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Ein Baugerüst steht an einem Rohbau für Neubau-Wohnungen in Schöneberg. Als Mittel gegen Wohnungsknappheit und steigende Mieten in Berlin schlägt die FDP eine neue Genehmigungspraxis vor.

© dpa/Bernd von Jutrczenka

Beten allein nützt nichts!: Leichte Mieterhöhungen sind in Berlin auch für kommunale Mieter unvermeidlich

Die Landeseigenen Wohnungsunternehmen sind dem Markt unterworfen wie alle anderen. Wenn sie bauen sollen, müssen auch sozial-verträgliche Mieterhöhungen möglich sein.

Ein Kommentar von Julius Betschka

Der einjährige Mietenstopp des Berliner Senats für rund 700.000 kommunale Mieterinnen und Mieter in der Stadt ist richtig. Er hat im vergangenen Jahr in einer höchst unsicheren Lage, bei galoppierenden Preissteigerungen in fast allen anderen Lebensbereichen, vielen Ängste genommen. Genauso richtig ist es nun aber, die Mieten ab dem kommenden Jahr wieder leicht anheben zu können. Das ist finanziell, aber auch juristisch geboten.

Die sechs landeseigenen Wohnungsunternehmen (LWU) stehen unter einem immensen Druck: Jedes Jahr sollen sie möglichst sozial- und klimaverträglich bauen bei gleichzeitig immer höheren Bau- und Bodenpreisen. Wie schwer das in der derzeitigen Marktlage fällt, zeigen die aktuellen Bauzahlen: 1000 Wohnungen weniger wurden fertig als vom Senat vorgegeben - und schon jetzt ist klar, dass die Zahlen künftig eher schlechter als besser ausfallen dürften.

Die Landeseigenen Unternehmen sind überlastet mit Aufgaben

Andererseits sollen die LWU möglichst günstig vermieten und tun das auch: Bei Neuvermietungen verlangten sie 2021 im Schnitt nur 7,25 Euro pro Quadratmeter, während der Durchschnitt bei 10,55 Euro lag. Dass die LWU in einer Ausnahmesituation wie in der Energiekrise dieses Niveau einfrieren können, ist ein großer Vorteil an der Kontrolle über Teile des Wohnungsmarktes. Doch man kann ein einzelnes Segment nicht aus den Mechanismen des Gesamtmarktes lösen und dann beten, dass das irgendwie schon gut gehen wird.

Auch SPD, Grüne und Linke hatten deshalb besprochen, dass der komplette Mietenstopp nur ein Nothilfe-Instrument sein kann und nicht auf Dauer angelegt sein wird. Das wäre juristisch wohl auch ähnlich heikel geworden wie der gescheiterte Mietendeckel: Die Abertausenden eingefrorenen Mieten würden wohl (mal wieder) die Rechtmäßigkeit des Mietendeckels infrage stellen.

Die starken kommunalen Wohnungsunternehmen sind für Berlin ein Schatz, können die Stadt näher zum Ziel eines sozialen Mietmarktes wie in Wien bringen. Dafür muss man sie aber gut behüten. Wie viel Druck der Staat in einem Rechtsstaat auf den (Wohnungs-)Markt wirklich machen darf, darüber wird in Kürze die Vergesellschaftungskommission in ihrem Abschlussbericht Auskunft geben. Womöglich ist der Schatz dann weit wertvoller, als es schon jetzt scheint.

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