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Berlin: PDS will nicht Teil einer „Spar-Koalition“ sein

Landeschef Stefan Liebich grenzt sich von der SPD ab und formuliert ein Strategiepapier: „Neue Chancen für die Stadt“

Vier Tage vor der Bundestagswahl geht die Berliner PDS in die Offensive. Am Mittwoch stellte PDS-Landeschef Stefan Liebich ein Strategiepapier mit dem Titel „Berlin beginnt. Neue Chancen für die Stadt“ vor. Zwar will die Partei das als allgemeines „Diskussionsangebot“ an die Stadt verstanden wissen, doch grenzt sie sich auch klar von der SPD ab. Man sei der kleinere Koalitionspartner, vertraglich mit der SPD verbunden, doch im Unterschied zu den Sozialdemokraten habe die PDS die gegenwärtige Lage Berlins ja nicht mitverursacht.

Mit dem Strategiepapier will die PDS das Image abstreifen, Rot-Rot werde als ein reines „Sparbündnis“ wahrgenommen. Die Sozialisten bieten sich als „Motor gesellschaftlicher Veränderungen“ an. Diese Legislaturperiode werde nicht ausreichen, um den Landeshaushalt zu sanieren. Reformprojekte könnten in dieser Zeit aber entwickelt werden.

Die sechs Thesen in dem Strategiepapier sind überschrieben mit „Hauptstadt Berlin, Ost-West-Stadt, Moderne Stadt, Stadt der Bürgerinnen und Bürger, Solidarische Stadt“ sowie „Tolerante und sichere Stadt“. Landeschef Liebich greift bei den Gedanken über die Rolle Berlins als Hauptstadt bekannte Forderungen von Gregor Gysi auf, eine Hauptstadtkommission zu bilden. Die Fragen dürften nicht lauten, was schön wäre, und ob das alles finanzierbar sei, sondern Begriffe wie Qualität, soziale Gerechtigkeit und Solidarität sollten die Diskussionsgrundlage bilden. Der PDS-Politiker fordert eine Neuverhandlung des Hauptstadtvertrages. „Die Regierung will eine repräsentative Stadt. Und wir müssen die soziale Balance der Stadt sichern“, sagte Liebich. Deshalb müsse Rot-Rot mit dem Bund „realitätstüchtige Kompromisse“ aushandeln.

Zündstoff birgt das Papier in der Kulturpolitik. Liebich erwartet vom Bund und den Ländern ein stärkeres Engagement bei den so genannten „Leuchttürmen“, Kultureinrichtungen von überregionaler Bedeutung. Nur durch eine Subventionierung des Bundes könnten in der Berliner Kulturlandschaft Entlastungen geschaffen werden, die der Off-Szene oder den städtischen Einrichtungen zugute kommen würden. Eine klare Absage erteilt Liebich Einsparungen im Hochschul- und Forschungsbereich. Qualität und Forschung dürften durch Konsolidierungsbemühungen nicht beeinträchtigt werden. 25 000 Studienplätze abzubauen, wie in der Giftliste vorgesehen, sei „fantasielos“ und „zu kurz gegriffen“, sagte Benjamin Hoff, wissenschaftspolitischer Sprecher der PDS-Fraktion, als Reaktion auf die Vorschläge der Finanzverwaltung.

Chancen für Berlin als Ost-West-Stadt sieht die PDS in der EU-Osterweiterung. Um Projekte zu entwickeln und Kompetenzen zu bündeln, brauche Berlin ein Ost-West-Kompetenzzentrum. Liebich will damit auch „soziale Ungerechtigkeiten“ ausgleichen: „Die Eliten der Stadt rekrutieren sich nach wie vor mehrheitlich aus dem Westen.“ Ost-Berliner, die berufliche Erfahrungen im „RGW“, dem früheren Rat für Gegenseitige Wirtschaftshilfe in osteuropäischen Länder, gesammelt haben, könnten ihr Wissen in solch einem Zentrum an Berliner Unternehmen weitergeben.

Im Sinne einer „Solidarischen Stadt“ plädiert Liebich für eine stärkere Verantwortung großer Unternehmen. Mäzenatentum und Sponsorengelder kämen nicht nur sozialen Projekten, sondern allgemein der öffentlichen Infrastruktur Berlins zugute. Mit diesem Vorschlag wird Liebich bei seiner Parteibasis vermutlich auf wenig Gegenliebe stoßen. Sabine Beikler

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