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Die französische Polizei sichert das Gebiet, nach einem Messerangriff in Annecy in den französischen Alpen.

© REUTERS/Denis Balibouse

Update

Mann sticht auf Kinder und Erwachsene ein: Täter des Messerangriffs in Frankreich befindet sich in Untersuchungshaft

In Annecy hat ein Mann vier Kinder und einen Erwachsenen schwer verletzt. Die Suche nach dem Motiv läuft. Es gebe „keine Hinweise auf ein terroristisches Motiv“, heißt es.

| Update:

Frankreichs Premierministerin Élisabeth Borne spricht von einer „feigen und abscheulichen Tat“: Ein Mann hat vier kleine Kinder und einen Erwachsenen völlig unvermittelt auf einem Spielplatz im Osten Frankreichs mit einem Messer attackiert und verletzt. Das Verbrechen erschüttert Frankreich zutiefst – und auch deutsche Spitzenpolitiker sind fassungslos.

In dem Park spielten sich dramatische Szenen ab, Menschen rannten um ihr Leben, andere halfen, um den Täter zu überwältigen – der Verdächtige wird schließlich festgenommen. Fünf Menschen kämpfen nach dem Angriff in Annecy um ihr Leben - mittlerweile sind alle Opfer außer Lebensgefahr. Doch was trieb den Mann, der kleine Kinder attackierte, an?

Der Täter ist wegen versuchten Mordes in Untersuchungshaft gekommen. Zu seinem Motiv habe der 31 Jahre alte Mann im Polizeigewahrsam und vor dem Untersuchungsrichter geschwiegen, sagte Staatsanwältin Line Bonnet-Mathis am Samstag in Annecy. Hinweise auf einen terroristischen Hintergrund gebe es weiterhin nicht. Der Mann sei psychiatrisch untersucht worden, es habe keine Hinweise auf Wahnvorstellungen gegeben.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron schrieb nach der Tat auf Twitter: „Die Nation steht unter Schock.“

Macron besucht verletzte Kinder in Klinik

Macron hat außerdem einige der schwer verletzten Kinder in der Universitätsklinik in Grenoble besucht. Er traf am Freitagvormittag gemeinsam mit seiner Frau Brigitte in der Klinik in der südostfranzösischen Großstadt ein. Beide wurden von Verantwortlichen der Klinik empfangen.

„Ich verfolge permanent den Gesundheitszustand dieser kleinen Kinder, die alle operiert werden konnten“, sagte Frankreichs Premierministerin Élisabeth Borne. “Sie stehen natürlich unter permanenter medizinischer Aufsicht, heute ist ihr Zustand stabil.“

Deutschlands Innenministerin Nancy Faeser (SPD) twitterte: „Was für eine unvorstellbar feige und verachtenswerte Tat. Wir sind in Gedanken bei den verletzten Kindern und ihren Familien. Wir hoffen sehr, dass sie wieder gesund werden.“

Anwohner und Kinder besuchen den Spielplatz in den „Jardins de l’Europe“.

© AFP/OLIVIER CHASSIGNOLE

Bundeskanzler Olaf Scholz schrieb an Macron gerichtet: „Deutschland ist schockiert über diese unmenschliche und verachtenswerte Tat.“ Bundesaußenministerin Annalena Baerbock sagte während ihrer Lateinamerikareise in der kolumbianischen Stadt Cali: „Es gibt nichts Feigeres, als wehrlose kleine Kinder anzugreifen.“

Attacke gezielt auf Kinder im Kinderwagen

Doch was genau sich am Donnerstagmorgen in der ostfranzösischen Stadt nahe der Schweizer Grenze ereignete, war zunächst unklar. Der Täter ging nach Videobildern, deren Echtheit die Zeitung „Le Parisien“ eigener Aussage zufolge überprüfte, mehrfach auf kleine Kinder los, die sich in Kinderwagen befanden. Eine Frau schrie und versuchte den Täter von den Kindern zurückzudrängen.

„Zwei Stadtangestellte haben versucht, den Täter zu stoppen, als dieser seine Taten ausführte“, sagte der Bürgermeister von Annecy, François Astorg. Er lobte den Mut der Helfer, eine psychologische Betreuung sei eingerichtet worden.

Auch Ex-Profifußballer Anthony Le Tallec wurde Zeuge der Attacke. Beim Joggen am See habe er plötzlich Menschen auf sich zu rennen sehen. „Plötzlich sagte mir eine Mutter, rennen Sie, rennen Sie, da ist jemand, der alle niedersticht.“

Dann habe er den Täter über die Wiese rennen sehen, der von Polizisten verfolgt wurde. Der Täter sei auf ein Rentnerpaar zugelaufen und habe den alten Mann angegriffen und zweimal auf ihn eingestochen. Schließlich habe die Polizei den Angreifer überwältigt. Weiter unten am See habe er dann die angegriffenen Kinder auf dem Boden liegen gesehen.

