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Der Maler und Bildhauer Gerhard Richter.

© Soeren Stache, dpa

Richter-Bilder für Obdachlose: Bruder Gerhard

Einer der teuersten Gegenwartskünstler spendet 18 Werke für ein Obdachlosenprojekt. Erwartet wird ein Verkaufserlös von einer Million Euro.

Kunst macht bekanntlich nicht unbedingt reich. Künstler in Not, spenden Sie bitte, der Ruf ertönt neuerdings öfter. Selbst New Yorker Galerien haben das Crowdfunding entdeckt. Merke: Die Kunst lebt nicht vom Markt allein.

Liebe Künstler, spenden Sie bitte, den Appell gibt es auch. Auktionen für wohltätige Zwecke sind eine coole Sache. Cool auch die Nachricht aus Nordrhein-Westfalen, dass niemand Geringeres als Gerhard Richter, vulgo: einer der teuersten Gegenwartskünstler der Welt, 18 Werke für ein Obdachlosenprojekt spendet. Man hofft bei der Versteigerung auf mindestens eine Million Euro Verkaufserlös.

„Housing First“ heißt die erprobte Initiative, die mit zusätzlichem Geld des Sozialministeriums 100 Wohnungen bereitstellen will. Genauer: Ein Fonds wird aufgelegt, mit dessen Hilfe Wohnungen in ganz NRW angekauft werden sollen. Sie sollen Obdachlosen die Chance bieten, ihre Probleme mit einem Dach über dem Kopf anzugehen, als ganz normale Mieter. Mit von der Partie ist der Paritätische Wohlfahrtsverband. Wohnungslosigkeit, so NRW-Sozialminister Karl-Josef Laumann bei der Vorstellung der Aktion, ist das „schlimmste Armutsmerkmal nach Hunger“. Das größte deutsche Bundesland verzeichnet 25.000 Obdachlose.

Ein Franziskaner gründete die Galerie

Ein Set mit sechs Bildern des 86-jährigen Richter kostet 420.000 Euro. Es handelt sich um 90 mal 90 Zentimeter große Fotografien seiner Ölgemälde „Cage 1 – 6“, die unter anderem bereits in der Tate Modern zu sehen waren. Dick aufgetragene Farbschichten, schrundige Oberflächen, gebändigte und zugleich entfesselte, eingekerkerte und doch unbehauste Malerei: „Cage-Paintings“, das passt. Man kann die Werke auch einzeln erwerben.

Bruder Gerhard: Die Versteigerung übernimmt die Düsseldorfer Galerie Fiftyfifty. Gegründet wurde sie in den neunziger Jahren von Bruder Matthäus aus der Ordensgemeinschaft der Armen Brüder des Heiligen Franziskus. Die Idee: Hätte es damals einen Kunstmarkt gegeben, Franz von Assisi wäre wohl Galerist geworden. Die Galerie steckt die Hälfte ihrer Erlöse in die Obdachlosenhilfe, sie startete mit einer von Jörg Immendorff gestalteten Uhr und hat Weltkunststars wie Marina Abramovic, Andreas Gursky, Wolfgang Tillmans oder Rosemarie Trockel im Portfolio. Gerhard Richter spendete schon öfter, auch einen Druck seiner berühmten „Betty“ .

Die Galerie gibt das Straßenmagazin „Fiftyfifty“ heraus. Dessen Mai-Ausgabe zeigt den Jubilar Karl Marx auf dem Titel. Merke: Armut kann auch adeln. In einer schäbigen Londoner Zweizimmerwohnung lässt sich die Weltrevolution jedenfalls besser anzetteln als in einem Palast.

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