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Neonazi-Demonstration in Dresden im Februar 2005: Geschichtsrevisionismus und Holocaustverharmlosung.

© imago images / Stefan Trappe

Update

„Bombenterror gegen Dresden“: Rechtsextremisten planten Geheimtreffen in Berlin-Reinickendorf

Neonazis planten einen konspirativen, geschichtsrevisionistischen Vortrag in Tegel. Der ursprüngliche Veranstaltungsort sagte das Treffen nun offenbar ab.

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Eine für Freitagabend geplante Veranstaltung von Rechtsextremisten und Neonazis im Berliner Bezirk Reinickendorf wurde offenbar von der Lokalität abgesagt. Ursprünglich wollte sich die rechtsextreme Szene in einer Gaststätte nahe des S-Bahnhof Tegel treffen, um in geschichtsrevisionistischer Weise an die Bombardierung Dresdens im Februar 1945 zu erinnern. Das geht aus einer geheimen Einladung hervor, die dem Tagesspiegel vorliegt.

Urheber der Einladung ist das sogenannte Hoffmann-von-Fallersleben Bildungswerk, das sich eigentlich im Jahr 2006 als eingetragener Verein aufgelöst hatte. Umso überraschender ist das plötzliche Auftreten der Organisation, das vermuten lässt, dass der Verein seit Jahren im Geheimen weiterbestand. Laut einem Sprecher der Senatsinnenverwaltung hat das Bildungswerk in der Vergangenheit in „unregelmäßigen Abständen“ weiter Veranstaltungen durchgeführt, zur „Wiederbelebung der aufgelösten Vereinsstrukturen“ lägen aktuell jedoch keine Erkenntnisse vor.

Gegründet wurde das als Bildungswerk getarnte Projekt bereits im Jahr 1990 und fungierte von Beginn an als Vernetzungsort für Rechtsextremisten. Zu den Mitgliedern zählten führende Köpfe der Berliner Neonazi-Szene. Im Jahresbericht des Berliner Verfassungsschutzes wurde der Verein regelmäßig erwähnt. Dieser definierte das Gebilde als „Tarnorganisation“ für Rechtsextremisten und Nationalsozialisten. Schon damals wurden hauptsächlich Vortragsveranstaltungen durchgeführt.

Nachgewiesene Mitglieder waren unter anderem Frank Schwerdt, späterer NPD-Vorsitzender Thüringens mit Kontakten ins NSU-Umfeld, und Matthias Bath, der zwischenzeitlich bei dem Bezirksverband der Reinickendorfer AfD aktiv war. Auch der heutige Berliner Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Bodo Pfalzgraf, war vorübergehend Mitglied im Bildungswerk. In der „taz“ bezeichnete Pfalzgraf im Jahr 2020 seine Mitgliedschaft in dem Verein „aus heutiger Sicht als einen Fehler“.

NPD-Politiker soll Referat halten

Am Freitagabend war ein Referat des NPD-Politikers Frank Rohleder in einem Restaurant am Tegeler Buddeplatz zum „Bombenterror gegen Dresden 1945“ geplant. Rohleder saß 2004 für die Rechtsextremisten im Kreistag von Meißen, auch heute ist er noch in der extrem rechten Splitterpartei aktiv. Rohleder kenne viele Zeitzeugen und wisse um die Hintergründe, warum „von offizieller Seite die Wahrheit um das historische Geschehen und das Ausmaß des Verbrechens bis heute verschwiegen wird“, heißt es in der Ankündigung.

In der geheimen Einladung ist außerdem zu lesen, dass der Veranstaltungsort vom Buddeplatz vor dem S-Bahnhof Tegel schnell zu erreichen sei. Nach Tagesspiegel-Informationen handelte es sich bei dem ursprünglich geplanten Veranstaltungsort um das Lokal „Zum Kegel“, wo in der Vergangenheit bereits einige Treffen der rechten Szene stattfanden. Während ein Mitarbeiter des Restaurants die Reservierung der Neonazis zunächst am Telefon dementierte, sagte der Wirt die Veranstaltung offenbar wenige Stunden später ab und gab an, nichts über die Hintergründe der rechten Organisation gewusst zu haben. Die Berliner Polizei bestätigte die Absage seitens des Lokals.

Bündnis ruft zu Gegenprotest auf

Unklar bleibt, ob alle eingeladenen Teilnehmer des konspirativen Treffens über die Absage bereits informiert wurden und ob das rechtsextreme „Bildungswerk“ sich nun nach einem neuen Veranstaltungsort umschaut. Das Reinickendorfer „Bündnis für Solidarität und gegen rechte Unterwanderung“ ruft trotz der Absage durch die Gaststätte für 18.15 Uhr zu einem Gegenprotest am Buddeplatz auf.

Der 13. Februar gilt als der wichtigste Termin in der bundesweiten Neonaziszene. Jahr für Jahr marschieren an diesem Datum Hunderte Rechtsextremisten in Dresden auf, um die Bombardierung der sächsischen Landeshauptstadt durch Alliierte im Jahr 1945 für ihre Zwecke zu instrumentalisieren.

Historiker beziffern die Opferzahl infolge der Luftangriffe auf etwa 25.000 Menschen. Neonazis sehen darin ein Kriegsverbrechen durch Amerikaner und Briten und sprechen von einer angeblichen Opferzahl von Hunderttausenden. Immer wieder war in den vergangenen Jahren das revisionistische und Holocaust-verharmlosende Wort „Bombenholocaust“ auf Transparenten der Neonazis zu lesen. Für dieses Jahr kündigte die sächsische Polizei an, Plakate dieser Art nicht zulassen zu wollen.

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