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Beim dritten Triell gibt es keine großen Überraschungen.

© imago images/Rene Traut

Drittes TV-Triell: Wie Armin Laschet in die rot-grüne Flügelzange geriet

Beim letzten Triell erlebt CDU-Kanzlerkandidat Laschet eine schwere Stunde. Die Themen des Abends helfen Scholz und Baerbock.

Mit der ersten Herausforderung sind alle Drei überfordert. Was die Bürgerinnen und Bürger von ihnen zu erwarten hätten, will Moderatorin Claudia von Brauchtisch von Olaf Scholz (SPD), Armin Laschet (CDU) und Annalena Baerbock (Grüne) wissen, die Bedingung: In einem Satz und ohne „blabla“.

Unter zehn Sätzen schafft es dann aber keiner der drei Kanzlerkandidaten, obwohl sie bekannte Ziele nennen. Scholz zählt ein stabiles Rentenniveau und höhere Löhne auf, Laschet verspricht eine stabile Wirtschaft und Sicherheit und Baerbock will Familien in den Mittelpunkt stellen und fordert faire Löhne.

Dieses dritte und letzte TV-Triell ist vor allem für einen in der ersten Stunde eine schwere Prüfung, für Armin Laschet. Das liegt an den ersten Themen, die eher SPD und Grünen entgegenkommen, zeitweise mutiert die Veranstaltung zu einem Duell 2 gegen 1. Und Laschet wirkt auch nicht so gut vorbereitet und schlagfertig wie in den vorangegangenen Triellen. Das Video einer alleinerziehenden Mutter mit ihren Nöten leitet das Thema Arbeits- und Sozialpolitik ein, es geht hier weniger um mögliche Koalitionen nach der Wahl, sondern um harte Inhalte, um die Sorgen und Spaltungen im Land. Von Brauchitsch und Lina Zervakis wirken gut präpariert.  

„SPD und Grüne wollen Mindestlohn von 12 Euro, warum ziehen Sie da nicht mit“, wird Laschet gefragt. „Gute Politik muss Arbeitsplätze schaffen“, sagt der. Er halte es für „nicht angemessen“, wenn die Politik den Mindestlohn an den Tarifparteien vorbei festlege. Die Linke sage ja sogar 13, die AfD demnächst 15 Euro, es sei zurecht eine Kommission mit den Tarifpartnern gebildet worden, die gemeinsam die Höhe des Mindestlohns immer wieder anhebt und neu festlegt, betont der Kanzlerkandidat von CDU und CSU. Er halte es nicht für angemessen, dass der Staat hier in das bewährte System so eingreife.

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Nun kommt ein Zangenangriff von der linken Seite. Baerbock grätscht rein: „Sie fallen da zurück in die 90er Jahre“, meint sie auf seine Argumente hin, warum er da nicht mitgehe. Dass es diesen großen Lohnunterschied oft zwischen Männern und Frauen gebe, hänge doch damit zusammen, dass viele wegen der Kindererziehung nur in Teilzeit arbeiten können, gerade Frauen würden von der Erhöhung auf zwölf Euro verdienen. „Kinder zu haben ist eine Armutsfalle in Deutschland und das ist zutiefst ungerecht.“

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Scholz betont mit Blick auf die von der SPD seinerzeit durchgesetzte Einführung des Mindestlohns von zunächst 8,50, alle Befürchtungen der Union hätten sich nicht bewahrheitet.  Es habe mehr Jobs gegeben und nicht weniger. Und auch bei 12 Euro werde man sehen: „Wir werden mehr Jobs haben“. Ein großes Versprechen, daran würde er dann gemessen.  

„12 Euro pro Stunde sind immer noch nicht viel Geld“, betont Scholz. Aber für zehn Millionen wäre es eine Gehaltserhöhung, gerade in Ostdeutschland. Und Scholz betont, das werde er als Kanzler im ersten Regierungsjahr festlegen, ohne Wenn und Aber. „Darauf können sich die Bürgerinnen und Bürger verlassen.“  Nach der Erhöhung auf 12 Euro sollten die weiteren Anhebungsschritte dann wieder in der Kommission erfolgen – derzeit liegt er bei 9,60 Euro die Stunde. „Ich möchte nicht in einem Land leben, in dem Menschen, die Vollzeit arbeiten dann immer noch Grundsicherung beantragen müssen“, betont Scholz. „Mir geht es um die Würde der Bürgerinnen und Bürger.“ Das sei vielleicht etwas, was ihn hier von Herrn Laschet unterscheide, ihn bewege das nicht nur in Wahlkampfzeiten, sondern das Thema der Würde sei schon seit vielen Jahren sein Thema.

