zum Hauptinhalt
Nicht nur Rechtsbeistand. Anwalt Stefan Waterkamp geleitet den 100-jährigen Angeklagten zu seinem Platz.

© Tobias Schwarz / AFP

Prozess um KZ Sachsenhausen: Dokumente aus mehreren Archiven weisen 100-Jährigen als Wachmann aus

In Brandenburg muss sich ein mutmaßlicher Ex-Wachmann aus dem KZ Sachsenhausen vor Gericht verantworten. Eine Ermittlerin berichtet von Zehntausenden Tötungen.

Im Prozess um die Massentötungen von Lagerhäftlingen im Konzentrationslager Sachsenhausen hat eine Kriminalbeamtin die Ermittlungen gegen den Angeklagten erläutert.

Dokumente zur Tätigkeit des 100-Jährigen als Mitglied der SS-Wachkompanien im KZ Sachsenhausen hätten sich im Archiv der Gedenkstätte, im Koblenzer Bundesarchiv und im Stasi-Unterlagen-Archiv gefunden, berichtete Kriminalhauptmeisterin Heike Trautmann vom Staatsschutz der Brandenburger Polizeidirektion Nord am Donnerstag. Darin seien jeweils der Name, das Geburtsdatum und der damalige Dienstgrad des Angeklagten vermerkt gewesen. 

Aus den Unterlagen habe sich ergeben, dass der Angeklagte vom 23. Oktober 1941 bis zum 18. Februar 1945 in sechs verschiedenen Kompanien der SS-Wachmannschaften tätig gewesen sei, berichtete die Beamtin. In der Zeit sei er vom einfachen Dienstgrad zum SS-Rottenführer aufgestiegen.

Die Ermittler hätten die Zahl der Tötungen in dem Lager während dieser Dienstzeit unter anderem anhand von Vernehmungsprotokollen und Gerichtsurteilen teils aus den 1950er Jahren akribisch untersucht, berichtete die Beamtin.

14 Meter lange Liste mit täglichen Tötungen

Trautmann präsentierte dem Gericht eine 14 Meter lange Liste, auf der die Beamten die täglichen Tötungen notiert hatten. Insgesamt seien es während der Dienstzeit des Angeklagten 38.110 Opfer gewesen. Hinzu kämen 10.936 namentlich bekannte Häftlinge, die im Totenbuch der Gedenkstätte Sachsenhausen verzeichnet seien. Als Tötungsarten nannte Trautmann Erschießungen, Erhängungen, Vergasungen und menschenunwürdige Lebensbedingungen.

[Wenn Sie alle aktuellen Nachrichten live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können.]

Der Prozess vor dem Landgericht Neuruppin wird aus organisatorischen Gründen in einer Sporthalle in Brandenburg/Havel geführt. Laut Anklage soll der 100-Jährige zwischen 1942 und 1945 im Konzentrationslager Sachsenhausen nahe Berlin als Wachmann der SS Beihilfe zur Ermordung Lagerinsassen in mindestens 3518 Fällen geleistet haben. Der Angeklagte hatte die Vorwürfe am zweiten Prozesstag bestritten.

Am Freitag will das Gericht einen weiteren Ermittlungsbeamten hören, der Überlebende des KZ Sachsenhausen vernommen hat. Für den Prozess sind insgesamt 22 Verhandlungstage bis in den Januar vorgesehen. (dpa)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false