zum Hauptinhalt
Die Aufarbeitung der Krise beim RBB hält an.

© dpa / dpa/Jens Kalaene

1,4 Millionen Euro für 31 Anwälte: Rundfunkrat setzt Sondersitzung zu RBB-Anwaltskosten an

Die Aufklärung der Affäre kommt Beitragszahler teuer zu stehen. Fragen wirft auch die Kooperation zwischen Kanzleien und Generalstaatsanwaltschaft auf.

Der Rundfunkrat des krisengeschüttelten Rundfunks Berlin-Brandenburg (RBB) kommt am Freitag zu einer außerordentlichen Sitzung zusammen. Hintergrund ist nach Angaben des Vorsitzenden Ralf Roggenbuck ein RBB-Medienbericht über Anwaltskosten rund um die Aufarbeitung des Vetternwirtschafts-Skandals.

Die Aufklärung der Affäre um die ehemalige Intendantin Patricia Schlesinger durch Rechtsberater hat bislang 1,4 Millionen Euro gekostet. Dies berichtet Gabi Probst vom RBB-Rechercheteam.

Die Rechtsanwaltskanzlei Lutz Abel aus München und Hamburg prüft im RBB-Auftrag seit Juli 2022 die inkriminierten Vorgänge, zusätzlich sind zwei Strafrechtskanzleien und eine Wirtschaftskanzlei befasst. 31 Rechtsanwälte arbeiten für Stundensätze zwischen 250 und 500 Euro, um Fehlverhalten festzustellen und Handlungsempfehlungen abzugeben. Was sie leisten, schreiben sie in ihren Rechnungen minutiös auf, berichtet Probst.

Kooperation mit der Staatsanwaltschaft

Ein erster Zwischenbericht im Oktober 2022 brachte kaum Neues zu dem hervor, was Medienrecherchen bereits publik gemacht hatten. Der Abschlussbericht steht noch aus. Folgt man dem Beitrag auf der rbbde.de unter dem Stichwort „Krise im RBB“, dann muss auffallen, dass die Kanzleien nicht nur für den öffentlich-rechtlichen Sender arbeiten, sondern auch mit der Generalstaatsanwaltschaft Berlin kooperiert, die gegen frühere Mitglieder der RBB-Geschäftsleitung ermitteln. Heißt: Die Rechtsanwälte arbeiten der Behörde und stellen diese Arbeit dem Sender in Rechnung.

In dem Beitrag des RBB-Rechercheteams wird Martin Heger, Dekan der Juristischen Fakultät der Humboldt-Universität, zitiert: „Der Beitragszahler bezahlt die Aufwendungen für die Anwälte, die letztlich einen erheblichen Anteil der Arbeit der Staatsanwaltschaft übernehmen.“ Hier werde Material gesammelt, das die Staatsanwaltschaft selber sammeln müsste. Zudem besteht für Heger die Gefahr, dass von den Kanzleien nur gefiltertes Material weitergegeben würde.

Kritik von Landespolitikern aus Berlin und Brandenburg

Der Vertreter der Brandenburger SPD im Rundfunkrat, Erik Stohn, beantragte am Dienstag deswegen eine Sondersitzung des Gremiums. „Es wird der Eindruck erweckt, dass die Kanzlei Lutz und Abel möglichen Mittätern des Systems Schlesinger hilft, den Kopf aus der Schlinge zu ziehen.“ Stohn forderte einen Bericht der Intendantin sowie die Vorlage des Abschlussberichts der Kanzlei spätestens Ende Februar.

Brandenburgs SPD-Fraktionschef Daniel Keller nannte die Höhe der Anwaltskosten „erstaunlich“. „Wir haben immer sehr klar gesagt, dass es eine Aufarbeitung der Vorkomnisse beim RBB braucht“, sagte Keller. Man erwarte vom RBB aber, dass er die Höhe der Anwaltskosten erklären könne. Der Fraktionsvorsitzende betonte zudem, dass die SPD in Brandenburg eine weitere Gebührensteigerung des Senders ablehne. Einsparungen dürften nicht auf Kosten der Mitarbeiter geschehen. Der RBB sollte vielmehr durch eine „Verschlankung der Chefetage“ oder einen Verzicht auf Investitionsmaßnahmen Geld sparen.

Wir haben immer sehr klar gesagt, dass es eine Aufarbeitung der Vorkomnisse beim RBB braucht.

Daniel Keller

Die Brandenburger Grünen-Fraktionschefin Petra Budke, die auch Vorsitzende des RBB-Untersuchungsausschusses ist, sagte, sie sei über die neuen Erkenntnisse zum RBB „konsterniert“. Man habe bereits in der Vergangenheit erklärt, dass der Untersuchungsauftrag der Kanzlei „LutzAbel“ „mehr als vage gewesen“ sei und der Zwischenbericht „mehr als dünn“ ausgefallen sei. Man erwarte nun schnellstmöglich den Abschlussbericht der Untersuchung. Zudem erwarte man, dass die Arbeit der Kanzlei die Arbeit der Generalstaatsanwaltschaft nicht behindere.

Scharfe Kritik an der Aufklärungsarbeit im Sender äußerte auch der Fraktionsvorsitzende der Linken im Berliner Landtag, Sebastian Walter. „Es wird immer klarer, dass auch die neue Chefetage nicht begriffen hat, in welcher Lage der RBB ist: Es geht um die Existenz des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Brandenburg.“ Diese werde mit dem Skandal um den RBB in Frage gestellt. Walter forderte auch Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) zum Handeln auf. Statt in Interviews immer neue Vorschläge herauszuposaunen, sollte er die Rechtsaufsicht der Staatskanzlei über den RBB nutzen.

Sondersitzung am Freitag

Der RBB-Rundfunkrat jedenfalls reagierte auf die Vorhaltungen und kündigte für Freitag eine weitere Sondersitzung an und erklärte, es erscheine wichtig, noch einmal auf die Genese der Untersuchungen der zuständigen Anwaltskanzlei zu verweisen. „Die Kanzlei wurde durch die Compliancebeauftragte und den Verwaltungsrat zu Beginn der Krise beauftragt, um eine unabhängige und umfassende Einschätzung der möglichen und tatsächlichen Verfehlungen in der Amtszeit Schlesingers vorzunehmen und dazu allen eingehenden Hinweisen auch lückenlos nachzugehen.“ Weiter hieß es: „Das war deutlich bevor die Staatsanwaltschaft oder die Rechnungshöfe ihre Untersuchungen aufgenommen haben.“

Weiterhin hieß es von dem öffentlich-rechtlichen Sender: „Aus unserer Sicht gibt es an dieser Stelle auch kein „Zuviel“ an Aufklärung.“ (mit dpa)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false