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Franziska Giffey, damals Bundesministrerin und Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke 2020 bei einer Gedenkfeier in Potsdam 

© Sandra Calvez

Bisher am Veto der Hauptstadt gescheitert: Brandenburg will mit Berlin über strikteres BER-Nachtflugverbot verhandeln

Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke will mit dem neuen Berliner Senat noch enger zusammen arbeiten, als mit dem alten. Es gibt aber Streitpunkte.

Es ist  eine Premiere, auch ein Signal. Kein Regierungschef der Mark vor ihm hatte das für nötig gehalten: Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) wird persönlich im Berliner Abgeordnetenhaus vor Ort sein, wenn  Franziska Giffey dort am heutigen Dienstag zur Regierenden Bürgermeisterin gewählt wird.  

Das Verhältnis der beiden gilt als eng, zumal es Woidke eingefädelt hatte, dass die frühere Neuköllner Bürgermeisterin und gebürtige Brandenburgerin Bundesministerin wurde. Passend dazu kündigte Woidke am Montag im Rahmen des Jahresend-Pressegespräches vor der Landespressekonferenz in Potsdam an, dass die beiden Bundesländer enger zusammenarbeiten wollen. 

"Ich freue mich auf die Zusammenarbeit der neuen Berliner Koalition, insbesondere mit Franziska Giffey", sagte Woidke.  "Wir wollen gemeinsam alles tun, damit die Hauptstadtregion am Ende des Jahrzehnts bei der Wirtschaftskraft deutschlandweit eine führende Position haben kann." Brandenburg sei bereits das führende Bundesland beim Ausbau erneuerbarer Energien und aktuell "Standort Nummer Eins" für Industrieansiedlungen in Deutschland, wie etwa die Gigafactory von Tesla belege.

Dass die Produktion in dem Werk nicht wie ursprünglich geplant im Juni 2021 starten konnte, sei kein Widerspruch, sondern eine Bestätigung für den Standort: Der Hauptgrund für die Verzögerung sei nämlich, dass Tesla das Vorhaben nachträglich um eine der weltgrößten Batteriefabriken erweitert habe, was ins Genehmigungsverfahren integriert werden musste, sagte Woidke. "Tesla hat sich entschieden, eine weitere Milliardeninvestition nach Brandenburg zu setzen." 

Woidke sagte, dass Anfang des Jahres 2022 mit der Genehmigung für die Gigafactory gerechnet werden könne. „Da wird die Genehmigung irgendwann kommen. Ich weiß jetzt nicht genau an welchem Wochentag - aber es ist absehbar: Anfang des Jahres wird es wahrscheinlich sein.“ Zu dem brisanten Verfahren am Verwaltungsgericht Frankfurt/Oder, von dessen Ausgang die Wasserlieferungen für das Werk abhängen könnten, wollte sich Woidke nicht äußern. "Das gebietet schon die Achtung vor dem Gericht", sagte der Regierungschef.  

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In der Online-Pressekonferenz machte Woidke auch deutlich, wo es Differenzen zum Nachbarland Berlin gibt. Er kündigte an, dass er beim rot-grün-roten Giffey-Senat einen neuen Vorstoß machen wird, doch noch eine Ausweitung des BER-Nachtflugverbotes am Willy-Brandt-Airport durchzusetzen. Das war bislang auch am Veto Berlins gescheitert. "Das ist ein Thema für Brandenburg", sagte Woidke. "Ich habe einen ersten Anlauf unternommen, da war Klaus Wowereit Regierender. Beim zweiten Anlauf war es Michael Müller."

Für eine Ausweitung des Nachtflugverbotes auf 22 bis 6 Uhr (bisher 0 bis 5 Uhr) hatte sich in Brandenburg ein mit über 100.000 Unterschriften erfolgreiches Volksbegehren und der Landtag in einem einstimmigen Beschluss ausgesprochen. Allerdings will auch Woidke dies nicht 1:1 durchsetzen, also kein 8-Stunden-Flugverbot in der Nacht am BER, sondern eine Morgenstunde mehr Ruhe für die Anwohner.  "Ich denke, dass die Einschränkung der Betriebszeit zwischen 5 und 6 Uhr mehr Nachtruhe bringen kann, ohne die Wirtschaftlichkeit zu gefährden."

Zurückhaltend ablehnend äußerte sich Woidke auch zu Vorstößen des neuen Berliner Koalitionsvertrages, Steuerhebesätze im Umland auf ein einheitliches Niveau anzuheben und bereits vor 2030 aus der Lausitzer Braunkohle auszusteigen. Berlin könne Wünsche äußern, aber "die Hebesätze werden allein von den Kommunen festgelegt", sagte Woidke. Und Berlin als Stromimporteur werde noch Jahre auf Lausitzer Braunkohlestrom abgewiesen sein. "Daran ändert sich auch nichts,  wenn Berlin eigene Kohlekraftwerke abschaltet", so der Regierungschef.   

Besorgt äußerte sich Woidke über die zunehmende Aggressivität bei Protesten gegen die Corona-Politik in Brandenburg, wo etwa jüngst eine Demonstration in Cottbus eskaliert ist, bei der rund 4000 Menschen geltende Corona-Regeln missachtet hatten, es Übergriffe auf Polizisten und Journalisten gab. "Es darf keine rechtsfreien Räume geben", sagte Woidke. Er habe über die "beunruhigenden Bilder" mit Innenminister Michael Stübgen (CDU)  gesprochen. Der Einsatz werde ausgewertet. 

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