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„Das Gegenteil von Quality Time“: Linken-Chefin Janine Wissler will Hausaufgaben abschaffen

Der alltägliche Stress um die Hausaufgaben vergifte das Familienleben, kritisiert die Linken-Vorsitzende. Außerdem wird aus ihrer Sicht die Spaltung im Bildungssystem verschärft.

Von Katrin Schulze

Die Linken-Vorsitzende Janine Wissler fordert eine Abschaffung der Hausaufgaben in den Schulen. „Der alltägliche Hausaufgaben-Stress vergiftet das Familienleben“, schreibt Wissler in einem Gastbeitrag für den Tagesspiegel (online). „Wenn Eltern Feierabend haben, haben sie noch lange nicht Feierabend.“

Es warteten die Kinderbetreuung, der Haushalt und die Pflege von Angehörigen. „Von der unnötigen Last der Hausaufgaben könnte man sie sofort entlasten und damit viel Druck aus den Familien nehmen.“

Wissler sieht in der Hausaufgabenzeit „das Gegenteil von Quality Time“ - und eine Überforderung von Eltern, wenn sie sich nach der Arbeitszeit noch mit solchen Aufgaben befassen müssten. Mit einem Kind sei das schon mühsam und anstrengend, schreibt Wissler. „Mit zwei oder mehr fast nicht zu bewältigen.“ Pro Kind 30 Minuten Hausaufgabenhilfe seien aus ihrer Sicht keine Seltenheit. Die Linken-Che

Zugleich kritisierte Wissler, das „Outsourcing schulischer Aufgaben in die Familien“ vertiefe die Spaltung im Bildungssystem. „Das Bildungsniveau der Eltern darf nicht entscheidend sein für die Erfüllung schulischer Aufgaben.“ Wissler sprach sich dafür aus, in den Ganztagsschulbetrieb Phasen des eigenverantwortlichen Lernens und Übens einzuplanen. „Aus Hausaufgaben müssen Schulaufgaben werden.“ (cvs/Tsp)

Wenn Eltern Feierabend haben, haben sie noch lange nicht Feierabend. Da warten die Kinderbetreuung, der Haushalt, der Papierkram, die Betreuung von Angehörigen. Von der unnötigen Last der Hausaufgaben könnte man sie sofort entlasten und damit viel Druck aus den Familien nehmen.

Denn der alltägliche Hausaufgaben-Stress vergiftet das Familienleben, bedeutet Streit, Überforderung, Tränen und schürt Aggressionen. Für alle Eltern und ganz besonders für Vollberufstätige und Alleinerziehende. Warum tut man Familien das an?

Und was, wenn Eltern gar nicht helfen können? Weil sie arbeiten oder weil ihre Sprachkenntnisse nicht ausreichen, um die Aufgabenstellungen zu verstehen? Das kleine Einmaleins geht bei vielen noch, aber binomische Formeln?

Eltern müssen sich oft selbst mühsam wieder aneignen, was sie 30 Jahre zuvor oder nie gelernt haben und dazu die Lernmethoden der Lehrkräfte antizipieren. „So hat die Lehrerin es euch erklärt? Bist du sicher? Ich hab das aber anders gelernt.“ Dabei werden Fehler beigebracht und Kinder oft mehr verwirrt als geschult.

All das führt nicht zu Lernerfolgen, und das verbreitete Phänomen, Hausaufgaben eilig im Schulbus oder in der Pause abzuschreiben, schon gar nicht. Dass bei Jugendlichen nun noch der mögliche Einsatz von künstlicher Intelligenz hinzukommt, wäre eine eigene Betrachtung wert.

Hausaufgaben sind das Outsourcing schulischer Lehre

Hausaufgaben sind die Verlagerung von schulischer Lehre in die Familien. Das vertieft die Spaltung im Bildungssystem noch, wie das „home schooling“ während der Coronakrise deutlich gezeigt hat. Das Bildungsniveau der Eltern darf nicht entscheidend sein für die Erfüllung schulischer Aufgaben. Kindern, die kein eigenes Zimmer haben, oder Geflüchteten, die kaum Privatsphäre in Gemeinschaftsunterkünften haben, fehlt schon der ruhige Ort zum Hausaufgabenmachen.

Machen wir Schluss mit diesem Outsourcing schulischer Aufgaben in die Familien und an private Nachhilfeanbieter, die man sich erst mal leisten können muss. Wenn man in der Oberstufe die Literatur für den Deutsch-Leistungskurs zu Hause liest, ist das okay, oder dass man für Prüfungen, Referate und Klausuren auch zu Hause lernt. Aber tägliche Hausaufgaben, deren Erfüllung in der Schule kontrolliert wird, müssen abgeschafft werden.

Wissenschaftliche Studien der vergangenen Jahrzehnte belegen, dass Hausaufgaben kaum oder gar keine positiven Effekte auf die Lernleistung haben. Es ist ein pädagogisches Ritual, das an einigen Schulen bereits aufgebrochen wurde.

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