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Siegerin. Birgit Bessin gewann die Wahl zur neuen Landeschefin.

© Christoph Soeder/dpa

Bessin zur neuen Landesvorsitzenden gewählt: Triumph des Kalbitz-Lagers in der Brandenburger AfD

Auf dem Parteitag der AfD in Brandenburg kam es zwischenzeitlich zu Turbulenzen. Dem ging ein Verdacht des Abstimmungsbetrugs voraus.

Auf der Tribüne saß Andreas Kalbitz. Der frühere Landesvorsitzende der Brandenburger AfD durfte beim Landesparteitag in Prenzlau nicht in den großen Saal der Uckersee-Halle: Das war Parteimitgliedern vorbehalten. Und Kalbitz ist das seit 2020 nicht mehr.

Damals hatte ein Parteigericht seine Mitgliedschaft für nichtig erklärt, nachdem seine frühere Mitgliedschaft in der rechtsradikalen „Heimattreuen Deutschen Jugend“ bekannt geworden war. In Prenzlau musste die Partei deswegen ihren Landesvorsitz neu wählen.

Und für den parteilosen Landtagsabgeordneten Kalbitz, der weiterhin der AfD-Fraktion angehört, entwickelte sich der Parteitag zum stillen Triumph. Denn die aus ganz Brandenburg zusammengekommenen AfD-Mitglieder wählten seine Vertraute Birgit Bessin mit 178 Stimmen zur neuen Landesvorsitzenden. Der vom aktuellen Fraktionschef Hans-Christoph Berndt unterstützte Bundestagsabgeordnete René Springer scheiterte mit 147 Stimmen. Er wurde später zum ersten stellvertretenden Vorsitzenden gewählt.

Hans-Christoph Berndt dagegen scheiterte auch selbst: Der Parlamentarische Geschäftsführer Dennis Hohloch hatte ihn als zweiten stellvertretenden Landesvorsitzenden vorgeschlagen. Doch gewählt wurde statt Berndt Landtagsvizepräsident Andreas Galau. Und auch die Bessin nahestehenden Landtagsabgeordneten Lars Günther, Kathleen Muxel und Volker Nothing gelangten später in den Parteivorstand.

Bessin hält AfD für Mitte der Gesellschaft

Vor dem Parteitag hatte Bessin mehr innerparteilichen Zusammenhalt in der AfD gefordert. „Es wird Zeit, dass wir mehr zusammenrücken und wieder einig sind“, sagte Bessin. Selbst bekannte sie vor den Mitgliedern: „Ich habe kein Programm.“ Vielmehr müsse das AfD-Programm von der Basis her entstehen – und nicht von oben vorgegeben werden. Politisch kritisierte sie, dass die Bundesregierung „das Land in den Abgrund“ führe. „Davor kann uns nur eine starke Alternative für Deutschland bewahren.“

Zudem dementierte Bessin auf die Frage eines Parteimitglieds, dass die AfD, die vom Brandenburger Verfassungsschutz als rechtsextremistischer Verdachtsfall beobachtet wird, überhaupt radikal sei. „Die Alternative für Deutschland und der Landesverband Brandenburg sind nicht radikal“, sagte sie unter dem Applaus der Delegierten. Man leide „an einer Gesellschaft, die immer weiter nach links rückt. Wir sind die Mitte der Gesellschaft und möchten uns nicht verbiegen.“

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Ihr Gegenkandidat René Springer war auf dem Parteitag deutlich politischer aufgetreten. Er hatte eine Regierungsbeteiligung der AfD gefordert. „Wir müssen die Machtfrage stellen in diesem Land“, sagte Springer. „Wir müssen zur stärksten Kraft werden und wir müssen Regierungsverantwortung übernehmen.“ Zudem plädierte er dafür, sich stärker am Wunsch der AfD-Wähler zu orientieren. Diese wollten, dass soziale Probleme gelöst und „die Zuwanderungsfrage geklärt wird“, sagte Springer. „Sie wollen durch die Innenstädte gehen und sich heimisch fühlen und nicht wie auf einem afrikanischen Basar.“

Verdacht auf Wahlbetrug

Insgesamt verlief der Parteitag turbulent. Die Wahl des Landesvorstands war erst am Sonntag abgeschlossen. Und vor der Wahl der Parteivorsitzenden kam es zu einer bemerkenswerten Unterbrechung. Weil der Verdacht im Raum stand, dass sich einzelne Mitglieder weitere elektronische Abstimmungsgeräte ergaunerten, mussten alle den Saal verlassen und ihre Stimmgeräte abgeben. Dann wurden die Reihen offenbar erfolgreich nach im Saal verbliebenen Stimmgeräten durchsucht, woraufhin alle Mitglieder neue Stimmgeräte erhielten und der Parteitag fortgesetzt wurde.

Eine vergleichbare Situation hat es auf den Parteitagen anderer Brandenburger Parteien bislang nicht gegeben – ebenso wie der letztlich vergebliche Antrag des Lausitzers Silvio Wolf, die Presse bei der Wahl der Vorsitzenden auszuschließen.
In den übrigen Brandenburger Parteien wurde die Nachricht vom Sieg Bessins mit Gleichgültigkeit aufgenommen. „Das Kalbitz-Lager hat triumphiert“, sagte CDU-Generalsekretär Gordon Hoffmann auf Anfrage. „Es ist klar, dass die Brandenburger AfD damit noch weiter nach rechts gerückt ist.“

Der Linken-Fraktionschef Sebastian Walter erklärte, Bessin und Springer gehörten beide zum rechten Flügel der Partei. „Insofern ist das Ergebnis für die künftige Richtung der AfD egal: sie bleibt demokratiefeindlich und rechtsextrem.“

Bessin sei eine „aktive rechte Netzwerkerin, fleißige Teilnehmerin und Rednerin bei fast jeder Demo des rechtsgerichteten Vereins ,Zukunft Heimat‘ und Gründungsmitglied des aufgelösten völkischen ,Flügels‘ der Partei.“ Mit ihrem Vorsitz sei „völlig klar, dass es bei der rechtsextremen Ausrichtung bleibt, sie sich sogar noch verschärfen wird“, sagte Linke-Landeschef Walter.

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