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Berlin: Kleider für die Frau von Welt

Ethno-Mode im Ethno-Museum: Jung-Designer zeigten Alternativen zu Businesskostüm und Hosenanzug

Von Susanna Nieder

Was zieht die Frau von Welt an? „Weltgewänder“. So hieß die Modenschau im Ethnologischen Museum Dahlem, bei der Entwürfe einer Stuttgarter und dreier Berliner Modeschulen zu sehen waren. Ethnische Vielfalt lautete das Motto, und das passt nicht nur zu den Zielen der Deutschen Welthungerhilfe, die diese Schau innerhalb einer Veranstaltungsreihe zu ihrem 40-jährigen Bestehen ausgerichtet hatte. Ethnische Vielfalt ist angesichts eines globalen Einheitslooks von schwarzem Hosenanzug und Businesskostüm derzeit auch das wichtigste Modethema auf den Laufstegen der Welt.

Überraschend nüchtern und pragmatisch wurden die Stoffe von den Modestudentinnen aus Mali, Indien und Peru zu klaren Linien verarbeitett. Stoffe mit ethnischer Gestaltung lassen sich durchaus mit modernem westlichen Design und den hiesigen Forderungen an Bequemlichkeit und Bewegungsfreiheit kombinieren. Das imponierte auch Ingeborg Schäuble, der Vorsitzenden der Deutschen Welthungerhilfe, die Zusammenarbeit mit wirtschaftlich schlechter gestellten Ländern statt Almosen forderte.

Am ehesten machte die Staatliche Modeschule Stuttgart mit Raffungen, Drapierungen und Stoffschichtungen Konzessionen an den gängigen Ethnolook. Eine Tunika mit Kapuze aus leuchtend rot- grün gemustertem Stoff fiel ebenso auf wie ein Überwurf aus federleichter, bedruckter Seide, der auf verschiedene Weise getragen werden kann, und ein zur Cargohose mit großen Taschen umfunktionierter Sarong. Eine Auszeichnung der Jury erhielt allerdings ein hellblaues, fließendes Kleid mit Petticoat, das von Magdalena Bast entworfen wurde. In dem siebenköpfigen Gremium saßen neben Ingeborg Schäuble auch Botschafter und Gesandte aus Indien, Mali und Brasilien sowie Vertreter von Stadt und Museum. Als einzige Modeexpertin hatte die Designerin Doris Hartwich in der Jury Sitz und Stimme.

Die Universität der Künste Berlin zeigte vor allem Sportliches bis hin zu einem verfremdeten Boxeroutfit, Kapuzen in vielen Variationen – am Shirt, an Pulli oder Blouson oder sozusagen frei schwebend mit zwei breiten, überkreuz gelegten Stoffbahnen am Oberkörper befestigt. Sehr schön: eine Corsage, deren Muster an die Wirbelsäule eines Tiers erinnerte, ein gewickeltes Top aus schwarz, weiß und braun bedruckten breiten Bändern, ein Kleid mit diagonalen Streifen, von denen einer als Träger über die Schulter gezogen war. Den Preis bekam Susanne Willax für ein tailliertes Sakko mit Lederrock. Die Fachhochschule für Wirtschaft und Technik Berlin war mit einer kleinen Kollektion vertreten. Eine Reihe „halbierter“ Jacketts wirkte wie ein Echo des größten Modetrends der 90er Jahre, der Dekonstruktion; ausgezeichnet wurde eines davon (entworfen von „Gruppe 5 aus 134“).

Pragmatismus ist gut – trotzdem wünschte sich das Fachpublikum auch Entwürfe, die aus dem Vollen schöpfen, und es wurde nicht enttäuscht. Die Kunsthochschule Weißensee machte sich frei vom tragbaren Design des jetzigen Moments und zauberte bunte, fantasievolle, kluge Verschränkungen von europäischer Schnitt-Tradition mit Stoffen und Mustern anderer Kulturen. Da wurde Derbes mit Hauchzartem kombiniert, eine Landsknechtjacke mit Puffärmeln tauchte auf, germanische Walküren bekamen wehende Überwürfe zu Leder, Fell und gehörntem Helm, ein bedrucktes rechteckiges Tuch wurde zum Königsmantel, durchsichtige Körperhüllen zogen sich bis übers Gesicht, Korsagen aus Perlenschnüren umspannten Hüften. Den Preis bekam Batmonkh Bataa für eine Art Körperetui mit breiten Schultern und hohem Kragen im Stil Elisabeths I. Kein Zweifel: Modisch gesehen war die Kunsthochschule Weißensee die Gewinnerin des Abends

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