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Immer im Einsatz. Die Brandenburger Polizei ist personell mit derzeit 8000 Beamten auf ihrem Tiefststand seit der Wende angekommen. Dennoch konnte die Aufklärungsquote insgesamt verbessert werden. Aus Sicht der Gewerkschaften kein Grund zur Entwarnung. Die Lage sei vor allem bei der Kriminalpolizei angespannt.

© Oliver Mehlis/dpa

Kriminalität in Brandenburg: Weniger Diebe, mehr Gewalttäter

Die Kriminalität in Brandenburg sinkt im Jahr 2017 auf ein Rekordtief – aber nur, weil Eigentumsdelikte zurückgehen. Die Entwicklung der Gewaltkriminalität bereitet dem Innenminister Sorgen.

Potsdam - „Brandenburg ist sicherer geworden“, verkündete Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD) am Donnerstag bei der Vorstellung der Kriminalitätsstatistik für 2017. Tatsächlich ist die Zahl der registrierten Straftaten auf ein Rekordtief gesunken, erstmals lag sie unter 180 000. Insgesamt wurden rund 175 000 Fälle erfasst, das sind 5,8 Prozent weniger als im Vorjahr. Die Aufklärungsquote von 55,3 Prozent ist die beste seit zehn Jahren – obwohl die Brandenburger Polizei mit aktuell 8000 Beamten über so wenig Personal wie nie seit der Wende verfügt. Großes Aber: Die Gewaltkriminalität ist deutlich angestiegen. Und auch Flüchtlingskriminalität beschäftigt die Polizei in zunehmendem Maße. Die PNN geben einen Überblick über verschiedene Deliktsfelder.

Diebstähle

Der Rückgang der Gesamtkriminalität ist vor allem darauf zurückzuführen, dass die Zahl der Diebstähle gesunken ist. Es wurden fast 8 700 Fälle weniger erfasst als noch im Jahr 2016. Die Polizei stellte im vergangenen Jahr insbesondere weniger Diebstähle aus Kellerräumen (minus 38 Prozent), aus Büro- und Lagerräumen (minus 18 Prozent) und weniger Fahrraddiebstähle (minus 14 Prozent) fest.

Wohnungseinbrüche

Besonders positiv aus Sicht der Polizei ist die Entwicklung bei Wohnungseinbrüchen. Wurden 2016 noch knapp 4200 Einbrüche registriert, waren es im Vorjahr tausend weniger. Das entspricht einem Rückgang von 25 Prozent. Aus Sicht von Innenminister Schröter zeigt die Präventionsarbeit Wirkung: Haus- und Wohnungseigentümer sicherten ihr Zuhause inzwischen besser. Besonders häufig sind Einbrecher nach wie vor im Berliner Umland unterwegs. Mehr als 60 Prozent der Wohnungseinbrüche werden im „Speckgürtel“ verübt. Von einer generellen Trendwende bei den Einbrüchen zu sprechen sei aber verfrüht, sagt der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK). In diesem Deliktsbereich seien die Fallzahlen bundesweit rückläufig.

Gewaltdelikte

Als „besorgniserregend“ bezeichnet Innenminister Schröter den Anstieg bei der Gewaltkriminalität, also bei Delikten wie Mord, Totschlag, Vergewaltigung, sexueller Nötigung, Raub, räuberischer Erpressung sowie gefährlicher und schwerer Körperverletzung. 2017 wurden 5100 Gewaltstraftaten festgestellt – das sind rund 1000 mehr als im Jahr 2015 und etwa 400 mehr als 2016. Im Bundesländervergleich liegt Brandenburg damit allerdings weiter im letzten Drittel mit 206 Straftaten je 100 000 Einwohner. In Berlin sind es 450 Gewalttaten je 100 000 Einwohner, im kleinen Stadtstaat Bremen sogar 528.

