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Die ESA hat die Sonde "Lisa Pathfinder" ins All geschickt.

© dpa/ESA/D. Ducros

POTSDAMER SATELLITENMISSION IM ALL: ESA-Satellit "Lisa Pathfinder" vom Raumflughafen Kourou gestartet

Mission des Potsdamer Max-Planck-Instituts für Gravitationsphysik soll den Nachweis von Einsteins Gravitationswellen einleiten

Hundert Jahre nach Albert Einsteins Allgemeiner Relativitätstheorie hat die europäische Raumfahrtagentur ESA einen Satelliten ins All geschickt, der den Nachweis der von Einstein vorausgesagten Gravitationswellen vorbereiten soll. Mit einem Tag Verspätung startete der Forschungssatellit "Lisa Pathfinder" am Donnerstag um 05.04 Uhr mitteleuropäischer Zeit an Bord einer Vega-Trägerrakete von Europas Raumflughafen Kourou in Französisch-Guayana, wie die ESA in Paris mitteilte.

"Lisa Pathfinder" ist gleichsam das Vorprojekt eines geplanten europäischen Weltraumobservatoriums, das vom Jahr 2034 an Gravitationswellen aufspüren soll. Denn ein direkter Nachweis dieser winzigen Wellen ist den Wissenschaftlern trotz intensiver Forschungsarbeit bislang nicht gelungen. Gravitationswellen sind Verzerrungen der Raumzeit und entstehen laut Einsteins allgemein akzeptierter Theorie bei besonders energiereichen Ereignissen im Universum - beispielsweise bei heftigen Sternexplosionen oder durch Schwarze Löcher, die ineinander stürzen.

Allerdings würden laut ESA Gravitationswellen, die zum Beispiel von zwei einander umkreisenden Schwarzen Löchern erzeugt werden, auf einem Lineal von einer Million Kilometer Länge nicht einmal die Größe eines Atoms übersteigen. Mit "Lisa Pathfinder" soll nun die hochkomplexe Technologie getestet werden, die zur weltraumgestützten Erfassung von Gravitationswellen erforderlich ist. Herzstück der Mission sind zwei identische, jeweils 46 Millimeter breite Würfel aus einer Gold-Platin-Legierung, die in dem Satelliten schweben.

Die Würfel dienen als Testmasse und sind 38 Zentimeter voneinander entfernt. Mit "Lisa Pathfinder" sollen diese Würfel in einen freien Fall versetzt und ihre jeweiligen Positionen zueinander mit unglaublicher Präzision überwacht werden - als Grundlage für künftige Weltraumobservatorien, die Gravitationswellen aufspüren sollen.

Indirekt nachgewiesen sind die Gravitationswellen bereits. "Ein direkter Nachweis könnte schon in den nächsten Monaten gelingen, und das wäre dann zunächst einmal eine Meisterleistung unserer experimentellen Kollegen", sagt der Direktor des   Max-Planck-Instituts für Gravitationsphysik/Albert-Einstein-Institut (AEI) in Potsdam, Hermann Nicolai. Bedeutend wäre der Nachweis vor allem, weil die Detektion von Gravitationswellen ein neues Zeitalter der Physik einläuten würde: "Das Zeitalter der Gravitationswellenastronomie, damit könnten wir dann bis zum Anfang des Universums zurückschauen – und so vielleicht neue Einsichten gewinnen, wie die Physik im ganz Großen mit der im ganz Kleinen zusammenhängt", so Nicolai.

"Die Grundlagenforschung dient dem besseren Verständnis der Welt, in der wir leben", erklärte ESA-Generaldirektor Johann-Dietrich Wörner zum Start des Forschungssatelliten. "Die theoretischen Erkenntnisse Einsteins sind auch heute noch äußerst beeindruckend." Der ESA-Direktor für Wissenschaft und robotische Exploration, Alvaro Gimenez-Canete, bezeichnete die Gravitationswellen als "die nächste große Herausforderung für Astronomen". Mit der Überprüfung von Einsteins Vorhersagen "eröffnet sich uns ein völlig neues Beobachtungsfenster zum Weltraum".

"Lisa Pathfinder" soll nun einen Punkt im All ansteuern, der rund eineinhalb Millionen Kilometer von der Erde entfernt ist und an dem sich die Anziehungskräfte zwischen Erde und Sonne aufheben. Diesen sogenannten Lagrange-Punkt L1 wird der Forschungssatellit Mitte Februar erreichen. Nach letzten Funktionstests soll dann Anfang März die sechsmonatige wissenschaftliche Mission beginnen.

Neben der ESA sind nach Angaben des Deutschen Raumfahrtzentrums DLR an "Lisa Pathfinder" Forschungseinrichtungen und Industriefirmen aus Italien, Deutschland, Großbritannien, Spanien, der Schweiz, Frankreich und den Niederlanden beteiligt. Der deutsche Beitrag wird maßgeblich von der Hannoveraner Zweigstelle des  Max-Planck-Instituts für Gravitationsphysik/Albert-Einstein-Institut (AEI) in Potsdam geleistet und von der Max-Planck-Gesellschaft sowie dem DLR-Raumfahrtmanagement finanziert.

Der ursprünglich bereits für Mittwoch geplante Start des ESA-Satelliten war wegen technischer Probleme um einen Tag verschoben worden. Er erfolgte fast genau hundert Jahre nach einem wichtigen Datum für die Geschichte der modernen Physik: Am 25.  November 1915 legte Einstein die Grundidee seiner Allgemeinen Relativitätstheorie der Preußischen Akademie der Wissenschaften vor. Veröffentlicht wurde die Allgemeine Relativitätstheorie dann im Jahr 1916.  (mit rh/pw AFP) 

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