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Homepage: Schellnhuber wird Regierungsberater

Potsdamer Klimaforscher von Bundeskanzlerin Merkel zum Berater für Klimaschutz ernannt

Der Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK), Professor Hans Joachim Schellnhuber, ist am Freitag zum Berater der Bundesregierung für den Klimaschutz ernannt worden. Er wird die Aufgabe zusammen mit dem Vorstandsvorsitzender des Energiekonzerns Vattenfall, Lars G. Josefsson, wahrnehmen. Schellnhuber erinnerte zu seiner Berufung zum Regierungs-Berater daran, dass die derzeitigen Bemühungen um den Klimaschutz bei weitem nicht ausreichten, um die Erwärmung der Erde auf ein erträgliches Maß zu begrenzen.

Schellnhuber unterstrich wiederholt den akuten internationalen Handlungsbedarf. Es müsse verhindert werden, dass die Durchschnittstemperatur auf einen Wert steige, der zwei Grad höher als zu Beginn des Industriezeitalters liege. Bis 2050 müsse der Kohlendioxidausstoß halbiert werden. Schon im kommenden Jahr müssten die Weichen für ein neues Kyoto-Protokoll gestellt werden, das 2012 ausläuft. Wenn das nicht gelänge, werde man den Klima-Wandel nicht in einem verträglichen Rahmen halten können. Auch der britische Regierungsberater Sir Nicholas Stern hatte kürzlich ein energisches Vorgehen gegen den Klimawandel gefordert, um ein dramatisches Schrumpfen der Weltwirtschaft zu verhindern. Durch den Klimawandel drohe der internationalen Wirtschaft ein auch sozial folgenschwerer Rückgang um rund 20 Prozent, hieß es in einer Studie an der auch PIK-Forscher beteiligt waren.

Der derzeitige Streit zwischen der EU und Deutschland um die zusätzliche Reduzierung der Emissionen um sieben bis acht Millionen Tonnen pro Jahr betrifft nach den Worten von Schellnhuber „nur Details“. Ziel sei es, die Emissionen des Klimagases Kohlendioxid weltweit bis zur Mitte des Jahrhunderts um 50 Prozent zu vermindern. „Alles andere hieße nur, die Liegestühle auf dem Deck der ,Titanic“ neu zu arrangieren“, sagte Schellnhuber im Gespräch mit Bundeskanzlerin Merkel. Der Menschheit bleiben laut Schellnhuber noch höchstens 15 Jahre, um die Folgen des Klimawandels zu begrenzen.

Dass Lars G. Josefsson von Vattenfall zusammen mit dem Potsdamer Forscher berufen wurde, stieß bei Umweltschützern schnell auf Kritik. Die „Rheinische Post“ quittierte das Tandem der beiden Spitzenleute allerdings als List der ehemaligen Umweltministerin Merkel: „Wirksamer Klimaschutz wird nur gelingen, wenn die Wirtschaft davon überzeugt ist, dass sie von CO2-Minderung, also von Energie-Einsparung, profitiert.“

Der 56-jährige Schellnhuber ist in der Klimaforschung international seit Jahren eine Koryphäe. Die britische Königin Elizabeth II. zeichnete ihn bei ihrem Deutschlandbesuch 2004 als „Commander of the Empire“ aus. Damit würdigte die Queen Schellnhubers wissenschaftliche Verdienste und seinen Beitrag zur britisch-deutschen Zusammenarbeit: Parallel zu seiner Arbeit in Potsdam war Schellnhuber von 2002 bis 2005 Direktor im Klimaforschungsinstitut im britischen Norwich. Schellnhuber ist bereits seit 1992 Berater im „Wissenschaftlichen Beirat der Bundesregierung für Globale Umweltveränderungen“ (WBGU) .

Der im bayerischen Ortenburg geborene Schellnhuber studierte in Regensburg Physik und Mathematik, seine Promotion legte er in Theoretischer Physik ab. Mitte der 80er Jahre habilitierte er sich und beteiligte sich an mehreren internationalen Forschungsprojekten. Im kalifornischen Santa Barbara kam Schellnhuber dabei in Kontakt mit der Chaos-Theorie, die das Zusammenwirken komplexer Systeme untersucht. Wer komplexe Systeme verstehen wolle, komme zwangsläufig zum Klima, sagt Schellnhuber: „Weil es eben eines der kompliziertesten und überraschendsten Systeme überhaupt ist.“

Seine Arbeit betrachtet der Forscher nüchtern: „Ich bin kein Gutmensch. Ich hatte nie etwas mit Ökologie zu tun.“ Die Ergebnisse des vor rund zwei Wochen beendeten Weltklimagipfels in Nairobi bewertete er enttäuscht als „Fortschrittchen“, von den Industriestaaten fordert er „aggressive Programme“ zur Umstellung der Energiesysteme. Schellnhubers Credo: „Wir müssen das Unbeherrschbare vermeiden und das Unvermeidbare beherrschen.“ Kix/dpa/ddp

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