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Erfahrene Managerin.  Andrea Grebe ist die neue Vorstandsvorsitzende der Bürgerstiftung Berlin.

© Bürgerstiftung Berlin/Jule Halsinger

25 Jahre Bürgerstiftung Berlin: Wie starke Frauen das soziale Engagement in der Stadt stärken

Für Andrea Grebe ist das zehnte „Art Dinner“ am Freitag das erste in ihrer Amtszeit als Vorstandsvorsitzende der Bürgerstiftung. Es geht um große Kunst und kleine Beiträge.

Dass Tomaten nicht in der Plastikverpackung im Supermarkt wachsen, sondern eigentlich an Sträuchern in der Natur (oder auf dem Balkon), wissen manche Kinder nicht. Genauso wenig, dass es für ihre Gesundheit besser wäre, öfter mal so eine selbst gezüchtete Tomate zu naschen statt industriellem Süßkram.

„Gesundheit ist auch eine Frage der Bildung“, sagt Andrea Grebe, neue Vorstandsvorsitzende der gemeinnützigen Berliner Bürgerstiftung, beim veganen Mittagessen mit ihrer Vorgängerin Vera Gäde-Butzlaff. Die Bürgerstiftung setzt sich mit vielen Projekten dafür ein, Berliner Kinder und Jugendliche zu fördern – zum Beispiel mit der „Tomatenparade“, bei der Saatgut und Jungpflanzen zum Tomaten-Eigenanbau an Schulen, Flüchtlingsheime oder andere öffentliche Einrichtungen verteilt werden.

Grebe, die früher als Vivantes-Chefin Deutschlands größten kommunalen Klinik-Konzern mit neun Kliniken und 17 Pflegeheimen geleitet hat, weiß, wie sehr der Erfolg einer Institution auch von gestandenen Persönlichkeiten und erfahrenen Führungskräften abhängt. An der Spitze der Bürgerstiftung ist sie immerhin schon die dritte Frau in Folge mit großer Führungserfahrung.

Als die erfahrene Managerin Vera Gäde-Butzlaff das Amt 2018 von Heike von Joest übernahm, war sie froh, in der Geschäftsstelle bereits auf professionelle Strukturen zurückgreifen zu können, die es weiter auszubauen galt. Am bekanntesten ist das Projekt „Leselust“, in dessen Rahmen Ehrenamtliche Schulen besuchen, um dort vorzulesen. Die Projekte, die es ihr sonst noch besonders angetan haben, fliegen ihr nur so über die Lippen.

Die „Zauberhafte Physik“ natürlich, weil sie dachte, dass sie selbst viel besser in dem einst ungeliebten Schulfach hätte sein können, wenn sie es so beigebracht bekommen hätte. Aber auch die „Berlin-Rallye“ zur Verkehrserziehung und das „Bilderbuchkino“ für die Kleinsten faszinierten sie.

Vera Gäde-Butzlaff stand von 2018 bis 2021 an der Spitze der Bürgerstiftung.
Vera Gäde-Butzlaff stand von 2018 bis 2021 an der Spitze der Bürgerstiftung.

© Bürgerstiftung Berlin/Andreas Amann

Andrea Grebe hält sich etwas bedeckter, was ihre Favoriten betrifft, bezeichnet sich selbst aber als „große Tierfreundin“. Ob Tierschutz eine größere Rolle spielen wird in ihrer Amtszeit, weiß sie noch nicht. Fest steht aber, dass sie selbst auch mal ehrenamtlich unterwegs sein will in Seniorenheimen, um dort alten Menschen vorzulesen. Dieses noch vergleichsweise junge Einsatzfeld der Stiftung hat unter der Pandemie besonders gelitten, wird aber jetzt schrittweise wieder aufgebaut.

Als Top-Managerin hätte Grebe keine Zeit gehabt für umfangreiche ehrenamtlichen Einsätze. Unter anderem sitzt sie noch im Aufsichtsrat des Tierparks und im Präsidium des Vereins Berliner Kaufleute und Industrieller.

Einen Anstoß, sich von dem anspruchsvollen Job zu trennen, gab die Demenz der Mutter, die vor vier Jahren begann. „Wir wollten sie zu Hause in Nord-Hessen pflegen“, sagt Grebe. Nach dem Tod der Mutter im letzten Sommer habe sie beschlossen, nicht in den Beruf zurückzukehren, sondern sich auf bürgerschaftliches Engagement zu konzentrieren. Das Wir-Gefühl der Gesellschaft sei ihr wichtig. „Es entsteht, wenn Bürger sich für Bürger einsetzen“, sagt sie.

Natürlich kann sie ihr umfangreiches Knowhow auch in die Finanzen einbringen, die sie weiter voranbringen will. Neben Testamentsverfügungen, zu denen auch Immobilien zählen können und Zustiftungen, will Andrea Grebe noch einen weiteren Zugang fördern, um die Arbeit der Bürgerstiftung auf soliden Finanzen weiter auszubauen: Crowdfunding. Ein Dauerauftrag in Höhe von fünf oder zehn Euro, die der Bürgerstiftung zugutekommen, tue vielen nicht weh, denkt sie. „Aber in der Summe bewirken sie viel. Jede Reise beginnt mit dem ersten Schritt.“ 

Projekt will Demokratieverständnis fördern

Sowohl ihr als auch der Vorgängerin liegt die Arbeit der Geschäftsstelle sehr am Herzen. Die loben beide in den höchsten Tönen. Wenn jemand vorlesen will oder eine andere Idee für ein Engagement hat, ist das die erste Anlaufstelle, egal ob persönlich, telefonisch oder online.

10.000
Kinder erreicht die Bürgerstiftung mit ihren Projekten.

Die Mitarbeiter organisieren auch Dankeschön-Events und begleiten die Ehrenamtlichen in vielerlei Hinsicht. Für Andrea Grebe ist außerdem die Pflege der Sponsoren wichtig, darunter Unternehmen, die in dem Zusammenhang auch gesehen werden wollen. 

Gegründet wurde die Stiftung im Jahr 1999. Mit einem kleinen Freundeskreis brachte der Jurist Christian von Hammerstein die ersten 100.000 Euro zusammen. Das erste Projekt galt Schulverweigerern in Hellersdorf. Heute erreicht die Bürgerstiftung mit mehr als 500 Ehrenamtlichen rund 10.000 Kinder.

Kinder, die Unterstützung brauchen, kommen aber nicht immer aus bildungsfernen Milieus. Vernachlässigung komme, sagt Grebe, nach ihrer Beobachtung in allen Schichten vor. Und Einsamkeit betreffe alle Altersgruppen. Dagegen weiß sie einen Rat, der fast ärztlich klingt: Ehrenämter bringen auch soziale Kontakte mit sich.

Es gibt aber nicht nur Herausforderungen, sondern auch Gründe zum Feiern. In diesem Jahr wird die Bürgerstiftung Berlin 25 Jahre alt. Und am Freitag findet bereits zum zehnten Mal das „Art Dinner“ statt, bei dem geladene Gäste Kunstwerke zugunsten der Bürgerstiftung ersteigern können.

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