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Berlin: Rechte und Linke taten sich nichts

Von Frank Jansen und Moritz Schuller Die Deeskalation hat funktioniert – zumindest in Hohenschönhausen. So behutsam wie selten zuvor hat die Polizei am Maifeiertag etwa 700 Anhänger der NPD und einige hundert Gegendemonstranten auseinander gehalten.

Von Frank Jansen

und Moritz Schuller

Die Deeskalation hat funktioniert – zumindest in Hohenschönhausen. So behutsam wie selten zuvor hat die Polizei am Maifeiertag etwa 700 Anhänger der NPD und einige hundert Gegendemonstranten auseinander gehalten. Nahezu alle Beamten verzichteten darauf, Helme zu tragen. Polizeischilde waren überhaupt nicht zu sehen. Andererseits waren die Einsatzkräfte so massiv präsent, dass Rechtsextremisten und Linke keine Gelegenheit fanden, sich zu prügeln. Die Polizei hatte nach Angaben eines Sprechers 1900 Beamte aufgeboten. Sie kamen aus Berlin, Brandenburg, Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg. Angesichts dieser Übermacht beschränkten sich die Neonazis und ihre Kontrahenten auf Parolenduelle.

Schon am Morgen war zu erkennen, dass die Polizei mit viel Flexibilität Krawalle vermeiden wollte. Obwohl eine Demonstration gegen den NPD-Marsch untersagt worden war, ließ Einsatzleiter Klaus Keese ungefähr 400 Linke auf der Falkenberger Chaussee protestieren. Vom Sammelpunkt der Rechten waren sie nur durch die Straßenbahnschienen und eine Polizeikette getrennt. Keese hatte sich auf eine etwas riskante Vereinbarung mit der Hohenschönhauser Pfarrerin Heike Richter eingelassen. Diese wollte eine Andacht für Toleranz in der nahen Kirche veranstalten. Der Einsatzleiter ließ dann zu, dass Polizisten von den weit entfernt stehenden 550 Gegendemonstranten rund 400 in Richtung Gotteshaus geleiteten. Die zumeist linken Protestierer, darunter Mitglieder einer trotzkistischen Gruppe, hatten jedoch wenig Christliches im Sinn. Als sie die wartenden Neonazis sahen, setzten Parolen wie „Nazis raus“ und der Krach von Trillerpfeifen ein. Die Menge blieb an der Egon-Erwin-Kisch-Straße stehen.

Weder das Glockengeläut der Kirche noch die Bitten der im Talar herbeigeeilten Pfarrerin, noch die Durchsagen der Polizei konnten die Linken zum Weitergehen in Richtung Andacht bewegen. Schließlich rückten Polizeiketten vor. Die untergehakten Beamten drängten die widerspenstigen Nazi-Gegner auf der Falkenberger Chaussee etwas zurück. Den wütenden „Haut ab“-Rufen der Demonstranten setzte die Polizei nette Durchsagen entgegen: „Bleiben Sie bitte nicht im Weg stehen! Sie behindern doch nur die Leute, die weggehen wollen.“

Am Rande tauchte Claudia Roth auf, Bundesvorsitzende der Grünen. Sie hatte versucht, mit einem Neonazi zu sprechen, „aber das fällt sehr schwer“. Unterdessen strömten weitere Rechtsextremisten vom S-Bahnhof Hohenschönhausen zu ihrem Treffpunkt. Um fünf nach zwölf zogen die NPD-Anhänger los. Eskortiert wurden sie von Polizisten und zunehmend auch von Gegendemonstranten.

In einer Klangwolke von Geschrei und Getriller liefen Rechte, Linke und Ordnungshüter von der Falkenberger Chaussee in die Prendener Straße und dann durch die Dorf- und die Ernst-Barlach-Straße. In der Egon-Erwin-Kisch-Straße, nahe dem S-Bahnhof Hohenschönhausen, hielten die NPD-Funktionäre Jörg Hähnel und Holger Apfel ihre Ansprachen. Der Alt-Neonazi Friedhelm Busse stand stumm daneben, um den Mund hatte er ein rotes Tuch mit der Aufschrift „Maulkorb“ gebunden. Die Polizei hatte ihm Redeverbot erteilt. Dennoch trugen die jungen Anhänger ihren Fanatismus ungeniert zur Schau. Ein Skinhead-Mädchen nahmen Beamte der Berliner Spezialeinheit PMS fest, weil es auf dem linken Arm ein Hakenkreuz trug. Eingeritzt offenbar erst wenige Tage vor dem 1.Mai.

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