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Zettelwirtschaft. Auch am HPI wird noch gerne mit Post-its gearbeitet.

© HPI

"Design Thinking" am Potsdamer Hasso-Plattner-Institut: Lego für die Kreativität

Am Hasso-Plattner-Institut wird die Lernmethode „Design Thinking“ 240 Studierenden vermittelt. Ziel sind neue Denkansätze.

Potsdam - Es geht bunt zu. Beim „Design Thinking“ leisten Lego-Steine und andere bunte Spielsachen wertvolle Hilfsdienste. Das Experimentier- und Entwicklungskonzept hat das Hasso-Plattner-Institut zusammen mit der Stanford University aus den USA entwickelt. Vor einer Dekade kannte es noch niemand. Mittlerweile wird es in verschiedenen Schulen und Instituten weltweit unterrichtet. Professionell vermittelt das HPI „Design Thinking“ sowohl in einem mehrmonatigen Zusatzstudium als auch bei Workshops in Unternehmen. 240 Studienplätze stehen dafür bereit.

„Normalerweise sieht es hier ganz anders aus“, versicherte der HPI-Pressesprecher bei einem Workshop angesichts der ordentlich aufgeräumten Flure und Regale im zentralen Kreativraum des Institutes. Meistens lägen viele Hinterlassenschaften der Arbeitstreffen auf Tischen und Böden. In durchsichtigen Schiebekästen stapeln sich jetzt ordentlich Lego-Steine, Handpuppen, bunte Plastikelemente, Wollfäden und allerlei anderes Gerät, das man nicht unbedingt in einem Fachlabor für Informatik vermuten würde.

Die Kreativität beim „Design Thinking“ bestehe gerade darin, ungehemmt seinen spielerischen Impulsen nachzugehen und nicht erst lange über den richtigen Lösungsweg zu philosophieren, erklärt Hedi Schaefer, Design-Thinking-Coach. Zwar würden auch herkömmliche Elemente wie Brainstorming oder zielgerichtetes Controlling eingesetzt, aber es entstehe ein neuer Prozess. Der führe schnell auch zu überraschenden Lösungen für festgefahrene Probleme. Hierarchien seien verpönt. Im Zentrum stehe die Offenheit für möglichst neue Denkansätze.

Diesmal ist der letzte Restaurantbesuch der Gruppenteilnehmer das Thema. Der war zwar bei einigen völlig zufriedenstellend, aber zu verbessern gibt es immer etwas. Also erst einmal die Situation vom Kreativ-Partner genau beschreiben lassen. Wo war es vielleicht doch ungemütlich? War der Kellner auch freundlich genug? Wenn nicht, wie kann dem abgeholfen werden? Es folgt die tiefgreifende Analyse des gastronomischen Erlebnisses, der Entwurf möglicher Lösungsansätze der dann doch entdeckten Problemkonstellationen. Schließlich erfolgt der zentrale Aspekt des Kreativprozesses: das taktile Erlebnis. „Visualisieren Sie ihren Lösungsansatz“, fordert Schaefer. Aus Papier, Wollfäden, Blumentöpfen und allerlei Bastelelementen entsteht ein buntes Szenario, in dem die Gruppenteilnehmer ihrer Fantasie freien Lauf lassen.

Was zunächst ein wenig ungeordnet wirkt, verblüfft nach einer Erläuterung von Kursteilnehmern durch seine Praxisnähe. Die Hundebesitzer unter den potenziellen Restaurantbesuchern wünschen sich eine App, die hundefreundliche Restaurants listet und auch Kontakt zu anderen Freunden der Vierbeiner erlaubt. Eine andere Gruppe möchte die Bedienung zu mehr Freundlichkeit animieren. Dazu wäre ein anonymer Scan des Handys des Gastes möglich, der einen wiederholten Besuch verzeichnet und sodann die Bedienung zu einer bevorzugten Behandlung veranlasst. Wie das denn datenschutzrechtlich zu beurteilen sei, möchte eine kritische Medienvertreterin wissen. Details müssen jedoch bei dem einstündigen Experiment außen vor bleiben. Schließlich handele es sich beim „Design Thinking“ um einen längeren Prozess. Auch in den entsprechenden Unternehmen veränderten sich die Strukturen erst allmählich und nicht an einem Tag, erklärt Ulrich Weinberg, Leiter der HPI School of Design Thinking.

Mittlerweile gibt es Institute für „Design Thinking“ in der ganzen Welt. „Als wir das erste Mal von dieser Methode gehört haben, waren wir auch eher skeptisch“, sagt Christoph Meinel, Direktor des HPI. Vor zehn Jahren sei die Methode an der Eliteuniversität Stanford am Institute of Design eher als Nebenzweig unterrichtet worden. Erst eine großzügige Spende des Unternehmensgründers Plattner habe die Weiterentwicklung zu einem innovativen Qualifikations- und Entwicklungsprogramm ermöglicht.

Ob das, was in Silicon Valley bei all den quirligen Start-ups funktionierte, auch in der eher nicht so experimentierfreudigen deutschen Wirklichkeit das Richtige sein würde, war zunächst einmal fraglich. Gerade für Ingenieure und Informatiker, die häufig nach einer kurzen Problemanalyse direkt auf die naheliegende Lösung zugehen würden, sei der manchmal eher gewundene Kreativprozess des „Design Thinking“ aber sehr hilfreich, sagt Ulrich Weinberg.

Bei einer Analyse der Entwicklung und Verbreitung der „Design Thinking“-Methode sind die Informatiker des Hasso-Plattner-Instituts auf eine Lücke im eigentlich gut durchgetakteten Management-Prozess großer Unternehmen gestoßen. Und diese werde nun immer häufiger eben mit den Werkzeugen der Kreativmethode „Design Thinking“ gefüllt. 

Richard Rabensaat

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