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Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe.

© imago images/Nicolaj Zownir

Update

Beschwerde in Karlsruhe: Union und AfD wollen komplette Wiederholung der Bundestagswahl in Berlin

Die Beschwerde richtet sich gegen die Wahlprüfung durch den Bundestag. Der hatte beschlossen, dass die Pannen-Wahl 2021 nur in einem Fünftel der Wahllokale wiederholt werden muss.

| Update:

Wegen der vielen Pannen bei der Bundestagswahl 2021 in Berlin wollen die Fraktionen von AfD und Union nun jeweils Wahlprüfungsbeschwerde in Karlsruhe einlegen. AfD-Fraktionsjustiziar Stephan Brandner teilte am Donnerstag mit, auch die Bundestagswahl müsse in Berlin vollständig wiederholt werden – so wie die Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus vom selben Tag.

Parallel bereitet die CDU/CSU-Fraktion eine Beschwerde vor, wie ihr Parlamentarischer Geschäftsführer Patrick Schnieder (CDU) der „Rheinischen Post“ sagte. „Wir sind überzeugt, dass das Bundesverfassungsgericht die Entscheidung des Bundestages korrigieren und schnell für Rechtsklarheit sorgen wird“, betonte Schnieder.

Brandner erklärte: „Das Urteil des Berliner Verfassungsgerichtshofs ist eine juristische Ohrfeige für die Entscheidung der Koalition, nur in einem Fünftel der Wahllokale die Berliner Bundestagswahl zu wiederholen.“

Beide Beschwerden richten sich gegen die Wahlprüfung durch den Bundestag. Dieser hatte am 10. November mit den Stimmen der Ampel-Fraktionen SPD, Grüne und FDP auf Empfehlung des Wahlprüfungsausschusses beschlossen, dass die Wahl nur teilweise wiederholt wird.

Wir sind überzeugt, dass das Bundesverfassungsgericht die Entscheidung des Bundestages korrigieren und schnell für Rechtsklarheit sorgen wird.

 Patrick Schnieder (CDU), Parlamentarischer Geschäftsführer der Unionsfraktion

Betroffen sind demnach 327 der 2256 Wahlbezirke der Hauptstadt sowie 104 der 1507 Briefwahlbezirke. Das sind die Bezirke, in denen es nachgewiesen Vorfälle gab. Die Wahl am 26. September 2021 war in vielen Berliner Wahllokalen chaotisch verlaufen.

Es gab lange Schlangen und Wartezeiten, falsche oder fehlende Stimmzettel, weswegen Wahllokale vorübergehend geschlossen werden mussten. Vielerorts blieben die Wahllokale bis weit nach 18 Uhr geöffnet, um den Wartenden noch die Stimmabgabe zu ermöglichen.

Die Wahl zum Abgeordnetenhaus muss nach einem Urteil des Berliner Verfassungsgerichtshofs vom 16. November ganz wiederholt werden. Beim Bundesverfassungsgericht sind bereits fünf Wahlprüfungsbeschwerden wegen der Entscheidung zur Bundestagswahl erfasst, wie ein Sprecher sagte. Die Frist dafür läuft zwei Monate, also bis 10. Januar.

Es könnten noch weitere Beschwerden eingehen

Beschwerde einlegen können unter anderem auch betroffene Wahlberechtigte, deren Einspruch vom Bundestag verworfen wurde. Diesmal hatte es insgesamt 2172 Einsprüche gegeben – so viele wie nie zuvor. Die Empfehlung des Wahlprüfungsausschusses umfasste zunächst 1713 dieser Einsprüche. Es ist also gut möglich, dass bis Januar noch etliche Beschwerden in Karlsruhe eingehen.

Danach dürfte mit einem recht schnellen Verfahren zu rechnen sein. Auch gegen das Urteil zur Berlin-Wahl kann in Karlsruhe geklagt werden. Hierfür ist nur ein Monat Zeit. Zu diesem Komplex sind nach Auskunft des Sprechers bisher keine Beschwerden eingegangen.

Unterdessen ist der der frühere Abgeordnete Marcel Luthe (parteilos) damit gescheitert, vor dem Landesverfassungsgerichtshof durchzusetzen, dass das Berliner Abgeordnetenhaus in seiner jetzigen Zusammensetzung nicht mehr zusammentreten darf. Das gab Luthe am Mittwochabend auf Twitter bekannt. Eine Sprecherin des Landesverfassungsgerichts konnte das zunächst nicht bestätigen.

Zweifel am gewählten Abgeordnetenhaus

Luthe kündigte bereits an, sich im nächsten Schritt an das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe wenden zu wollen. „Artikel 28 des Grundgesetzes sagt, es muss in jedem Bundesland eine gewählte Volksvertretung geben“, sagte Luthe der Nachrichtenagentur dpa. „Der Verfassungsgerichtshof sagt, die die da sitzen sind nicht gewählt, sagt aber gleichzeitig, das soll die Volksvertretung sein. Das geht nicht.“ Er wolle das in Karlsruhe klären lassen.

Der Ex-Abgeordnete hatte in seinem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung argumentiert, das jetzige Abgeordnetenhaus sei nicht auf demokratische und legale Weise gewählt und gefordert, das Parlament müsse in der Zusammensetzung der letzten Legislaturperiode von 2016 bis 2021 wieder zusammentreten. Er gehörte dem Abgeordnetenhaus von 2016 bis 2021 an, zunächst als Mitglied der FDP-Fraktion, später als parteiloser Abgeordneter.

Luthe zählte auch zu denjenigen, die vor dem Verfassungsgerichtshof Einspruch gegen die Wahl 2021 erhoben hatten. Luthe veröffentlichte auf Twitter den Beschluss des Landesverfassungsgerichts vom Mittwoch. Darin heißt es, der Antrag sei unbegründet. Der Antragsteller sei außerdem nicht antragsberechtigt.

Der Landesverfassungsgerichtshof hatte am 16. November entschieden, dass die Wahl zum Abgeordnetenhaus komplett wiederholt werden muss. Sie sei wegen „schwerer systemischer Mängel“ und vieler Wahlfehler ungültig. Im Urteil hieß es auch, dass das Parlament bis zur Konstituierung eines neuen Abgeordnetenhauses weiterarbeiten könne. Die Wahlwiederholung findet am 12. Februar statt. (dpa)

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