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Regierungssitz: Berlin hat Platz genug für Bonner Ministerien

Nach dem Beschluss des Haushaltsausschusses sucht der Bund nun nach Flächen für einen möglichen Komplettumzug.

Für einen möglichen Komplettumzug der in Bonn verbliebenen Bundesministerien ist Berlin gut vorbereitet. Der Bund hält in der Innenstadt mehrere leere Grundstücke für mögliche Ministeriumsneubauten vor. Hinzu kommen noch einige Altbauten.

Bislang sind in Berlin neun der 14 Ministerien mit dem ersten Dienstsitz vertreten. Der Rest hat seine Zentrale nach wie vor am Rhein – das Verteidigungsministerium sowie die Ministerien für Forschung, Landwirtschaft, Umwelt, Entwicklungshilfe und Gesundheit. Eigentlich sollten sich auch deren Minister hauptsächlich in Bonn aufhalten – tun es de facto aber nicht. Gut 9000 Beamte des Bundes arbeiten nach wie vor in Bonn, etwas weniger, und damit exakt an der Grenze des Berlin-Bonn-Gesetzes, arbeiten in Berlin. Im Gegensatz dazu hat der Bundestag den Komplettumzug vollzogen. Das Parlament hat in Bonn keine Mitarbeiter mehr.

Die wichtigsten Reserveflächen des Bundes liegen in Mitte. An der Wilhelmstraße gehören die Brachen an der Ecke Leipziger Straße (gegenüber dem Finanzministerium), an der Ecke Voßstraße sowie am Schiffbauerdamm zu den möglichen Standorten für weitere Bundesdienststellen. Darüber hinaus gibt es am Kapelle-Ufer, in Sichtweite des Hauptbahnhofs, weitere Flächen, die derzeit der Bundespressestrand nutzt. Das Kapelle-Ufer ist als neuer Standort für das Forschungsministerium im Gespräch. Dort soll bis 2014 ein Neubau entstehen – groß genug, um das ganze Ministerium, inklusive der noch in Bonn verbliebenen Teile, zusammenzufassen.

Nach diesem Muster ist der Bund auch schon beim geplanten Neubau für das Bundesinnenministerium verfahren. Der Neubau hinter dem Kanzleramt wird so groß ausfallen, dass auch die Bonner Dienststellen dort einziehen könnten. Für den Fall jedoch, dass das Berlin-Bonn-Gesetz weiter bestehen bleiben sollte, werden zunächst dem Innenministerium unterstellte Behörden, die in Berlin vertreten sind, in das Gebäude einziehen. Kippt das Gesetz komplett, ist im Neubau genügend Platz für alle Mitarbeiter des Hauses von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU).

Innerhalb der Ministerien hat sich die Einstellung gegenüber einem Komplett umzug nach Berlin langsam gewandelt. „Die Musik spielt in Berlin“, sagte ein Abteilungsleiter dem Tagesspiegel. Bei der Planung der Dienstsitze in Berlin seien die Ministerialen in den 90er Jahren noch davon ausgegangen, dass der Schwerpunkt der Bundesregierung weiterhin in Bonn bleibe und sich nur zu den Sitzungswochen des Bundestages in Berlin einfinde. In der Praxis des Regierungsbetriebes hat sich dieses Modell jedoch nie bewährt.

Auch der Haushaltsausschuss des Bundestages weiß das. Künftig sollen nur noch die für die Arbeit unbedingt nötigen Mitarbeiter der Ministerien eingeflogen werden, um Reisekosten zu drücken. Derzeit kommt es vor, dass ganze Abordnungen aus Bonn zu den Ausschusssitzungen in Berlin antreten und unverrichteter Dinge wieder zurückreisen, weil der Tagesordnungspunkt verlegt wurde. Die gleiche Abordnung reist dann zur nächsten Sitzung wieder an. „Diesen Reisezirkus kann man niemandem mehr erklären“, sagt die Bundestagsabgeordnete Gesine Lötzsch (Linkspartei).

Wie hoch die Kosten des doppelten Regierungssitzes letztendlich sind, kann derzeit niemand exakt beziffern. Nach Angaben des Bundesfinanzministeriums beläuft sich der Mehraufwand für die doppelten Dienstsitze, die Hin- und Herreiserei von Ministeriumsmitarbeitern zwischen Bonn und Berlin auf 8,8 Millionen Euro pro Jahr. Andere Schätzungen greifen wesentlich höher, genannt werden 50 Millionen Euro. Der Bund der Steuerzahler glaubt, dass insgesamt 23 Millionen Euro aus Steuergeldern dafür ausgegeben werden. Dem gegenüber stehen die Kosten für einen möglichen Komplett umzug, die zwar noch nicht ermittelt, aber von den Gegnern eines Komplettumzuges mit fünf Milliarden Euro angegeben werden. Für dieses Geld könnten die Beamten noch 100 Jahre pendeln.

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