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Kanzler Olaf Scholz hört einer Rede von Friedrich Merz im Bundestag zu.

© Odd ANDERSEN / AFP

Der Super-Wahlmonat Mai: Was für Friedrich Merz und Olaf Scholz auf dem Spiel steht

Am 8. Mai wird in Schleswig-Holstein gewählt, eine Woche später in NRW. Gerade die NRW-Wahl birgt viel Zündstoff. Es ist auch ein Votum über den Ukraine-Kurs.

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Sie stehen nicht zur Wahl, dennoch wird für sie der Mai zu einem Schlüsselmonat: In Schleswig-Holstein (8.Mai) und Nordrhein-Westfalen (15.Mai) geht es bei den Landtagswahlen auch darum, ob der abwägende Kurs von Kanzler Olaf Scholz (SPD) im Ukraine-Krieg der richtige ist.

Und CDU-Chef Friedrich Merz, der den Kanzler hier zu treiben versucht, muss zeigen, dass seine Partei noch Wahlen gewinnen kann. Wie schon bei den Landtagswahlen in Corona-Zeiten und bei der Bundestagswahl zeichnet sich ab, dass es auch Personenwahlen werden, gerade in Schleswig-Holstein, während in NRW auch der Wahlverlierer die nächste Regierung bilden könnte.

Eine Analyse, wie die Aussichten sind und warum es besonders in NRW knifflig werden könnte.

Was ist in Schleswig-Holstein zu erwarten?

Die Landtagswahlen in Schleswig-Holstein am kommenden Sonntag sind nicht die ersten im laufenden Jahr, könnten aber trotzdem eine bundespolitische Wirkung entfalten.

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Ende März hatte SPD-Spitzenkandidatin Anke Rehlinger die Wahl im Saarland mit absoluter Mehrheit gewonnen, die SPD löste den CDU-Ministerpräsidenten Tobias Hans ab und regiert dort nun allein. Das war ein Dämpfer auch für den neuen CDU-Chef Friedrich Merz - der aber in Erwartung der Niederlage auch kaum Wahlkampf für Hans gemacht hatte.

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Auch deshalb setzt die CDU nun darauf, dass die zweite Landtagswahl 2022 ihr Schwung gibt – vor allem für die Wahl im bevölkerungsreichsten Bundesland NRW eine Woche später, aber auch im Bund.

Die Umfragen machen ihr Hoffnung: Gut eine Woche vor der Wahl kam die CDU in einer Erhebung für ARD und ZDF auf 38 Prozent, die SPD war halb so stark (19 Prozent), die Grünen mit ihrer Spitzenkandidatin Monika Heinold erreichten 16 bis 17 Prozent, die FDP sieben bis neun Prozent, die AfD auf fünf bis sechs, der Südschleswigsche Wählerverband, für den die Fünfprozenthürde nicht gilt, auf fünf Prozent.

Ministerpräsident Daniel Günther könnte demnach weiterregieren – womöglich auch in einem Zweierbündnis. Sollte die SPD ihr bislang schlechtestes Ergebnis von 25,4 Prozent von 2009 unterbieten, könnte der Bundespartei eine Debatte bevorstehen, ob der in Umfragen ebenfalls schwächelnde Kanzler Olaf Scholz am schlechten Abschneiden der Genossen eine Mitschuld trägt.

CDU-Chef Friedrich Merz setzt auf einen Sieg von Ministerpräsident Hendrik Wüst in NRW.
CDU-Chef Friedrich Merz setzt auf einen Sieg von Ministerpräsident Hendrik Wüst in NRW.

© Ina Fasbender/AFP

Welche Themen dominieren im Wahlkampf im Norden?

Wichtigster Faktor in Schleswig-Holstein dürfte der Umstand sein, dass die Bürger Ministerpräsidenten Daniel Günther und seinen zurückhaltenden Stil sehr schätzen und auch mit seiner Politik sowie seiner konfliktarmen Jamaika-Koalition zufrieden sind. Laut Umfragen ist der 48-Jährige aktuell der beliebteste Ministerpräsident in Deutschland.

Die Bewältigung der Corona-Pandemie und die Aufnahme ukrainischer Flüchtlinge nach Kriegsausbruch werden weitgehend positiv bewertet. Für die Modernisierung der Infrastruktur gilt das ebenso und für eine Kita-Reform mit Deckelung der einst hohen Elternbeiträge überwiegend auch. „Es ist auch nicht so, dass der Ukraine-Krieg alles überlagert“, sagt Günther.

