zum Hauptinhalt
Stolpersteine erinnern in Berlin an Opfer des Holocausts. In Zepernick nun auch an den ermordeten Journalisten Wolfgang Benjamin. (Symbolfoto)

© Foto: Kathrin Harms

Stolperstein verlegt: Holocaust-Überlebender aus den USA gedenkt seines ermordeten Vaters in Brandenburg

Als kleiner Junge wurde Michael Benning von seinem Vater in einem Kindertransport nach Großbritannien geschickt. Nun ist er für das Gedenken an ihn zurückgekehrt.

| Update:

Michael Benning war sechs Jahre alt, als er seinen geliebten Vater zum letzten Mal sah. Das war am Anhalter Bahnhof in Berlin im Juni 1939. Das Kind sollte nach England in Sicherheit gebracht werden.

Sein Vater, der Journalist Wolfgang Benjamin, der für die Weltbühne auch unter dem Namen Wolfgang Bardach schrieb, wollte den Jungen später nach Argentinien holen, wohin er mit seiner Frau fliehen wollte. Die jüdische Familie lebte zu dem Zeitpunkt schon in Zepernick, wo sie sich auf das Landleben in Südamerika vorbereiten wollte. Lange winkte er dem Zug nach, in dem sein Sohn saß.

Das letzte Haus der Familie

Michael Benning ist heute 89 Jahre alt und wartet am Flughafen auf den Heimflug nach New York. Er ist eigens über den Atlantik gekommen, um an der Verlegung eines Stolpersteins für seinen Vater teilzunehmen.

Gerettet beim Kindertransport. Michael Benning lebt seit Langem in New York.

© Foto: Pam Benning

Vor dem Haus Goslarer Straße 8 in Zepernick, dem letzten Haus, in dem die Familie freiwillig wohnte, erinnert der Stein künftig an den ermordeten Literaturkritiker, dem die Flucht nicht mehr gelang. Erst musste er als Zwangsarbeiter für Osram schuften, dann wurde er nach Auschwitz deportiert, wo er 1943 ermordet wurde.

Die Mutter überlebte das Konzentrationslager Theresienstadt und kehrte 1948 zurück nach Berlin, wo die Familie ursprünglich zu Hause war.

Emigration in die USA

Ihr zuliebe kehrte Michael Benning ebenfalls zurück in seine Heimatstadt, lernte erneut Deutsch, studierte an der Freien Universität. Erst Ende der 60er Jahre wanderte er in die USA aus, lebt seit Langem in New York City.

Für die englische Familie, die ihn aufnahm, war er das fünfte Kind, die Geschwister aus den Jahren in Nottingham besuchen ihn regelmäßig. Und er pflegt seine Freundschaften in Berlin.

Suche nach dem Vater

Eine leibliche Schwester von ihm, die ebenfalls überlebt hat und heute in Genf wohnt, kam ebenso zu der Stolpersteinzeremonie wie ein Cousin aus Sao Paolo. Die Familie ist weit verstreut inzwischen.

Michael Benning hat immer wieder geforscht über seinen Vater. Heute weiß er, dass er früh Bertold Brecht interviewt hat, dass er Gerhard Hauptmann und dessen Familie kannte und mit Kurt Tucholsky zusammen gearbeitet hat. Als Student ging er selbst gern ins Berliner Ensemble, hat dort Helene Weigel als Mutter Courage erlebt, neun oder zehnmal.

Die Faszination daran erschloss sich ihm erst später, als er mehr über seinen Vater erfuhr. Die Mutter hat irgendwann wieder geheiratet, sprach nicht gern über das, was vergangen war. Michael Benning aber hat nie aufgehört, seinen Vater zu lieben, den er als tatkräftig und liebevoll in seiner Erinnerung bewahrt hat.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false