Flüchtlingskriminalität

Insbesondere Gewaltdelikte im Zusammenhang mit Migranten „bereiten uns Kopfzerbrechen“, erklärte die stellvertretende Landesvorsitzende des BDK, Heike Trautmann, am Donnerstag. Oftmals handle es sich um gefährliche Körperverletzungen oder Kapitaldelikte, „die nicht mal so nebenbei mit einem Anhörbogen abgearbeitet werden können“. Vernehmungen müssten oftmals mit Dolmetschern durchgeführt werden. Straftaten durch Zuwanderer machen insgesamt 6,5 Prozent der Gesamtkriminalität aus, darunter fallen aber auch Verstöße gegen ausländerrechtliche Bestimmungen, also illegale Einreise. Rund 1700 Körperverletzungen, 356 Bedrohungen und 154 Sexualdelikte wurden im Vorjahr von Zuwanderern begangen, in allen Deliktbereichen bedeutet das eine Zunahme. Die meisten tatverdächtigen Zuwanderer kamen aus Syrien (1207), der Russischen Föderation (634) und Afghanistan (610). Insgesamt rund 33 000 Flüchtlinge leben zur Zeit in Brandenburg. Ein Kriminalitätsschwerpunkt ist dabei laut Polizeipräsident Mörke die Stadt Eisenhüttenstadt, wo sich die Brandenburger Erstaufnahmeeinrichtung von Flüchtlingen befindet. Die Polizei sei dort inzwischen mit zwei Streifenwagen rund um die Uhr präsent. 1512 Straftaten wurden im Vorjahr durch Zuwanderer in Erstaufnahmeeinrichtungen begangen. Die Zahlen überraschten ihn nicht, so Innenminister Schröter. „Wir wussten, dass nicht nur Engel zu uns kommen“, so Schröter. Flüchtlingskriminalität sei aber kein spezielles Brandenburger Thema, sondern spiele bundesweit eine Rolle. Und, wie Schröter betonte: „Die Masse der Flüchtlinge ist nicht kriminell.“

Rauschgiftkriminalität

Brandenburg hat im Vorjahr die mit Abstand höchste Zahl an Drogentoten seit 1998 zu verzeichnen. 30 Menschen starben (2016: 21) in Zusammenhang mit Rauschgiftkonsum. Acht kamen bei Verkehrsunfällen ums Leben, weil sie berauscht hinter dem Steuer saßen, sechs Drogenkonsumenten begingen Selbstmord, vier erlagen Langzeitfolgen des Drogenmissbrauchs. Alle anderen, zwölf Personen, starben an einer Überdosis. Darunter war nach Angaben von Polizeipräsident Hans-Jürgen Mörke keiner, der Crystal Meth zu sich genommen hatte. Die synthetische Droge, die sehr schnell abhängig macht, hatte sich in den vergangenen Jahren vor allem in Südbrandenburg ausgebreitet, weil sie billig aus Tschechien kommt. Insgesamt wurden im Vorjahr 7635 Rauschgiftdelikte registriert – ein Plus verglichen mit 2016 um 270 Fälle.

Planenschlitzer

Probleme bereiten der Brandenburger Polizei zunehmend sogenannte Planenschlitzer. Die in Banden organisierten Kriminellen nutzen die Gelegenheit, wenn Fahrer auf Parkplätzen an Autobahnen oder Landstraßen schlafen, schlitzen die Lkw-Planen auf und klauen die Ladung. Der Kleintransporter, um das Diebesgut schnell wegzubringen, stehe schon daneben parat, erläutert Polizeipräsident Mörke das Vorgehen. „Manchmal haben wir zehn, zwölf Vorkommnisse in nur einer Nacht“, so Mörke. Im Vorjahr wurden 624 solcher Fälle erfasst. Ein Jahr zuvor waren es nur 327. Die Aufklärungsquote ist zudem gesunken. Im Vorjahr konnten rund 59 Prozent der Fälle aufgeklärt werden. Mehrere Planenschlitzer-Banden seien gefasst worden, so Mörke. „Aber das ist wie eine Hydra“, so der Polizeipräsident. Die nächsten Kriminellen kämen sofort nach. Deswegen ist die zehn Mann starke Ermittlungsgruppe „Plane“ weiter im Einsatz.

Cyberkriminalität

Die Internetkriminalität ist in Brandenburg zurückgegangen. Im Vorjahr wurden 528 Fälle erfasst (2016: 756). Aber, so Polizeipräsident Mörke, die Dunkelziffer sei hoch. Zudem würden viele Straften per Internet begangen, so dass sie in der Brandenburger Statistik nicht auftauchen. Die Aufklärungsquote bei Cyberkriminalität lag bei 50,9 Prozent. Die Ermittlungen seien oft kompliziert, der Sachverstand von Spezialisten im Landeskriminalamt sei da gefragt.

Grenzkriminalität

Über Jahre hat Brandenburg Kriminalität an der Grenze zu Polen beschäftigt. Inzwischen sind die 24 Grenzgemeinden offensichtlich sicherer geworden: In diesen Gemeinden wurden 2017 insgesamt 17 766 Straftaten verübt – 9,4 Prozent weniger als 2016. Im Zeitraum von 2008 bis 2017 verringerte sich die Anzahl der Fälle um 28,2 Prozent. Vor allem Diebstähle gingen wie überall in Brandenburg zurück. Dennoch liegt die Kriminalitätshäufigkeit für die Grenzgemeinden weiter deutlich über dem Landesschnitt.

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