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Ähnlich hoch her geht es bei der Frage der Steuerentlastungen, die die Union will, während SPD und Grüne Spitzenverdiener ab 100.000 Euro mit einem etwas höheren Spitzensteuersatz belegen wollen. Laschet beschwört die rot-grün-rote Gefahr und wirft etwas undifferenziert beiden vor, dass sie Steuererhöhungen auf breiter Front planen, Baerbock wirft ihm vor, Fakten zu verdrehen und nicht die Wahrheit zu sagen. Scholz meint, die Union plane für Spitzenverdiener und große Unternehmen Entlastungen von 30 Milliarden Euro. „Ehrlicherweise, das ist unfinanzierbar.“ Das sei angesichts von 400 Milliarden Schulden in der Pandemie wenig solidarisch.

Punkten kann Laschet dann aber später im zweiten Teil, vor allem bei der inneren Sicherheit und dem erfolgreichen Agieren des von ihm regierten Nordrhein-Westfalen gegen die Clankriminalität. Er wirkt zurückhaltender als in den vorherigen Duellen, in der Union müssen sie inzwischen mit dem Schlimmsten rechnen: Nach einer neuen Wahlkreis-Prognose von election.de müssen sogar die Bundesminister Peter Altmaier, Annegret Kramp-Karrenbauer und Julia Klöckner und auch CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak mit Niederlagen in ihren Wahlkreisen rechnen und damit um den Wiedereinzug in den Bundestag bangen.

Igor Levit bedauert die Themen des Wahlkampfs

Die verbreitete Stimmung unter den Partei-Promis in Berlin-Adlershof: endlich ist der Wahlkampf am kommenden Sonntag vorbei. Einer der prominentesten Gäste ist der von den Grünen eingeladene weltbekannte Pianist Igor Levit der sich in diesem Wahlkampf immer wieder engagiert. Er hätte sich gewünscht, dass es in diesem Wahlkampf mehr um die Zukunft, große Würfe gegangen wäre.

Igor Levit unterstützt im Wahlkampf die Grünen, hier in Leipzig.
Igor Levit unterstützt im Wahlkampf die Grünen, hier in Leipzig.

© Kay Nietfeld/dpa

Aber recht lebendig und die Unterschiede herausarbeitend wird dann das hierbei wichtigste Thema: Umwelt und Klima: Die von der ARD zu Pro7 gewechselte Linda Zervakis hat ein Mickey-Mouse-Heft aus dem Kiosk ihrer Eltern dabei. Es ist fast 30 Jahre alt, darin wird die Zerstörung der Regenwälder als Gefahr für das Weltklima thematisiert. Laschet will nicht gelten lassen, dass die Union die Mickey-Mouse-Hefte in den 1990er-Jahren besser hätte lesen sollen. Klaus Töpfer habe als Umweltminister als einer der ersten das Thema richtig vorangetrieben. Und er kritisiert, dass man Ende des nächsten Jahres endgültig aus der Kernenergie aussteige. „Eigentlich hätte man die Kohlekraftwerke schon vor 20 Jahren schließen müssen.“ Dazu meint Scholz, der sei falsch. Jetzt zu philosophieren, dass das ein falscher Weg nach Fukushima gewesen sei, halte er für wenig zielführend. Laschet hat hier auch das Problem, dass die Entscheidungen unter Kanzlerin Angela Merkel (CDU) gefallen sind.

