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In Berlin startet an diesem Wochenende die Freibadsaison.

© imago/Sven Lambert

Update

Folge des Ukrainekriegs: Berliner Bäder-Betriebe reduzieren Wassertemperatur – um Gas zu sparen

Keine Zeitfenster, kein Impfcheck. Die Sommerbäder öffnen ohne Einschränkungen. Die Becken werden aber kälter, damit die Abhängigkeit von russischem Gas sinkt.

Nach zwei Jahren Pandemie freuen sich die Berliner Bäderbetriebe (BBB) auf eine Sommersaison ohne Einschränkungen. Karfreitag eröffnete bereits das Strandbad Wannsee. Am kommenden Wochenende folgen 13 weitere Bäder, darunter die Sommerbäder Olympiastadion und Kreuzberg, das Kombibad Spandau Süd und zehn Strandbäder. Ab Juli sollen alle Bäder geöffnet sein. Wo bereits geschwommen wird, steht auf www.berlinerbaeder.de.

Keine Zeitfenster für Badegäste, kein Impfcheck am Eingang oder gesperrte Rutschen – für den Bäderbetrieb eine große Erleichterung. Dennoch habe man geschaut, was sich während der Corona-Zeit bewährt habe, sagt BBB-Chef Johannes Kleinsorg auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Sportsenatorin Iris Spranger (SPD) am Montag im Sommerbad Wilmersdorf.

Dazu zählt der Online-Ticketshop, in dem ein Ampelsystem hinterlegt wird: Springt es an heißen Tagen auf rot, ist das Bad bereits ausverkauft. Wenn weiterhin viele Gäste ihre Tickets online kaufen, könnten sich Schlangen vor Kassen verkürzen.

Eine weitere Neuerung dürfte auf wenig Gegenliebe stoßen: Wegen Russlands Angriffskrieg in der Ukraine wird in den meisten Bädern die Wassertemperatur heruntergefahren. „Wir wollen einen Beitrag leisten zur Reduktion der Abhängigkeit von russischer Erdgasversorgung“, sagt Kleinsorg. Sommerbäder, die mit fossilen Energieträgern beheizt werden, sollen um bis zu zwei Grad kälter werden. Hallenbäder werden maximal einen Grad niedriger eingestellt.

[Wie lange bleiben die Hallenbäder geöffnet? Wann öffnet das letzte Bad in Staaken-West - und bleibt es wieder nur so kurz geöffnet? Die Bädernews für Spandau lesen Sie hier im Tagesspiegel]

Die meisten Badegäste dürften die Absenkung „kaum bemerken“, meint der Bäderchef. Einen weiteren Temperaturabfall werde es in der Sommersaison aber nicht geben, verspricht Senatorin Spranger. Berlin folge hier dem Vorgehen anderer Bundesländer. Ausgenommen seien Therapiebecken und Kinderplanschen. Mit diesen Maßnahmen könnten bis zu 20 Prozent an Energieeinsparungen erreicht werden.

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Auch im Verhältnis von „Europas größtem kommunalen Badbetreiber“ und dem Senat ist eine wichtige Neuerung in Kraft getreten: Der seit etwa zwei Jahren diskutierte Bädervertrag, durch den das Land Leistungen bei den BBB einkauft – ähnlich, wie das bei den Verkehrsbetrieben der Fall ist. Während der Betrieb bislang im Zwei-Jahres-Takt pauschal finanziert wurde, bestellt Berlin nun Wasserstunden, die vertraglich erbracht werden müssen.

Ein „sehr verlässliches Angebot“

Auch bei Sanierungen dürfen diese Stunden nicht gestrichen werden, sondern müssen woanders erbracht werden. „Einen Meilenstein“ nennt das die Senatorin, der den Berliner:innen Sicherheit für Öffnungszeiten und ein „sehr verlässliches Angebot“ gebe. Für das laufende Jahr wurden 146.000 Stunden bestellt, verteilt auf alle 64 Bäder. In der zeitlichen Gewichtung soll das Schulschwimmen oberste Priorität haben.

Insgesamt hat der Senat im laufenden Jahr Leistungen für 63,7 Millionen Euro eingekauft, im kommenden Jahr sollen es 66 Millionen sein. Zum Vergleich: 2017 überwies der Senat den Bäderbetrieben pauschal 51 Millionen Euro.

Lange lief es schlecht für Berlins Bäder: Nach der Jahrtausendwende wurde „gespart, dass es quietscht“ (Klaus Wowereit). Steigende Eintrittspreise machten manche Angebote unattraktiv, elf Bäder mussten in der Folge schließen. Inzwischen sind die Landeszuschüsse wieder gestiegen, doch es hat sich ein Sanierungsstau von ungefähr 400 Millionen Euro angesammelt. Dieser soll nun sukzessive abgearbeitet werden, sagt Matthias Oloew, Sprecher der Bäderbetriebe.

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Besonders marode ist das traditionsreiche Sommerbad Wilmersdorf. Den ganzen Sommer über werden drei der Becken mit Edelstahl ausgekleidet, weil durch undichte Stellen täglich Wasser im Boden versickerte. Rund 3,8 Millionen Euro sollen die Bauarbeiten kosten. Immerhin können Badegäste ein Mehrzweckbecken und die angrenzende Liegewiese nutzen.

Am Osterwochenende platzte ein Wasserrohr im Wellenbad am Spreewaldplatz – symptomatisch für das marode Kreuzberger Bad. Durch den neuen Vertrag habe man nun die Möglichkeit, auch dieses Bad für 42 Millionen Euro zu sanieren und solche Zwischenfälle zu vermeiden.

Fast alle Hallenbäder nutzen Erdgas

Mit einer Perspektive auf zehn Jahre vermeide man Doppelhaushaltsberatungen, in denen solche Großprojekte mit umfangreichen Sanierungen bislang kaum abgebildet werden konnten, sagte Oloew. Er spricht von einer neuen Verlässlichkeit.

Kommt man durch die anstehenden Sanierungen auch weiter weg von der Erdgasnutzung? Nahezu alle Hallenbäder nutzen diesen Energieträger. Das werde aktuell geprüft, sagt Johannes Kleinsorg. Es gebe erst wenige Bäder, die allein mit Solarthermie beheizt würden, meistens heize die Kraft der Sonne nur zu. Das Sommerbad Mariendorf nutzt ausschließlich Solarthermie. Allerdings brauche es deshalb auch relativ viel Sonne – und sei daher mit einem Eröffnungstermin am 6. Juni relativ spät dran.

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