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Betrug mit Schrottimmobilien: Prozessauftakt gegen Grüezi-Unternehmensgruppe

Am Donnerstag beginnt der Prozess gegen Verantwortliche der Grüezi-Gruppe wegen dubioser Immobiliengeschäfte. Vor Gericht stehen insgesamt zehn Angeklagte. Es geht um 1,4 Millionen Euro Schaden.

Mai 2014: Bei einer berlinweiten Razzia durchsucht die Polizei 35 Büros und Wohnungen, beschlagnahmt Akten und nimmt Verdächtige fest. Verantwortliche der Grüezi-Unternehmensgruppe sowie Vertriebsmitarbeiter des Firmengeflechts, ein Gutachter und auch ein Notar aus dem Grunewald werden abgeführt. Es geht um dubiose Geschäfte mit Schrottimmobilien im großen Stil. Knapp ein Jahr später prüfen nun die Richter den Fall. Neun Männer und eine Frau stehen ab dem heutigen Donnerstag vor Gericht.

Es ist einer der größten Schrottimmobilien-Prozesse. Unter den mutmaßlichen Betrügern befinden sich mit Roman D. und Johannes R. zwei frühere Vorstände der Grüezi Real Estate AG. Die Staatsanwaltschaft geht von einem gewerbsmäßigen Bandenbetrug aus mit Schäden in Millionenhöhe. Die Anklageschrift ist 300 Seiten stark. Ein Mammutverfahren steht der zuständigen Wirtschaftsstrafkammer bevor. 44 Verhandlungstage bis Mitte Dezember sind bereits angesetzt worden.

1,4 Millionen Euro Gesamtschaden

Die Angeklagten sollen ein Netzwerk aufgebaut und Kleinanleger über den Tisch gezogen haben. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen vor, von April 2008 bis Januar 2012 – in unterschiedlicher Tatbeteiligung – Privatleuten völlig überteuerte Eigentumswohnungen als angebliches „Steuersparmodell“ angedreht zu haben. Zudem sollen die Angeklagten mit falschen Angaben über die Objekte und mit „Vorverkaufsverträgen“, die tatsächlich bindend waren, gearbeitet haben.

In der Anklage werden 20 Verkäufe mit einem Gesamtvolumen von mehr als drei Millionen Euro aufgelistet, bei denen mutmaßlich auf Lug und Trug gebaut und abkassiert wurde. Die Preise für die Immobilien seien teilweise um das 2,5-fache des eigentlichen Wertes überhöht gewesen. Der bei den Geschädigten entstandene Schaden soll laut Anklage 1,4 Millionen Euro betragen.

Betrüger arbeiten mit vorgetäuschtem Zeitdruck

Geschäfte mit sogenannten Schrottimmobilien laufen nach einem perfiden Szenario ab. Eine angeblich günstige Gelegenheit, langfristig Steuern zu sparen, eine Anlage für die Altersvorsorge werden offeriert. Zumeist sind es vermeintlich vermietete Eigentumswohnungen, die als Schnäppchen angeboten werden. Die Investition trage sich fast von selbst, wird vorgegaukelt. Es gebe andere Interessenten, man müsse schnell sein. Zum Repertoire solcher Betrüger gehört es, Zeitdruck aufzubauen.

Als die Ermittler im Falle der verdächtigen Grüezi-Gruppe den Vertrieb unter die Lupe nahmen, stießen sie auf ein Unternehmensgeflecht. Die Hauptangeklagten hätten das Konstrukt aufgebaut und kontrolliert. Dabei seien die veräußerten Immobilien zunächst von Bauträgergesellschaften angekauft worden, so die Anklage. Um die Suche nach Käufern und die Vertragsanbahnung hätten sich dann Vertriebsunternehmen gekümmert - gegen Provisionen von bis zu 20 Prozent. Diese seien auf den Kaufpreis aufgeschlagen worden, ohne dass die Erwerber davon erfuhren. Am Ende der aus Sicht der Ankläger kriminellen Geschäfte sei ein Notar ins Spiel gekommen. Meinhard O. soll für die Grüezi-Gruppe tätig geworden sein. Ihm wird vorgeworfen, er habe die Kaufverträge beurkundet, obwohl ihm das mutmaßlich betrügerische Geschäftsgebaren der Mitangeklagten bekannt gewesen sei.

Oft werden ärmere Personen betrogen

Der Handel mit Schrott-Immobilien, bei dem zumeist Privatpersonen mit eher geringen Einkommen geködert und in den finanziellen Ruin getrieben werden können, ist ein Verbrechen. Das stellten Berliner Richter bereits in früheren Prozessen klar. Die Urteile waren ein Warnschuss an die Szene. 2012 wurde die Bande um den als „Protzmakler“ bekannt gewordenen Kai-Uwe K. vom Markt genommen. Er bekam fünf Jahre Haft. Ende 2013 wurde der langjährige Notar Marcel E., der für die Bande von K. gearbeitet hatte, wegen Beihilfe zu dreieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt.

Michael Braun (CDU) trat damals zurück

In der Affäre um die notariellen Beurkundungen von Verträgen zum Kauf von Schrottimmobilien musste der CDU-Politiker Michael Braun als Justiz- und Verbraucherschutzsenator im Dezember 2011 zurücktreten. Es war bekannt geworden, dass er als Notar Kaufverträge von der unter Verdacht geratenen Grüezi beurkundet hatte. Braun wies die Vorwürfe stets zurück. Ende 2014 wurde ein gegen ihn eingeleitetes Verfahren wegen des Verdachts auf Falschbeurkundung im Amt eingestellt.

Braun-Nachfolger Thomas Heilmann (CDU) setzte sich als Justizsenator dafür ein, dass Verkäufe von Immobilien nicht mehr bei Nacht und Nebel abgewickelt werden können. Auf Initiative von Heilmann beschloss der Bundesrat 2013 das Gesetz zur Stärkung des Verbraucherschutzes bei notariellen Beurkundungen. Käufern muss demnach mindestens 14 Tage Bedenk- und Prüfzeit gegeben werden. Auch die Berliner Notarkammer änderte ihre Richtlinien.

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