Baerbock wiederum vermisst auch bei Scholz mehr Einsatz in der Klimafrage. Scholz sei die Zukunft der Kinder und Enkelkinder nicht so wichtig. „Diese Sturzfluten werden alle paar Jahre zunehmen.“ Wenn man jetzt nicht viel mehr tue, „dann wird es unbezahlbar“. Die Volkswirtschaft könne eine drastische Zunahme von Extremwettereignissen nicht verkraften. Laschets wichtigster Punkt: Ein Verbrennungsmotorenverbot 2030 sei komplett falsch, Deutschland dürfe die Expertise hier nicht verloren gehen. Und der CO2-Preis dürfe nicht zulasten von Wirtschaft und Bürgern gehen.

Baerbock fährt Laschet in die Parade

Plötzlich fährt ihm wieder die sehr angriffslustige Baerbock in die Parade: „Ich frage mich, was mit Ihnen los ist, Herr Laschet?“, sagt Baerbock.  Scheinbar wolle er einfach alles lassen, wie es sei, sei es in der Sozial- oder in der Klimapolitik. Er wolle also keine Vorgabe machen für die Automobilindustrie. Und nun ist es Baerbock, die seine Erwähnung von Klaus Töpfer aufgreift:  Herr Töpfer habe dafür gesorgt, dass FCKW verboten werde, was sei passiert: „Natürlich wurden weiter Kühlschränke in Deutschland produziert.“ Und zwar bessere und modernere. Gerade wenn der Staat Leitplanken setze, etwa auch bei CO2-Grenzwerten für Autos, gebe es Technologieschübe.

Die treusten Fans der Kandidaten kamen extra nach Berlin-Adlershof.
Die treusten Fans der Kandidaten kamen extra nach Berlin-Adlershof.

© REUTERS

Mehr Einigkeit gibt es bei der Corona-Pandemie. Dass man eine höhere Impfquote brauche, da sind sich alle drei Kandidaten einig. Wie man in der aktuellen Situationen mit dem Virus umgehe, da gab es dann aber doch kleinere Unterschiede. „Erwachsenen müssen jetzt mehr tun“, sagt Baerbock. Es sei für viele Familien nicht nachvollziehbar, warum sich Schülerinnen und Schüler zweimal pro Woche testen lassen müssten, Arbeitnehmer am Arbeitsplatz dagegen keine Pflicht zum Selbsttest hätten. Scholz setzt bei dem Thema auf Eigenverantwortung und warnt ungeimpfte Erwachsene. Sie würden sich mit „ganz, ganz hoher Wahrscheinlichkeit“ im Winter infizieren.

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Scholz gewinnt zum dritten Mal

Am Ende meint Baerbock, die am Offensivsten und schlagfertigsten agiert hat, dass Triell habe gezeigt, dass die Union in die Opposition müsse - und macht quasi eine Absage an ein Jamaika-Bündnis von CDU/CSU, Grünen und FDP. Das ist noch so ein Tiefschlag für Laschets Kanzlerambitionen. Doch mit ihren Attacken kommt sie nur bedingt an, so wie Laschet in den beiden Triellen zuvor, dieses Mal gibt er sich zurückhaltender, staatsmännischer. Laut einer Forsa-Blitzumfrage landet Baerbock mit 25 Prozent Zustimmung auf dem letzten Platz. Ganz vorne - wie bei den ersten beiden Triellen - Olaf Scholz, den 42 Prozent der Befragten als Sieger sahen. Abgeschlagen dahinter bei 27 Prozent Armin Laschet.

Der wiederum bilanziert, dass man am Ende bei Rot-Rot-Grün landen könnte, das sehe man ja hier. Scholz wiederum sagt nur, „ich mache keinen Hehl daraus, dass ich am liebsten mit den Grünen regieren möchte.“ Aber über den dritten Partner, der wohl nötig wäre hüllt er sich in Schweigen.

Während Laschet nach der Veröffentlichung der Schnellumfrage mit seinen Leuten erstmal nach draußen zum Zigarillo-Rauchen geht, prostet Baerbock Scholz zu; SPD und Grüne sind sich im Wahlkampf immer näher gerückt, das zeigt sich auch in dieser Szene. Und Baerbock gibt den Eindruck des Abends wieder: Das sei ja zeitweise Zwei gegen Einen gewesen. Scholz antwortet mit einem stillen Grinsen.

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