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Präzisionsgerät. Das „Sims“ kann ein Atom unter zehn Millionen erkennen.

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Am GeoForschungsZentrum nahm das neue Sekundärionenmassenspektrometer die Arbeit auf

Der wuchtige Apparat füllt einen ganzen Raum. Der Koloss erinnert ein wenig an eine Heizungsanlage eines Hochhauses. Ein dickes Rohr windet sich geschwungen um eine Vielzahl weiterer Röhren, Schläuche und Kabel. Doch geheizt wird damit nicht. Vielmehr werden mit der großen Anlage Beobachtungen auf kleinstem Raum gemacht. In der Apparatur werden Ionen auf Proben geschossen – beispielsweise Gestein. Damit werden aus den Proben weitere Ionen herausgelöst. Diese Sekundärionen werden dann im Vakuum des Systems extrem genau untersucht. Das am Dienstag eingeweihte neue Sekundärionenmassenspektrometer (Sims) am GeoForschungsZentrum Potsdam (GFZ) arbeitet so präzise, dass sich damit aus einer Probe von einem Milliardstel Gramm ein Atom unter zehn Millionen anderen Atomen nachweisen lässt.

Anwendungen der Mikromessmethode liegen vornehmlich in der Untersuchung von Mineralproben, etwa um neue Lagerstätten von Rohstoffen ausfindig zu machen. Auch in der Klimaforschung dürfte das knapp zehn Tonnen schwere Messinstrument Einsatz finden: Die Untersuchung von Sedimentgestein gibt der Wissenschaft Aufschluss über die klimatische Vergangenheit unseres Planeten – was wiederum Rückschlüsse auf die Zukunft ermöglicht. Eine anderes spannendes Projekt nennt der GFZ-Manager der Sims-Anlage, Michael Wiedenbeck: In Milliarden Jahre alten Gesteinsproben kann mit dem Hochpräzissionssystem nach Kohlenstoff gefahndet werden. So könnten neue Erkenntnisse zum ersten Leben auf der Erde gewonnen werden.

Das von Bund und Land mit 3,6 Millionen Euro finanzierte Präzisionsgerät ist in Deutschland bislang einzigartig. Weltweit gibt es nur wenige vergleichbare Anlagen. Das neue Spektrometer überragt die Leistung seines Vorgängermodells am GFZ um ein Vielfaches. Dementsprechend gibt es bereits zahlreiche Anfragen zur Nutzung des Sims. Die Helmholtz-Gemeinschaft, der das GFZ angehört, plant laut GFZ-Vorstand Reinhard Hüttl überdies ein deutschlandweites Netzwerk von Sims-Anlagen. Im kommenden Jahr soll eine Anlage für biologische Prozesse am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) in Leipzig hinzukommen, das Helmholtz-Zentrum in Dresden-Rossendorf nutzt bereits ein System zur Ressourcenforschung. Mit dem Netzwerk soll der Grundstock für unterschiedliche wissenschaftliche Ziele gelegt werden.

Das neue Spektrometer soll an sechs Tagen in der Woche rund um die Uhr betrieben werden. Hintergrund ist, dass die Anlage über einen Remote-Zugriff von außen steuerbar werden soll. GFZ-Chef Hüttl kündigte an, dass bis 2015 ein weltweites Forschungsnetz aufgebaut werde, um die Anlage zu nutzen. Zurzeit werde in Südafrika ein Sims-Zentrum errichtet, das von mehreren am GFZ ausgebildeten Wissenschaftlern geführt wird. Von dieser Partnereinrichtung werden erstmals ab 2015 Sims-Messungen von Afrika aus gesteuert, während die zu untersuchende Probe in Potsdam im Sims-Gerät liegt.

„Das GFZ stellt erstmals den Geowissenschaften weltweit eine solche Ressource zur Verfügung“, sagte Hüttl zur Einweihung der Anlage. Die Vernetzung soll weiter ausgebaut werden: Konkret wird der Aufbau eines globalen Netzwerks mit Südafrika, Brasilien, Indien und Russland angestrebt. Das neue Kooperationskonzept wird bis 2015 vervollständigt, der Vollbetrieb dieses Fernsteuer-Netzes ist für das zweite Halbjahr 2015 angepeilt. Dann stehen die Geräte weltweit der Forschung zur Verfügung – gegen eine kostendeckende Nutzungsgebühr. Auf diese Weise soll auch eine möglichst hohe Auslastung der Anlage gewährleistet werden.

Zusammen mit dem vor neun Wochen ebenfalls am GFZ eröffneten „Helmholtz-Laboratorium für die Geochemie der Erdoberfläche“ (Helges) besitzen die Geoforscher vom Telegrafenberg nun eine geballte Expertise: zwei sich ergänzende Spitzensysteme zur Forschung im Nanobereich. Während die neue Sims-Anlage die Proben mittels eines Ionenstrahls untersucht, nutzt Helges dazu einen Laserstrahl. „Mit dieser Bündelung ist Potsdam einzigartig, weltweit gibt es nur wenige vergleichbare Forschungsmöglichkeiten“, so Sims-Manager Michael Wiedenbeck. 20 Projektanfragen aus aller Welt sind bereits eingegangen. Jan Kixmüller

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