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Kaffeehaus am Stuttgarter Platz

© Cay Dobberke

Ein „Millionengrab“ in der Berliner City West: Das geschlossene Kaffeehaus am Stuttgarter Platz

Durch die Coronakrise war das Café mit 400 Plätzen in einen finanziellen Engpass geraten. Weil es keine Hilfsgelder bekam, musste der Standort schließen. Noch gibt es keinen Nachmieter.

Als „Millionengrab“ bezeichnet der Chef der Berliner Kaffeerösterei, Andreas Giest, die ehemalige Charlottenburger Filiale seines Unternehmens am Stuttgarter Platz.

Drei Jahre nach der Eröffnung musste Giest das Kaffeehaus, das rund 400 Plätze im Inneren und im Garten bot, bereits im Dezember 2022 schließen. Einen Nachmieter gibt es offensichtlich noch immer nicht.

Café war in finanziellen Engpass geraten

Das Problem sei nicht ein mangelnder Zuspruch der Kundschaft gewesen, sagte Giest jetzt im Gespräch mit dem Tagesspiegel. Vielmehr sei die ganze Firma während der Coronavirus-Pandemie in einen finanziellen Engpass geraten – auch weil die Investitionsbank Berlin (IBB) keine finanzielle Corona-Hilfe des Bundes und des Landes gewährte.

In der Folge sei es auf Druck mehrerer Banken, die Kreditgeber der Berliner Kaffeerösterei sind, zur Aufgabe des bis dahin unrentablen Standorts am Stuttgarter Platz gekommen. Giest zeigt Verständnis für die Haltung der Geldinstitute, bedauert den Zeitpunkt der Schließung aber, weil der Umsatz der Filiale im Sommer 2022 erstmals „knapp an der Profitabilitätsgrenze“ gelegen habe. Innerhalb eines weiteren Jahres wäre die Gewinnzone wahrscheinlich erreicht worden, glaubt er.

50.000
Euro betrugen allein die Betriebskosten monatlich

Die Kosten waren allerdings hoch. Allein die Miete und die Betriebskosten für das Gebäude summierten sich laut Giest auf monatlich etwa 50.000 Euro – zuzüglich der Löhne für das Personal und anderer Ausgaben.

Die Coronakrise erwies sich als dramatisches Problem

Andreas Giest, Chef der Kaffeerösterei

Die Coronakrise erwies sich für Giest als „dramatisches Problem“. Während der Lockdowns musste sein Familienbetrieb alle Filialen schließen, und in der übrigen Zeit war lange eine Reduzierung der Sitzplatzzahl vorgeschrieben. Wäre das Kaffeehaus am Stuttgarter Platz eine eigene Firma gewesen, hätte es laut Giest staatliche Corona-Hilfe erhalten können. Eine der Voraussetzungen – nämlich ein 30-prozentiger Umsatzrückgang – sei dort erfüllt gewesen.

Die Berliner Kaffeerösterei ist aber eine Unternehmensgruppe. Und deren gesamter Umsatz sank nicht um 30 Prozent, weshalb die IBB einen Antrag auf Hilfsgelder ablehnte. In gewisser Weise wurde der Familienbetrieb dabei ein Opfer des eigenen Erfolges. Denn Giest und seinem Team war es gelungen, einen Teil der Verluste in der Gastronomie durch erhöhte Lieferungen an Supermarktketten und mehr Verkäufe im eigenen Online-Shop zu kompensieren.

Später bemühte sich Giest um Mittel aus der Härtefallhilfe. Der Bund und die Länder bezeichneten diese im Jahr 2022 als „zusätzliches Angebot“ für Unternehmen, die in der Coronakrise eine „erhebliche finanzielle Härte erlitten“ hatten, aber wegen „spezieller Fallkonstellationen“ zuvor nicht in Hilfsprogrammen berücksichtigt wurden.

Sein Problem sei kein Einzelfall

Auch einen entsprechenden Antrag der Berliner Kaffeerösterei wies die IBB zurück. Nach Giests Kenntnis lag dies nicht unbedingt nur an der Bank selbst. Er vermutet eher, dass sich das Land Berlin den 50-prozentigen Anteil ersparen wollte, mit dem es die Bundesmittel im Härtefallfonds hätte aufstocken müssen. Inzwischen hat Giest die IBB verklagt, um doch noch eine Auszahlung zu erreichen, und einen Gesamtschaden von vier Millionen Euro geltend gemacht. Das Gerichtsverfahren soll im kommenden November beginnen.

Bei seinem Problem handele es sich um keinen Einzelfall, betont Giest. Auch einige andere Berliner Unternehmen seien mit Anträgen auf Härtefallhilfe gescheitert.

Geschäftsführer Andreas Giest am Ursprungsort der „Berliner Kaffeerösterei“ in der Uhlandstraße. 
Geschäftsführer Andreas Giest am Ursprungsort der „Berliner Kaffeerösterei“ in der Uhlandstraße. 

© promo

Die Firmengeschichte der Berliner Kaffeerösterei begann 1999, als Andreas Giest und sein Vater das Stammhaus an der Uhlandstraße in Wilmersdorf gründeten.

Außerdem betreibt das Unternehmen eine Filiale in der Behrenstraße in Mitte. Hinzu kommen mehrere Franchise-Betriebe. In Moabit gibt es seit 2017 eine Produktionsstätte für die eigenen Kaffee- und Teesorten sowie Kuchen, Schokolade, Kekse und anderes. Insgesamt arbeiten fast 150 Beschäftigte in dem Familienbetrieb. Nach der Pandemie sei man wieder im Aufschwung, sagt Giest.

Fraglich bleibt die Zukunft des leeren Cafés am Stuttgarter Platz. Das Gebäude gehört einer Berliner Immobilienfirma. In deren Namen teilte eine Projektentwicklungsgesellschaft mit, man verhandele mit „diversen Mietinteressenten“.

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