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© REUTERS/WANA NEWS AGENCY

Landesaufnahmeprogramm für Afghanen: Bislang keine einzige Person in Berlin angekommen

Als vor zwei Jahren die Taliban die Macht in Afghanistan übernahmen, sagte der Senat die Aufnahme von bis zu 500 Schutzbedürftigen zu. Doch das Programm blieb bislang folgenlos.

Ein vor über anderthalb Jahren beschlossenes Landesaufnahmeprogramm für Menschen aus Afghanistan ist in Berlin bisher folgenlos geblieben. Im Rahmen des Programms, über das nach der Machtübernahme der Taliban bis zu 500 Menschen in Berlin Schutz gewährt werden sollten, ist bisher keine einzige Afghanin und kein einziger Afghane nach Berlin gekommen. Das teilte die Berliner Integrationsbeauftragte, Katarina Niewiedzial, am Montag mit.

Am 15. August 2021 eroberten die Taliban die afghanische Hauptstadt Kabul und übernahmen damit wieder die Macht in dem Land. Berlin erklärte sich daraufhin bereit, Personen, denen unter dem neuen Regime Gefahren drohen, sowie besonders schutzbedürftige Menschen wie Kinder und Kranke aufzunehmen. Voraussetzung für die Aufnahme ist, dass sich die Menschen in Afghanistan oder einem Anrainerstaat aufhalten und nicht bereits eine Aufnahmezusage des Bundes haben. Das Programm wurde am 14. Dezember 2021 vom Senat beschlossen.

Dass es bisher noch nicht zur Anwendung kam, liegt laut Angaben der Senatsverwaltung für Integration an „notwendigen administrativen und operativen Vorabstimmungen zwischen allen beteiligten Institutionen“. Nach dem Senatsbeschluss im Dezember 2021 hatte die zuständige Innenverwaltung dem Bundesinnenministerium (BMI) zwei Aufnahmeanordnungen vorgelegt. Eine für das Landesaufnahmeprogramm sowie die Erweiterung einer Aufnahmeregel für Afghanen, die enge Verwandte in Berlin haben. Diese galt bisher nur für syrische und irakische Geflüchtete.

Prüfung durch das Bundesinnenministerium dauert an

Die Prüfung des Landesaufnahmeprogramms sei zunächst mit Verweis auf Klärungen bezüglich des Bundesaufnahmeprogramms zurückgestellt worden. „Eine Umsetzung ab dem Jahr 2024 wird angestrebt“, teilt die Senatsverwaltung mit.

Der Aufnahmeregelung für afghanische Geflüchtete, die enge Verwandte in Berlin haben, stimmte das BMI im Herbst 2022 zu, seit dem 12. Januar 2023 können entsprechende Anträge beim Landesamt für Einwanderung gestellt werden. Da die Visumsvergabe jedoch mehrere Monate in Anspruch nimmt, ist auch über diese Regelung noch kein Afghane nach Berlin gekommen.

Die Integrationsbeauftragte Niewiedzial fordert sowohl die Bundesregierung als auch das Land Berlin auf, ihrer Verantwortung gerecht zu werden. „Das Land, der Bund und die EU-Mitgliedstaaten sind gefordert, konsequent und schnell zu handeln und ihre Zusagen einzuhalten“, sagte Niewiedzial. Berlin sei „natürlich in der Lage, Menschen aus Afghanistan, wie im 2021 verabschiedeten Landesaufnahmeprogramm zugesagt, aufzunehmen“.

Die Bundesregierung hatte nach der Machtübernahme der Taliban besonders gefährdeten Afghan:innen ebenfalls eine Aufnahme in Deutschland in Aussicht gestellt, darunter viele Ortskräfte, die die Bundeswehr und andere deutsche Organisationen unterstützen. Ein entsprechendes Bundesaufnahmeprogramm hat bisher zu 350 „positiven Aufnahmeentscheidungen“ geführt, teilte das Bundesinnenministerium (BMI) dem Tagesspiegel mit.  

Seit August 2021 seien jedoch 28.300 Personen über die bisherigen Aufnahmeverfahren nach Deutschland gekommen, zahlreiche auch nach Berlin. „Unter den aufgenommenen Personen befinden sich fast 20.000 ehemalige afghanische Ortskräfte und ihre Familienangehörige“, so das BMI. Im EU-Vergleich habe Deutschland damit mit Abstand die meisten Aufnahmen gefährdeter Afghaninnen und Afghanen ermöglicht. 

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