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Ex-NPD-Politiker Maik Schneider (Archiv)

© Presseservice Rathenow

Ex-NPD-Politiker Maik Schneider: Der Einzelfall, den sich der Justizminister nicht erklären kann

Ein verurteilter Brandstifter kommt wegen überlanger U-Haft frei. Das ist so bedauerlich wie der Umstand, dass dem Minister dazu nichts einfällt. Ein Einspruch.

Ein bedauerlicher Einzelfall, den er sich nicht erklären kann. So nennt Brandenburgs Justizminister Stefan Ludwig von den Linken die Entlassung des Ex-NPD-Politikers und mutmaßlichen Brandstifters Maik Schneider aus der Untersuchungshaft. Zuvor hatte das Brandenburgische Oberlandesgericht die Freilassung verfügt, weil „vermeidbare und dem Staat zuzurechnende Verfahrensverzögerungen“ zu überlanger Haft geführt hätten.

Schneider steht in Potsdam vor Gericht, weil er 2015 eine Turnhalle angezündet haben soll, die als Flüchtlingsunterkunft vorgesehen war. Neuneinhalb Jahre hat er dafür und wegen weiterer Delikte bekommen. Doch der Bundesgerichtshof hob das Urteil auf. Jetzt wird neu verhandelt, und viele sind empört.

Das Vertrauen in den Rechtsstaat sei erschüttert, heißt es. Wo kommen wir hin, wenn Verbrecher wegen verschleppter Verfahren auf freien Fuß kommen? Dazu ein Justizminister, der erklärt, dass er sich das nicht erklären kann.

Bedauerlich. Denn es gäbe etwas zu erklären. Zum Beispiel, dass der Ex-NPD-Mann, obwohl geständig, bis zu einem rechtskräftigen Urteil als unschuldig zu gelten hat. Entsprechend ist Untersuchungshaft eine Haft für einen potenziell Unschuldigen. Und weil ihr eigentlicher Zweck die Sicherung des Verfahrens ist, ist sie auch ziemlich hart.

Laut Gesetz darf sie nur sechs Monate dauern. Ausnahmen müssen besonders gerechtfertigt werden. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte fordert „sehr zwingende Gründe“, wenn sie länger als zwei Jahre dauern soll.

Es kommt öfter vor, dass Untersuchungshäftlinge wegen überlanger Haftdauer frei kommen

Das erste Urteil gegen Schneider war überaus scharf. Es ist erkennbar vom Willen getragen, ein Zeichen gegen Fremdenhass zu setzen. Manche Richter halten Generalprävention, auch wenn sie gegen Neonazis und zugunsten von Flüchtlingen und anderen Schutzbedürftigen wirken soll, für ein überschätztes Strafziel.

Möglich, dass jetzt eine geringere Strafe ausgesprochen wird. Möglich, dass Schneider bei einer Reststrafenaussetzung zur Bewährung mit seiner U-Haft einen Großteil verbüßt haben wird.

So ungefähr sieht er aus, der Einzelfall, den sich der Justizminister nicht erklären kann. Es kommt leider öfter vor, dass Gerichte Untersuchungshäftlinge wegen überlanger Haftdauer herauslassen. Es ist ärgerlich. Ist es immer ein Skandal? Oder ist es ein Skandal, wenn sie es, trotz überlanger Dauer und verschleppter Verfahren, nicht tun?

Von derartigen Einzelfällen dürfte es auch so manche geben, nur kennt sie niemand außer den Betroffenen und ihren Anwälten, und niemand berichtet darüber. Straftäter oder solche, die dafür gehalten werden, sind nur als Bedrohung interessant. Nicht, wenn sie hinter Gittern sitzen. Insofern kann man es auch anders sehen: Das Oberlandesgericht hat den Rechtsstaat gestärkt. Ein Justizminister sollte dies erklären können.

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