Die Staatsanwältin von Annecy, Line Bonnet-Mathis, spricht mit Journalisten. Daneben stehen die französische Premierministerin Elisabeth Borne und der Innenminister Gerald Darmanin.

© REUTERS/Denis Balibouse

Syrer erst seit Kurzem in Frankreich

Bekannt ist, dass sich der mutmaßliche Täter erst seit wenigen Monaten in Frankreich aufhält. Zuvor habe der 31-jährige Syrer jahrelang in Schweden gelebt, sagte Borne. In Frankreich sei er ohne festen Wohnsitz gewesen.

Für die europäischen Sicherheitsbehörden sei der Mann ein Unbekannter, es liege nichts zu ihm vor. Es gebe auch keine Hinweise auf eine psychiatrische Behandlung in der Vergangenheit. Medienberichten zufolge soll der Mann in Schweden mit einer Frau verheiratet gewesen sein und ein dreijähriges Kind haben.

Im vergangenen Jahr habe er sich scheiden lassen und sei nach Frankreich gekommen, wo er im vergangenen November erneut einen Asylantrag stellte. Dieser sei abgelehnt worden, weil er in Schweden schon als Flüchtling anerkannt gewesen sei. In seinem Antrag habe er sich als „syrischer Christ“ bezeichnet.

Ein Mann legt Blumen für die Opfer auf einem Spielplatz in den „Jardins de l’Europe“ nieder.

© AFP/OLIVIER CHASSIGNOLE

Laut der Lokalzeitung „Le Dauphiné Libéré“ war der Mann „auf dem Weg der Verwahrlosung“. Ein Beschäftigter an einer der Anlegestellen am Lac d’Annecy berichtete, dass der Mann sich seit etwa zwei Monaten täglich von morgens bis abends auf einer Bank am Seeufer aufgehalten habe. Dabei habe er zeitweise Selbstgespräche geführt.

Deutsches Opfer stellte sich als Verwechslung heraus

Bei dem Angriff verletzte der Täter vier Kinder im Alter von 22 Monaten bis 3 Jahren und einen Erwachsenen schwer. Sie schweben in Lebensgefahr, berichtet die Nachrichtenagentur AFP. Ein weiterer Erwachsener sei laut Staatsanwaltschaft leicht verletzt. Laut der Deutschen Presse-Agentur kämpfen drei Menschen mit dem Leben.

Zwei der Kinder waren auf einer Urlaubsreise und kommen aus Großbritannien und den Niederlanden. In Berichten örtlicher Medien war zunächst von einem verletzten deutschen Kind die Rede gewesen. Die Staatsanwaltschaft erklärte später, dass es sich um eine Verwechslung gehandelt habe. Die anderen beiden sind Medienberichten zufolge ein französisches Geschwisterpaar.

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Rassemblement National macht Stimmung gegen Migrationspolitik

Frankreichs Innenminister Gérald Darmanin sprach auf Twitter von einem sehr schnellen Einsatz der Ordnungskräfte. Die Nationalversammlung unterbrach ihre Plenardebatte am Vormittag für eine Schweigeminute. Parlamentspräsidentin Yaël Braun-Pivet sagte: „Wir hoffen, dass die Folgen dieses sehr schweren Angriffes keine Konsequenzen seien werden, die die Nation in Trauer führen.“

Mehrere Politiker der rechtspopulistischen Partei Rassemblement National zogen eine Verbindung zwischen der Tat und der Migrationspolitik in Frankreich. „Wir müssen die Situation wieder unter Kontrolle bekommen, was der Regierung nicht gelingt“, erklärte Parteichef Jordan Bardella. „Die massive Einwanderung steht in direktem Zusammenhang mit der Verrohung, unter der unser Land leidet“, sagte Vizeparteichef David Rachline.

Gedenkveranstaltung für die Opfer

Hunderte Menschen gedenken den Opfern der Messerattacke auf einem Spielplatz in Annecy.

© AFP/JEAN-PHILIPPE KSIAZEK

Hunderte Menschen haben in der französischen Alpenstadt Annecy am Sonntag der sechs Opfer der Messerattacke auf einem Kinderspielplatz gedacht. „Es ist ein starkes Zeichen der Einigkeit und Solidarität, dass wir alle hier sind“, sagte der Bürgermeister der Stadt, François Astorg. „Wir stehen zusammen. Wir stehen das gemeinsam durch“, fügte er hinzu.

Im strahlenden Sonnenschein legten die Menschen dort nun Blumen nieder. Auf eine Bank wurden die Namen der Opfer in ein Herz geschrieben. „Wir denken an euch“ war an anderer Stelle zu lesen. An der Angriffsstelle entstand ein Meer aus Blumen, Plüschtieren und Luftballons.

Bürgermeister Astorg würdigte den Einsatz der Menschen während des Angriffs, die „mit Mut und Professionalität“ gehandelt hatten, bevor die Polizei den Angreifer festnehmen konnte. (dpa/AFP)

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