebildern

Wann kommt es schon vor, dass eine Kartenausstellung zu einem diplomatischen Akt wird? Mehr noch zu einem Beweis für den Wandel in dem Verhältnis zweier früher verfeindeter Länder.

Wann kommt es schon vor, dass eine Kartenausstellung zu einem diplomatischen Akt wird? Mehr noch zu einem Beweis für den Wandel in dem Verhältnis zweier früher verfeindeter Länder. Der polnische Botschafter Andrzej Byrt kam vor kurzem zur Eröffnung einer Ausstellung der Staatsbibliothek über "Historische Pläne und Grundrisse von Städten und Ortschaften in Polen". Was macht diese Ausstellung zum Ereignis?

Für Polen und das kulturelle Erbe Europas ist es ein glücklicher Umstand - oder die Ironie der Geschichte, dass ein sehr großer Teil polnischer Stadtpläne den Zweiten Weltkrieg in der Staatsbibliothek "Unter den Linden" überdauert habe, erklärte der Botschafter. Es sei wichtig, so Byrt, dass Polen und Deutsche gemeinsam betrachteten, was sie im Laufe der Geschichte gemeinsam geschaffen hätten. Das Verzeichnis der Stadtpläne leiste einen wesentlichen Beitrag für den geistigen Austausch zwischen den beiden Ländern. Wörtlich sagte er: "Das Erbe unserer gemeinsamen Geschichte ist unsere gemeinsame Verpflichtung."

Die Idee zu der Ausstellung und einer begleitenden Buchpublikation in Form eines Katalogs kam kurz nach der Wiedervereinigung auf, als polnische Bibliotheken Anfragen nach alten Plänen stellten. Gerade zu den polnischen Städten und Orten besitzt die Staatsbibliothek in Berlin eine reiche Auswahl. Das liegt nur teilweise daran, dass die polnischen Bibliotheken so große Kriegsschäden zu beklagen haben - so waren von den 15 000 Karten der Warschauer Bibliothek am Ende des Krieges nur noch rund 200 erhalten. Es hat auch seinen Grund darin, dass nach den drei Teilungen weite Teile Polens Preußen zugeschlagen wurden. So sind hauptsächlich Pläne der ehemals preußischen Städte und Orte im Besitz der Stabi, während in den polnischen Bibliotheken die altpolnischen Stadtpläne lagern.

Womit lässt sich die Entwicklung von Städten oder ganzen Ländern augenfälliger demonstrieren als mit historischen Stadtplänen und Landkarten. Für die Forschung sind sie ein unverzichtbares Hilfsmittel. Die Staatsbibliothek zu Berlin besitzt eine der weltweit größten Abteilungen mit mehr als einer Million Karten, Atlanten, Globen und Stadtplänen. Sie steht damit in einer Reihe mit den großen Nationalbibliotheken in Paris und London. Allein die Stadtplansammlung umfasst 50 000 Exemplare. Schon die "Churfürstliche Bibliothek", aus der die heutige Staatsbibliothek hervorgegangen ist, hatte Landkarten und Stadtpläne gesammelt.

Vor allem im 19. Jahrhundert konnte die Kartenabteilung der nunmehr Königlichen Bibliothek durch Ankauf und Angliederung großer Privatsammlungen erweitert werden. Von ihren Schätzen zeigt die Staatsbibliothek in der Ausstellung eine kleine Auswahl: Rund 100 historische Pläne von Städten im heutigen Polen. Für diese Ausstellung gibt es einen wichtigen Anlass. Auf der Frankfurter Buchmesse, deren zentrales Thema in diesem Jahr das Nachbarland Polen war, stellte die Staatsbibliothek ein Buch vor: "Historische Pläne und Grundrisse von Städten und Ortschaften in Polen". In dem Buch sind fast 5000 Pläne und Karten verzeichnet. Botschafter Byrt lobte vor allem den Mut und das Feingefühl, mit dem die Staatsbibliothek die Arbeit an diesem Katalog betrieben habe.

Vor vier Jahren, als Egon Klemp, der frühere Leiter der Kartenabteilung in der Staatsbibliothek vorzeitig in den Ruhestand ging, begann er mit den Vorarbeiten. Die Staatsbibliothek hat diesen Katalog jedoch nicht allein erstellt. Erstmals ist ein solches Unterfangen in enger Zusammenarbeit mit polnischen Bibliotheken vorgenommen worden: der Biblioteka Narodowa in Warschau, der Biblioteka Jagiellonska in Krakau und der Ossolinski-Nationalanstalt in Wroclaw (Breslau). Im Verlauf der Arbeit zeigte sich, dass etwa 80 Prozent der Pläne und Karten lediglich in einem Exemplar existieren. "Die Zusammenarbeit", sagte der Generaldirektor der Stabi, Antonius Jammers, bei der Eröffnung der Ausstellung, "hätte nicht besser sein können." Und er wünschte sich, dass dieses Projekt Vorbild für andere gemeinsame Unternehmen von deutschen und polnischen Institutionen sein wird.

Die jetzige Ausstellung in der Staatsbibliothek vermittelt dem Besucher einen Eindruck von der Stadtentwicklung und der kartografischen Kunst früherer Jahrhunderte. Die ältesten Exponate stammen aus dem 17. Jahrhundert: Vogelschaubilder aus dem Städtewerk "Civitates orbis terrarum" von Georg Braun wie der Plan von Lowicz von 1618 oder Topografien von Matthäus Merian. Aus dem 18. Jahrhundert ist ein Plan von Poznan (Posen)) zu erwähnen, den der Wojewodschaftssekretär Jan Rzepecki zeichnete. Darüber hinaus sind einige der so genannten Urmesstischblätter zu sehen, handgezeichnete Pläne, die Preußen flächendeckend anfertigen ließ.

Verzeichnisse ihrer Stadtpläne veröffentlicht die Staatsbibliothek schon seit Jahrzehnten. Die Außenminister Polens und Deutschlands, Wladislaw Bartoszewski und Joschka Fischer, verweisen in ihrem Geleitwort zum Katalog darauf, "wie nützlich, wenn nicht gar notwendig, eine deutsch-polnische Kooperation bei der Erschließung auch anderer historischer Quellen sein kann".

Anne Strodtmann

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