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Pünktlich zu Ostern: Die Landesgartenschau in Beelitz hat geöffnet.

© Soeren Stache/dpa

Geschichte der Landesgartenschauen: Schaut her, wir haben gepflanzt

Die erste Landesgartenschau fand 1970 in Grefrath (NRW) statt. Seither gab's vielerorts blühende Ausstellungen. Jetzt macht auch Beelitz mit

Wer irgend kann, bewirbt sich darum: Landesgartenschauen sind ein deutsches Erfolgsmodell. Sie können helfen, die Lebens- und Luftqualität eines Ortes zu verbessern sowie stadtplanerische Vorhaben und zukunftsweisende Projekte zu verwirklichen. Sie locken Besucher an, die das jeweilige Ziel bisher vielleicht nicht kannten oder angesteuert hätten. Wie kaum sonst eine Veranstaltung poliert eine Landesgartenschau (Laga) das Image eines Ortes, ja einer Region, auf.

1970 wurde das Konzept einer Landesgartenschau erstmals umgesetzt – im nordrhein-westfälischen Grefrath. Ein 26 Hektar großes Sumpfgelände wurde dafür trockengelegt. Die Schau startete am 12. September und dauerte insgesamt nur acht Tage. Es war eine Art Experiment, auf das sich der 15 000-Einwohner-Ort akribisch vorbereitet hatte. Um dem erwarteten Ansturm gerecht zu werden, stellten Grefrather Bürger 100 Privatzimmer zur Verfügung, 14 Gaststätten wappneten sich für hungrige Besucher, zudem wurde eine Großküche installiert. Ein Festzelt für 1500 Personen wurde aufgestellt, 10 000 (!) bewachte Parkplätze waren vorhanden.

Schritt für Schritt zu den Seerosen. Der Weg über den Teich war ein Höhepunkt der ersten Laga in Grefrath 1970.

© Wikimedia

Und was gab es zu sehen? In einer Rückschau schrieb die „Westdeutsche Zeitung“ 2019: „Ein Highlight war damals – und auch noch viele Jahre danach – der begehbare Teich. Auf Trittsteinen konnte man die prächtigen Blüten der Seerosen aus der Nähe betrachten.“ Neben Gärten hätten Sport und Spiel im Vordergrund gestanden. „Für die Kinder wurden ein Robinsonspielpatz, Rasen zum Raufen und Ballspielen angelegt.“

Die erste Landesgartenschau wartete auch mit den typischen Attraktionen der 70er Jahre auf. „Zum Abschluss sahen die Zuschauer auf dem Flugplatz Niershorst eine Bandbreite der Flugkunst von Segelflug bis hin zur ’Demonstration des ersten ausgereiften Düsen-Senkrechtstarters’, der 7,2 Tonnen schwere Harrier“, erinnerte die „ Westdeutsche Zeitung“.

Einen Teil der Kosten muss die Gemeinde selbst stemmen

Richtig in Schwung kamen Landesgartenschauen erst in den 1980 Jahren, als Bürgermeister im Norden wie im Süden eifrig die nun entwickelten Bewerbungsbogen ausfüllten. So gut man sich auch zu verkaufen suchte, immer gab es einen, oft sogar mehrere Konkurrenten im eigenen Bundesland. Zuschüsse vom Land waren versprochen, doch einen Teil der Kosten musste (und muss) die jeweilige Gemeinde selbst stemmen. Allzu klamm durfte der Ort also nicht sein. Dabei war sogar gewünscht, die Landesgartenschauen dorthin zu verlegen, wo die Infrastruktur noch zu wünschen übrig ließ. Wo es touristisch schon hervorragend lief, war zusätzliche Werbung durch eine Landesgartenschau nicht so wichtig.

Bis Ende vergangenen Jahres wurden insgesamt 99 ausgerichtet, die meisten in Baden-Württemberg (28), in Bayern (19) und in Nordrhein-Westfalen (18). Bremen, Hamburg, das Saarland und Berlin hatten noch nie eine Landesgartenschau. Das, so scheint’s, war der Metropole an der Spree wohl zu poplig. Berlin beherbergte 1985 die Bundesgartenschau und setzte mit der Internationalen Gartenausstellung (IGA) 2017 noch eins drauf.

Auch Brandenburg blühte nach Kräften

Die ostdeutschen Länder holten bald nach der Wende kräftig auf. Brandenburg kann bereits auf sechs erfolgreiche Landesgartenschauen zurückblicken. Die erste fand im Jahr 2000 in Luckau statt, gefolgt von Eberswalde, Rathenow, Oranienburg, Prenzlau und Wittstock an der Dosse. Und was ist davon übriggeblieben? Mehr als 800 Bäume und rund 2500 Heckenpflanzen, dazu viele Tausend weitere Gehölze, über 1000 Rosen und rund 80000 Stauden, Gräser und Farne wurden für die Schau in Prenzlau im Jahre 2013 gepflanzt.

Wie Brandenburg blühen kann, zeigt Prenzlau in seinem Seepark.

