Beispiel Sachsen-Anhalt: Querelen auf allen SPD-Ebenen
Wie konfus die SPD agiert, zeigt sich exemplarisch im Landesverband Sachsen-Anhalt. In einer Mitteilung des Landesvorstands wird am Montag der Rückzug aus der Großen Koalition gefordert, doch der Landesvorsitzende Burkhard Lischka schlägt gegenüber dem Tagesspiegel einen anderen Ton an.
„Die Große Koalition hat entgegen machen Unkenrufen vieles erreicht und einen großen Anteil daran, dass es Deutschland im internationalen Vergleich gut geht“, sagte Lischka, der im Bundestag als innenpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion auftritt.
Er sei sicher, „sehr schnell nach einem Ende der Großen Koalition werden noch viele in der Öffentlichkeit dieser Zeit nachtrauern und feststellen, dass in diesen Regierungsjahren mehr für unser Land erreicht wurde, als andere Konstellationen jemals verabredet kriegen“.
Das Papier des Landesverstands ist das Ergebnis einer Telefonschaltkonferenz vom Sonntagabend. Lischka habe an der „Schalte“ nicht teilgenommen, sagte der Sprecher des SPD-Verbands Sachsen-Anhalt dem Tagesspiegel. Über den Verlauf der Telefonkonferenz sei Lischka aber informiert worden. In der Pressemitteilung wird allerdings nur Katja Pähle namentlich erwähnt, sie führt die SPD-Fraktion im Landtag von Sachsen-Anhalt.
In dem Papier heißt es, „die SPD Sachsen-Anhalt sieht keine Basis mehr für die Zusammenarbeit mit CDU und CSU in der Großen Koalition in Berlin und spricht sich dafür aus, die Koalition zu beenden“. Lischka hingegen formuliert vorsichtig, die GroKo befinde sich „auf der Zielgeraden“. Ob der „Zieleinlauf 2021 oder bereits vorher erfolgt, darüber wage ich keine Prognose“.
Der Riss in der SPD Sachsen-Anhalt war bereits Anfang 2018 unübersehbar. Mit knapper Mehrheit beschloss der Landesparteitag eine Resolution gegen eine Neuauflage der Großen Koalition in Berlin. Lischka ärgerte sich über den Beschluss, blieb aber Landeschef.
Womöglich haben die Querelen ihn jedoch in seinem Beschluss bestärkt, sich aus der Politik zurückzuziehen. Lischka will im Sommer alle Ämter abgeben und künftig als Notar arbeiten. Er bleibe aber „Sozialdemokrat mit Leib und Seele“, sagte Lischka jetzt dem Tagesspiegel. Er werde seine Partei „auch weiterhin nach Kräften dabei unterstützen, eine wichtige politische Größe in unserem Land zu bleiben“.
Die Sozialdemokratie, betonte Lischka, „hat sich in den vergangenen 156 Jahren um unser Land verdient gemacht und wird in einer Welt, in der gewichtige Kräfte ihr Heil in Nationalismus, Spaltung und einfachen Antworten suchen, auch weiterhin gebraucht“. (Frank Jansen)