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Restituiert. Pablo Picassos Pastell „Kopf einer Frau“.

© Archiv MMZ

National Gallery of Art gibt Bild zurück: Ein Picasso für die Erbengemeinschaft Mendelssohn-Bartholdy

Der Potsdamer Historiker Julius H. Schoeps ist Sprecher der Erbengemeinschaft. Er versucht Kunstwerke, die seine Familie in der NS-Zeit abgeben musste, wiederzubeschaffen. Mit Erfolg.

Die Erbengemeinschaft Mendelssohn-Bartholdy hat von der National Gallery of Art in Washington, DC (Nationalgalerie) die Eigentumsrechte an Pablo Picassos Pastell „Kopf einer Frau“ (Head of Woman) aus der Blauen Periode (1903) übertragen bekommen. Der Gründungsdirektor des Potsdamer Moses Mendelssohn Zentrums (MMZ), Julius H. Schoeps, ist als Nachfahre von Ernst von Mendelssohn-Bartholdy Mitglied der Erbengemeinschaft. Der Potsdamer Historiker, der auch zu den Gründungsvätern der Universität Potsdam zählt, hat als Sprecher der Erben des Bankiers Paul von Mendelssohn-Bartholdy, seit 2003 um die Restitution verschiedener Kunstwerke aus dessen Besitz gekämpft, die in der NS-Zeit enteignet wurden oder verkauft werden mussten.

Der 1942 im schwedischen Exil geborene Schoeps hatte in den vergangenen Jahren wiederholt gefordert, dass mehr Augenmerk auf die Provenienzforschung, also die Herkunft von Kunstwerken, gelegt werden müsse. Museen dürfen nicht einfach Bilder ersteigern oder sich schenken lassen und dabei nicht wissen, was sie kaufen, ersteigern oder was ihnen geschenkt wird. Im Nationalsozialismus waren große Teile des Eigentums jüdischer Deutscher enteignet worden.

Julius H. Schoeps.
Julius H. Schoeps.

© Manfred Thomas

Paul Mendelssohn-Bartholdy, der Großonkel von Julius H. Schoeps, verkaufte beziehungsweise gab das Pastell im Verlauf des Jahres 1934 in den Kunsthandel, als die Nazis begannen, ökonomischen Druck auf ihn und weitere Familienmitglieder auszuüben. Das Regime organisierte Boykotte gegen die Mendelssohn-Bank und der mit ihr verbundenen Unternehmen. Um seinen rasant wachsenden Liquiditätsproblemen Abhilfe zu schaffen, begann Paul von Mendelssohn- Bartholdy mit der Auflösung seiner Sammlung moderner Kunst – darunter Picassos Pastell „Head of a Woman“.

Familie vor dem Ruin

Bis zur Machtübernahme der Nazis 1933 hatte Paul von Mendelssohn-Bartholdy kein einziges bedeutendes Werk verkauft. „Es war der wirtschaftliche, soziale und politische Druck, der ihn zwang, innerhalb von etwas mehr als einem Jahr, Ende 1933 bis Anfang 1935, sich von mindestens 16 Meisterwerken – darunter Picassos, van Goghs, Braques und ein Renoir – zu trennen, so die Erben. Nach dem Tod von Paul von Mendelssohn-Bartholdy im Mai 1935 habe das NS-Regime seine Angriffe auf die Mendelssohn-Familie fortgesetzt: „Wirtschaftlich und sozial stand die Mendelssohn Familie vor dem Ruin.“ Das NS-Regime „arisierte“ die Überreste der Bank Mendelssohn & Co. und internierte einzelne Familienmitglieder in Konzentrationslagern, „andere wurden zur Flucht aus Deutschland gezwungen“.

Einvernehmliche Lösungen gefunden

Die Erbengemeinschaft hat in den letzten Jahren bereits drei Vergleichsvereinbarungen über Picasso-Kunstwerke („Le Moulin de la Galette“, „Boy leading a Horse“, „The Absinthe Drinker“) aus der Sammlung Paul von Mendelssohn-Bartholdys abschließen können. In allen drei Fällen wurden laut Erbengemeinschaft mit den damaligen Besitzern – MoMa, Guggenheim Museum, Sir Andrew Lloyd Webber Art Foundation – einvernehmliche Lösungen gefunden.

Die heute in aller Welt verstreut lebenden Mendelssohn-Erben danken der National Gallery in Washington ausdrücklich für die Übergabe von Picassos Werk „Kopf einer Frau“. „Es handelt sich nicht nur um ein bedeutendes Kunstwerk des 20. Jahrhunderts, sondern auch um ein Werk, das an die bewegte Geschichte einer kunstaffinen Familie erinnert“, so die Mendelssohn-Bartholdy-Erben.

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