© Tourismusinformation Prenzlau

Natürlich konnte nicht alles in voller Pracht erhalten werden. Einiges aber ist noch zu bewundern. Die engere Verbindung der Stadt zum Ufer des Unteruckersees zum Beispiel. Eine Promenade am Wasser mit mehreren Restaurants lockt Flaneure, ein schönes Strandbad gibt es auch. Besonders stolz ist man auf den Seepark. „Den gab es zwar früher schon, aber für die Landesgartenschau wurde er ausgebaut“, berichtet Antje Lang, Leiterin der örtlichen Tourismusinformation. Nach wie vor würden die Rundbeete attraktiv bepflanzt. Sie waren 2013 analog der Sölle, dieser kreisrunden, für die Uckermark typischen Wasserlöcher, angelegt worden. Lang schwärmt vom Rosengarten und vom wieder belebten Weinberg, dessen Reben im Spätherbst für den „Prenzlauer Wein“ gelesen werden.

Mit der Laga „ging ein Ruck durch die Stadt“, erzählt Antje Lang. Die Bewohner seien wie euphorisiert gewesen, hätten Balkons geschmückt und Blumenkübel vor ihre Häuser gestellt. Ein entsprechendes Phänomen zeigte sich auch in Wittstock. Wer die Stadt während der Laga 2019 besucht hatte, konnte den Stolz und die Freude der Bewohner deutlich spüren. Ein Grund mehr, sich in Wittstock wohlzufühlen.

So schön zeigte sich Wittstock an der Dosse bei der Landesgartenschau 2019.

© Rainer Weisflog/imago

Viele Erstbesucher staunten über die vielen vorbildlich restaurierten Häuser in der historischen Altstadt, die stattliche St.-Marien-Kirche, die Alte Bischofsburg und die lange, gut erhaltene Stadtmauer. „Ohne die Landesgartenschau hätte ich diesen hübschen Ort nie entdeckt", freute sich 2019 eine Kölnerin, der man im Café begegnete. Das Städtchen ist ein Kleinod – und schmückt sich nach wie vor üppig mit Blumen. „Das Gelände ist noch erhalten und wieder frei zugänglich", sagt Jan Dibbert, Pressesprecher von Wittstock. Der berührende Fontane-Garten ist geblieben, wenn auch nicht mehr so üppig bepflanzt wie 2019. Entscheidend sei, wer das alles hinterher pflege, merkt Dibbert an. In Wittstock hatten sich früh 15 Ehrenamtliche gemeldet, die noch immer regelmäßig Hand anlegten. Der tolle große Spielplatz, im Rahmen der LaGa gebaut, steht natürlich auch noch am ursprünglichen Platz.

Die Latte für Beelitz mit seinem Motto „Gartenfest für alle Sinne“ liegt also hoch. Rund 460 000 Besucher werden erwartet. Vom kommenden Donnerstag an können Interessierte das Gelände inspizieren. Bis zum 31. Oktober wird die Laga geöffnet sein, und sich über die kommenden Monate durch neue Bepflanzungen ständig wandeln. Wer das erleben will, ist mit dem Kauf einer Dauerkarte gut beraten. Die Hallenschauen etwa in der Pfarrkirche St. Marien-St. Nikolai werden im vierzehntägigen Wechsel neu dekoriert. Die dortige Beelitzer Ouvertüre startet mit der Verheißung: „So duftet und schmeckt der Frühling“ (bis 28. April).

Wer in diesem Jahr über Brandenburg hinaus sehen will, wie Landesgartenschauen gestaltet werden, hat zwei Möglichkeiten. Vom 24. April bis 3. Oktober lockt Neuenburg an den Rhein. Und das sächsische Torgau präsentiert sich vom 23. April bis zum 9. Oktober in eigens gepflanzter Pracht. Auch das niedersächsische Bad Gandersheim hätte in diesem Jahr eigentlich noch auf der Agenda stehen sollen. Doch, so berichtet das Online-Portal „Einbeck News“, es habe Lieferschwierigkeiten für Baumaterial gegeben. So präsentieren die Bad Gandersheimer ihre Landesgartenschau erst ein Jahr später, kurioserweise zeitgleich mit der Schau im nur 45 Kilometer Höxter, das schon lange für 2023 auserwählt war.

Grundsätzlich gilt: Landesgartenschauen taugen gar nicht für einen Vergleich. Denn jede Stadt, jeder Ort setzt eigene Akzente – und bespielt eben die besonderen, vorhandenen Kulissen. Neuenburg kann sich mit dem Rhein in Szene setzen, und Torgau hat sein reiches Renaissance-Erbe zu bieten. Schon Luther hatte das Städtchen gepriesen: „Wittenberg ist die Wiege, Torgau die Amme der Reformation“, schrieb er. Wer im 16. Jahrhundert bedeutend war, fuhr nach Torgau.

Die Brandenburger Kandidaten für 2026 stehen schon fest

Während die diesjährige Landesgartenschau in Beelitz gerade erst begonnen hat, sind die drei Brandenburger Kandidaten für die Laga 2026 schon am Start. Im zweiten Quartal dieses Jahres wird sich entscheiden, ob Spremberg in der Lausitz, Wittenberge an der Elbe oder der Kreis Märkisch-Oderland mit verschiedenen Standorten das Rennen macht.

Auch in Nordrhein-Westfalen bewerben sich derzeit drei Kandidaten für die Landesgartenschau 2026. Darunter ist Grefrath. Die Gemeinde erhoffe sich mit der LaGa „einen Modernisierungsschub“, sagt der Bürgermeister. 1970 ist eben schon lange her. Mit dem Spruch „Grefrath kann LaGa“ rührt man zuversichtlich die Werbetrommel.

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