zum Hauptinhalt
Bettina Jarasch (Grüne), Franziska Giffey (SPD) und Kai Wegner (CDU) liefern sich einen Dreikampf um das Rote Rathaus.

© Gestaltung: Tagesspiegel/Schneider | Tagesspiegel/Mario Heller, imago images (2)

Dreikampf ums Rote Rathaus: Ist Berlin noch regierbar?

Silvester, Enteignungsdebatte, Chaoswahl – ja, man kann von dieser Stadt zu viel kriegen. Etwas Gutes aber hat die Wahlwiederholung am 12. Februar: Berlin erwacht aus seiner Starre.

Ein Kommentar von Julius Betschka

Es soll den einen oder anderen in Deutschland geben, der Berlin gern unter Sonderverwaltung stellen würde, analog zu Washington, D.C. in den Vereinigten Staaten. Die ordnende Hand eines Bundeskommissars, so die Hoffnung, könnte endlich Ordnung in die chaotische Hauptstadt bringen. Die bayerische CSU will den linken Berlinern ratzfatz das Geld kürzen für ihre unheimlichen Umtriebe. Silvester, Enteignungsdebatte, Chaoswahl. Ja, man kann von dieser Stadt zu viel kriegen.

Nun, all diese Ideen stehen am 12. Februar nicht zur Wahl. Schlimm genug, dass das Berliner Abgeordnetenhaus überhaupt noch einmal gewählt werden muss. Pleiten, Schlangen und Pannen begleiteten die Erstauflage der Abstimmung. Nach eineinhalb Jahren im Amt muss sich Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) noch einmal um den Einzug ins Rote Rathaus bemühen.

CDU-Spitzenkandidat Kai Wegner scharrt neben ihr genauso mit den Füßen wie die Grüne Bettina Jarasch. Beide würden gern in Giffeys Amtszimmer einziehen, haben gute Chancen. Beide versprechen einen Neuanfang. Jarasch wünscht sich in altbewährter Koalition Grüne, SPD, Linke. Wegner schwebt anderes vor, ein bürgerliches Bündnis mit der SPD, dazu womöglich die FDP.

Die Frage, um die es bei dieser Wahl geht: Wohin steuert die deutsche Hauptstadt? Wobei, wenn man ganz genau hinschaut, ist die wichtigste Frage: Ist Berlin steuerbar? Auch wenn man ohne jede Polemik auf die Stadt blickt, sind die Aufgaben gewaltig. Berlin ist in der jetzigen Verfasstheit kaum ordentlich regierbar.

Um die Schneisen zu schließen, die das Sparjahrzehnt an Schulen, Straßen und Kulturorten hinterlassen hat, wäre aber genau das unerlässlich: effizientes Regieren. So ein dröges Thema wie die öffentliche Verwaltung wird schließlich nicht umsonst zum Wahlkampfschlager Nummer eins.

Die Wohnungsfrage dominiert die Sorgen der Berliner

Immerhin scheint endlich wieder etwas möglich in einer Debatte, die in Berlin jahrelang nur mit einem „Wird eh nüscht, geht schon irgendwie!“ quittiert wurde. Bye-bye, Behördenpingpong! Die vom Berliner Verfassungsgericht verordnete Wiederholungswahl hat die Stadt, das ist das einzig Positive, aus einer Art Lähmung gerissen.

Die größte Angst kann das vielen Berlinern nicht nehmen. Fast 40 Prozent halten die Wohnungsfrage für die wichtigste dieser Zeit. 2022 sind die Angebotsmieten noch einmal kräftig gestiegen – um 30,2 Prozent im Vergleich zum letzten Quartal 2021. Auch ein WG-Zimmer ist für Studierende keine günstige Alternative mehr. Im Januar lag der Durchschnittspreis bei 593 Euro, ein Anstieg um 16 Prozent binnen eines Jahres. Die kletternden Energiepreise tun auf dem überhitzten Markt ihr Übriges.

Selbst CDU und FDP haben in Berlin deshalb den Mieterschutz für sich entdeckt, zumindest in Raten. SPD, Grüne und Linke wirken derweil von Enteignungsvolksentscheid und juristischen Niederlagen in der Wohnungspolitik wie erstarrt. Schon wieder.

Berlin würde gerne mehr machen. Doch die Mietenfrage ist eine Bundesangelegenheit. Und bisher wurde jeder neue Schutzversuch vom Bundesgesetzgeber vereitelt. Deshalb wäre mancher in der Berliner Politik froh, wenn die Hauptstadt dem Bund diktieren könnte, was zu tun ist. Auf ein Gericht kann man wohl nicht so bald hoffen, um auch diese Lähmung zu beenden. Das könnten am 12. Februar die Wählerinnen und Wähler erledigen.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false