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Die Weltzeituhr auf dem Alexanderplatz.

© dpa/Paul Zinken

„Die Zeitumstellung ist überholt“: Warum sich die Weltzeituhr in einem anderen Takt dreht

Mit der Winterzeit zeigt die Touristenattraktion am Alexanderplatz scheinbar wieder die richtige Zeit an. Denn die Weltzeit kennt keine Jahreszeiten. Ihr Erfinder Erich John kann die Zeitumstellung nicht nachvollziehen.

Mit dem Beginn der Winterzeit werden die Planeten der Weltzeituhr am Alexanderplatz wieder um die Sonne tanzen. Nach einer Farbattacke der „Letzten Generation“ stand das Getriebe für die Säuberung still. Das Datum ist allerdings zufällig, umgestellt werden muss die Uhr nicht.

Vielmehr zeigt die Urania-Weltzeituhr – wie ihr Name schon verrät – die Weltzeit an. Diese kennt keine Jahreszeiten, sondern gibt stoisch und genau den globalen Universaltakt an. So kommt es, dass der Zeitanzeiger auf der Weltuhr nur vom 29. Oktober bis zum 31. März mit unseren digitalen Uhren übereinstimmt. Zur Sommerzeit geht der Stundenring, der alle 24 Zeitzonen auf der Welt durchläuft, für Berlin eine Stunde nach. Das heißt, wenn es in Berlin 13 Uhr ist, zeigt die Weltzeituhr 12 Uhr an.

1972 einigte man sich auf die Koordinierte Weltzeit (UTC) als weltweit gültige, einheitliche Zeitskala. Die UTC wird beispielsweise bei internationalen Verkehrsverbindungen mit Schiffen und Flugzeugen angewendet, um Fahrtzeiten zu erfassen. Auch auf der Internationalen Raumstation (ISS) gilt sie.

Ich stehe für die Weltzeit. Die Zeitumstellung ist überholt.

Erich John, Designer und Gestalter der Weltzeituhr am Alexanderplatz

„Ich stehe für die Weltzeit“, sagt Erich John, Designer und Gestalter der Weltzeituhr, „die Zeitumstellung ist überholt.“ Einige Länder auf der Welt – darunter auch Deutschland – haben eine Sommer- und Winterzeit eingeführt. „Da hat man sich mal was versprochen, aber das bringt gar nichts“, sagt John.

2021 hat Erich John, der Erfinder der Weltzeituhr, das Bundesverdienstkreuz am Bande verliehen bekommen.
2021 hat Erich John, der Erfinder der Weltzeituhr, das Bundesverdienstkreuz am Bande verliehen bekommen.

© dpa/Jörg Carstensen

Wollten Betriebe im Sommer früher anfangen zu arbeiten, sei dies auch ohne Zeitumstellung möglich, argumentiert der Designer. „Deshalb muss man nicht aus der Weltzeit austreten“, sagt John.

Für die Mitteleuropäische Zeit (MEZ), die in Deutschland gilt, wird im Winterhalbjahr eine Stunde zur UTC addiert, für die Mitteleuropäische Sommerzeit (MESZ) zwei Stunden. Die Idee einer Weltzeit, also einer Zeit für alle Orte der Erde, kam bereits im 20. Jahrhundert auf. 1884 wurde der Meridian durch Greenwich (UK) für die spätere Greenwich Mean Time (GMT) festgelegt. Seit 1928 wird diese Universal Time (UT) genannt.

Am 6. April 1980 stellten die damalige BRD im Westen und die DDR im Osten erstmals die Uhren eine Stunde vor – auf Sommerzeit. Das Hauptargument: eine erwartete Energieeinsparung. Doch bereits im nächsten Jahr sollten die Zeiger in der DDR wieder auf ewiger Winterzeit stehen. Denn anstatt ökonomischer Vorteile hatte das Experiment „zusätzliche Kosten“ verursacht. Schließlich zog die DDR jedoch mit, sodass seit 1980 in Deutschland die Uhren umgestellt werden.

Bis heute wird die Zeitumstellung diskutiert. Die EU-Staaten wollten die Zeitumstellung ursprünglich bis 2021 abschaffen. Weiterhin fehlt es an einem Konzept dafür. Grund für die Betriebspause der Weltzeituhr war eine Farbattacke der „Letzten Generation“ vergangene Woche. Mit einem Hochdruckreiniger konnte eine Reinigungsfirma die meiste Farbe bereits gut entfernen. Auf den Planeten sei jedoch Lackfarbe versprüht worden, sagt eine Sprecherin der Stadt. „Die Weltzeituhr ist wieder komplett sauber und soll zur Winterzeit wieder in Betrieb genommen werden“, sagt die Sprecherin. Dann zeigt sie für Berlin wieder die scheinbar richtige Zeit an.

Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version des Artikels berichteten wir, dass die DDR die Zeitumstellung 1981 zwar abschaffte, es fehlte jedoch der Zusatz, dass die Staatsführung sie noch im selben Jahr wieder einführte, um die gleiche Zeit wie ihre Nachbarstaaten beizubehalten. Wir bitten, diesen Fehler zu entschuldigen.

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