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Von Andreas Wilhelm: In der Zukunft verwurzelt Wissenschaftler simulieren das Klima im Jahr 2100 – und erforschen, wie Bäume darauf reagieren

Eberswalde - Die Zukunft steckt tief in der Erde – unter einer Fläche von etwa 40 Quadratmetern in Eberswalde. Auf dem Gelände des Instituts für Waldökologie ist ein neuartiges Freilandlabor kurz vor der Fertigstellung.

Eberswalde - Die Zukunft steckt tief in der Erde – unter einer Fläche von etwa 40 Quadratmetern in Eberswalde. Auf dem Gelände des Instituts für Waldökologie ist ein neuartiges Freilandlabor kurz vor der Fertigstellung. Im Trockenlabor, einem von der Umgebung abgeschirmten Beet, simulieren Wissenschaftler klimatische Bedingungen, wie sie erst in fast hundert Jahren in Berlin und Brandenburg erwartet werden, erklärt Institutsleiter Andreas Bolte. Zum Beispiel Trockenperioden, die laut Klimaforschung häufiger und heftiger vorkommen werden.

Als Versuchsobjekte dienen junge Bäumchen. Genauer: einjährige Rotbuchen, zum einen aus Brandenburg und Berlin, zum anderen aus Ostpolen, wo es schon jetzt trockener ist. „Im Trockenlabor können wir beobachten, wie sich unter den zu erwartenden Bedingungen die Bäume verschiedener Herkünfte entwickeln“, sagt Bolte. Der Wissenschaftler hält das Experiment für extrem wichtig. In vielen Indoor-Laboren würden bereits Setzlinge untersucht, auch Freilandexperimente in Wäldern gebe es viele. Doch Klimaversuche mit Jungbäumen in solch einem Freilandlabor seien rar. Das erste Experiment, bei dem 24 kleine Rotbuchen auf acht eingegrabene Zylinder verteilt und damit buchstäblich in die Zukunft gepflanzt werden, soll drei bis fünf Jahre dauern. Im Juni wird offiziell Einweihung gefeiert.

Dass die Bäume so klein sind, ist für den Versuch wichtig. „Das ist wie bei Menschen“, sagt Institutsleiter Bolte. „In dem Alter wachsen sie am schnellsten, sind aber auch am sensibelsten.“. Deshalb seien sie besonders gut für die Forschung geeignet. Und warum Buche? Weil der Laubbaum als wichtigster Kandidat in der natürlichen Waldvegetation Deutschlands gelte, sagt Bolte. 200 000 Euro hat die neue Anlage gekostet, die aussieht wie ein Gewächshaus mit ausfahrbarem Dach, das die Bäume vor Regen schützt. Unter der Erde ist jede Menge Hightech vergraben, sichtbar durch einen Kontrollschacht. Feuchtigkeitssensoren messen an zahlreichen Punkten den Wassergehalt im Boden. Regenwasserzähler kontrollieren, wie viel des oberirdischen Niederschlages, der den Pflänzchen gegönnt wird, am Zylinderboden wieder heraussickert. In 64 Röhrchen fahren Kameras auf und ab, machen Rundumfotos und ermöglichen den Wissenschaftlern so einen Einblick in die Wurzelarchitektur. In fünf Jahren werden die Wurzeln aus der Erde gehoben und untersucht. Dann werden die Wissenschaftler sehen können, welche Buchenart mit trockenerem Klima besser klarkommt. Und ob auch die Brandenburger Buche sich der Zukunft anpassen kann.Professor Bolte hält eine Fünf- Euro-Wette mit einem Kollegen, dass die polnischen Buchen, die weniger Wasser brauchen, am Ende das Rennen machen. Ganz sicher ist er sich aber nicht. „Vielleicht unterschätzen wir die Anpassungsfähigkeit der Brandenburger Buche. „Bäume haben ein riesiges Reservoir an genetischen Informationen“, sagt er. „Sie können sich sozusagen an uralte Stress-Situationen ihrer Vorfahren anpassen.“

Andreas Wilhelm

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