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© privat / Tagesspiegel

Zum Wechsel im Roten Rathaus: Hoch die Besen!

In unserer Kolumne „In der Lobby“ kommentiert Nils Busch-Petersen vom Handelsverband Berlin-Brandenburg den Regierungswechsel in Berlin.

Eine Kolumne von Nils Busch-Petersen

Viel Stilvolles hat unsere Heimatstadt den Regierenden Bürgermeistern nicht zu bieten. Ich sah jedenfalls weder Blumen für die zurückgetretene Regierende noch für den neu gewählten Landeschef am Donnerstag im Plenum, nicht einmal einen geworfenen Strauss.

Nach erfolgter Wahl erwartet den Regierenden Bürgermeister jedoch ein Spalier von Schornsteinfegern, die Besen in der Hand halten. Kein Gang durch gekreuzte Degen, keine florale Pracht, Besen halt. Kein Stil, aber Stiele, dit is Berlin.

Mein Schornsteinfeger ist eine ernsthafte Persönlichkeit, ich ringe mit ihm gelegentlich um Entscheidungen. In der Regel gewinnt er, das Recht im Nacken.

Mir ist nicht bekannt, ob er für das Spalier eingeteilt war, wie es einst in dem Teil unserer Stadt, in welchem ich aufwuchs, üblich war, und ob er sich vielleicht gedrückt hat, wie wir es schnell gelernt hatten. Sollte ihn die Innung aber eingeteilt haben, verbrachte er Stunden in der Warteschleife, statt meinen Kamin kritisch zu beäugen. Warum? Weil das Abgeordnetenhaus seinen Auftraggebern eine XXL-Lektion in angewandter Demokratie erteilte.

Einerseits reizten die Abgeordneten die Möglichkeiten der Verfassung hinsichtlich der Zahl der Wahlgänge mehr aus als bisher üblich.

Andererseits zeigten einige Gewählte aus der neuen Koalition, wie gerne sie schon vor Arbeitsaufnahme selbige verweigern und die Staatsräson ganz nebenbei parteipolitischer Ranküne unterordnen.

Drittens leisteten die Oppositionssprecherinnen ihren eigenen Beitrag zum Politikverdruss durch die willfährige Übernahme der Narrative vom rechten Rand des Parlaments. Mit Krokodilstränen und brüchiger Stimme verkündeten sie, der Regierende müsse nun mit dem Makel möglicher Stimmen aus dem völlig falschen Lager leben, krochen so auf den abgestandenen blauen Leim und entwerteten nebenbei eine geheime Wahl.

Diese Abwertung der Demokratie durch die unmittelbar von uns Gewählten ist inakzeptabel.

Wer kümmert sich in solchen Wartestunden eigentlich um unsere Spalierschornsteinfeger?

Unsere Kolumne „In der Lobby“ erscheint in der Regel montags, wegen des Feiertages bereits heute. Hier kommentieren Berliner Wirtschaftsvertreter das aktuelle politische Geschehen.

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