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Ein Aktivist der Klimaschutz-Gruppe Letzte Generation steht am Potsdamer Platz in Handschellen neben einem Polizeibeamten.

© dpa/Paul Zinken

Berliner Senat hielt Ergebnis zunächst geheim: Gutachten sah Spielraum für Einstufung von „Letzter Generation“ als kriminelle Gruppe

Die Frage, ob die Klimaschützer mit ihren Straßenblockaden eine kriminelle Vereinigung sind, entzweit Politiker und Juristen. Eine Prüfung des Berliner Senats verneinte das – allerdings recht knapp.

Die Klimaschutzgruppe Letzte Generation ist in Berlin bislang nicht als kriminelle Vereinigung eingestuft worden – eine entsprechende Prüfung der Senatsjustizverwaltung im Sommer fiel aber keineswegs völlig klar aus.

Die Frage lasse sich nicht „eindeutig beantworten“, hieß es in dem internen „Prüfvermerk“ der Behörde vom 11. Juli, der der Deutschen Presse-Agentur exklusiv vorliegt. Vielmehr stehe der Staatsanwaltschaft ein „originärer Beurteilungsspielraum“ zu. Allerdings hätten auch die Entscheidungen in anderen Städten wie Potsdam und München für einen entsprechenden Anfangsverdacht keine „zwingenden Auswirkungen“ auf Berlin.

Justizsenatorin Felor Badenberg (parteilos) hatte die Prüfung in ihrem Haus wegen Entscheidungen im benachbarten Brandenburg veranlasst. Dort sah das Landgericht Potsdam den Anfangsverdacht, dass es sich bei der Klimagruppe um eine kriminelle Vereinigung handeln könnte. In Berlin wurde der Anfangsverdacht von der Staatsanwaltschaft verneint und in der Senatsjustizverwaltung gab es daran durch diese Prüfung nichts zu beanstanden.

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Gutachten zunächst geheim gehalten

Die Senatsjustizverwaltung hatte das Prüfergebnis zunächst geheim gehalten. Die FDP setzte nach mehreren Anläufen mit Berufung auf das Informationsfreiheitsgesetz durch, dass sie das 30-seitige Ergebnis erhielt.

Die Juristen der Senatorin schrieben im Juli, die Frage der kriminellen Vereinigung hinge „maßgeblich davon ab, ob von den begangenen oder geplanten Straftaten der Vereinigung eine erhebliche Gefährdung der öffentlichen Sicherheit“ ausgehe. Das könne man in Berlin durchaus anders bewerten als in Bayern und Brandenburg, das sei wegen der anderen Sachverhalte „rechtlich vertretbar“.

Zugleich kritisierten die Berliner Juristen die Kollegen: „Die Entscheidung des Landgerichts Potsdam erscheint jedoch mangels erkennbare Tatbestandsprüfung und geringer Begründungstiefe nicht überzeugend.“ Die Entscheidung aus München erscheine hingegen trotz Vorbehalten vertretbar. Daher gebe es für einige Merkmale des Verdachts „konkrete Anhaltspunkte, bei anderen bestehen eher Zweifel“.

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Zielt Letzte Generation auf Straftaten oder politische Wirkung?

Klar sei, dass die „Letzte Generation“ eine „Vereinigung“ sei. „Fraglich“ sei aber, „ob die Vereinigung auf die Begehung von erheblichen Straftaten gerichtet“ sei. Hauptziel der Gruppe sei „nämlich eine radikale Änderung der deutschen Klimapolitik“, heißt es im Prüftext. Das widerspreche der Einstufung als kriminelle Vereinigung. Andererseits werde der „bewusste Rechtsbruch durch die Begehung von Straftaten (...) gezielt verwendet“.

Ob diese Straftaten aber „erheblich“ genug seien, um eine „Gefährdung der öffentlichen Sicherheit aufzuweisen“, erscheine nicht zwingend. Zwar gebe es in Berlin keine Angriffe auf Ölpipelines, anderseits hätten zahlreiche Blockaden mit Sand-Klebstoff-Gemischen und beschädigten Straßen „ein gesteigertes kriminelles Gewicht“. Trotzdem müsse man die für den Verdacht nötige Erheblichkeit der Straftaten „noch nicht“ zwingend erkennen.

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Scharfe Kritik von der FDP

Der Berliner FDP-Generalsekretär Lars Lindemann kritisierte, der Senatsverwaltung für Justiz „fehlt augenscheinlich jeder Wille, (...) die Letzte Generation als kriminelle Vereinigung einzustufen und damit effektiver gegen kriminelle Machenschaften vorzugehen“.

Der Prüfvermerk zeige, dass es durchaus möglich wäre, zu einem anderen Ergebnis zu gelangen und entsprechende Anklagen durch die Staatsanwaltschaft zu erheben. Dann könnten Richter entscheiden.

Mit seiner Haltung lade der Senat die Gruppe „förmlich zu weiteren Blockaden ein“, teilte Lindemann mit. „So kann nicht einmal gerichtlich auf die Frage der möglichen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung hin geprüft werden, die Justizsenatorin weiß es ja auch ohne unabhängigen Richter schon besser.“

Die „Letzte Generation“ blockiert seit 2022 regelmäßig zahlreiche Straßen in Berlin und anderen Städten. Inzwischen gibt es Tausende Ermittlungsverfahren, zahlreiche Prozesse und eine ganze Reihe von Verurteilungen. (dpa)

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