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Dagegen hat es die SPD mit ihrem Spitzenkandidaten Thomas Losse-Müller schwer, ein Angriffsthema zu finden. Aufgaben wie Klimawandel, Digitalisierung und Globalisierung seien in den vergangenen Jahren „nicht mit der notwendigen Entschlossenheit angepackt“ worden, der „Fortschrittsgeist unseres Landes“ müsse wieder entfacht werden, heißt die Botschaft der Sozialdemokraten, die offenbar wenig Anklang findet. Bewahrheiten sich die Umfragen, droht der SPD am Sonntag ein historisches Debakel.

Wie sind die Aussichten in Nordrhein-Westfalen?

Die Landtagswahl eine Woche nach Schleswig-Holstein am 15. Mai ist die wichtigste in diesem Jahr. Sechs Sitze hat das bevölkerungsreichste Bundesland im Bundesrat. Die SPD setzt nach dem Machtverlust 2017 darauf, dass der frühere Justizminister und Landeschef Thomas Kutschaty die Düsseldorfer Staatskanzlei von der CDU zurückerobern kann, zum Beispiel mit einer Ampel-Koalition wie im Bund. Das würde auch die Kompromisssuche in der Länderkammer bei Vorhaben der Regierung erleichtern.

Bisher regieren CDU und FDP mit einer Stimme Mehrheit. Laut allen Umfragen wird es für Schwarz-Gelb nicht mehr reichen. In der letzten Infratest-dimap-Umfrage liegt die CDU des amtierenden Ministerpräsidenten Hendrik Wüst mit 31 Prozent knapp vor der SPD, die Grünen bei 16 und die FDP bei acht Prozent, die AfD bei sieben Prozent. Die Linke muss auch hier nach den Personalquerelen fürchten, den Einzug in den Landtag zu verpassen.

Ministerpräsident Daniel Günther (CDU,l-r), Monika Heinold (Bündnis 90/Die Grünen) und Thomas Losse-Müller (SPD) sind die Spitzenkandidaten ihrer Parteien zur Landtagswahl in Schleswig-Holstein. Alle drei kämpfen um den Chefsessel in der Staatskanzlei.
Ministerpräsident Daniel Günther (CDU,l-r), Monika Heinold (Bündnis 90/Die Grünen) und Thomas Losse-Müller (SPD) sind die Spitzenkandidaten ihrer Parteien zur Landtagswahl in Schleswig-Holstein. Alle drei kämpfen um den Chefsessel in der Staatskanzlei.

© Axel Heimken/dpa

Die SPD kämpft gegen die bei vielen Bürgern schlechten Erinnerungen aus der rot-grünen Zeit. Dutzende Autobahnbrücken im Land sind marode, seit Jahren leidet NRW unter Staus. Im direkten Vergleich liegt Wüst gegen Kutschaty vorn, er will profitieren vom Wiedererstarken der SPD auch an Rhein und Ruhr.

In der Bildungspolitik hat die CDU das Abitur nach neun Jahren wieder eingeführt und laut Ministerpräsident Hendrik Wüst rund 10000 zusätzliche Lehrer eingestellt; zudem wurde unter Innenminister Herbert Reul die Bekämpfung der Clan-Kriminalität verschärft.

Mit einem Förderprogramm über 300 Millionen werden die durch Corona gebeutelten Sportvereine unterstützt, zudem wurde ein Heimatministerium zur Unterstützung von Brauchtum und regionalen Traditionen gegründet. „In Nordrhein-Westfalen wurden seit 2017 rund 400000 Arbeitsplätze geschaffen“, sagt Ministerpräsident Hendrik Wüst.

Nach dem Rückzug von Armin Laschet versucht er damit zu punkten, dass es ein starkes Korrektiv zur Ampel in Berlin brauche. Kutschaty hingegen lässt Scholz plakatieren, den er einst als SPD-Chef nicht wollte. Er wolle deutlich machen, „dass Nordrhein-Westfalen am besten regiert wird, wenn der neue Ministerpräsident auch eng mit der Bundesregierung zusammenarbeitet“, sagt Kuschaty.

Welche Themen dominieren den NRW-Wahlkampf?

Neben dem russischen Angriffskrieg sind es vor allem die Themen Innere Sicherheit und bezahlbarer Wohnraum. Bei einer Wahlkampfveranstaltung der CDU in Köln ist der Applaus mit am größten, wenn der Name „Herbert Reul“ fällt. Dieser soll Innenminister bleiben, verspricht Wüst. Auch dass Tausende weitere Polizisten eingestellt werden sollen.

Die SPD will an das Thema der CDU-Talentschulen anknüpfen und 1000 Schulen in schwierigen Stadtteilen besonders fördern, damit weniger Kinder abgehängt werden; gerade durch das Lernen zu Hause in der Pandemie drohen sich etwa im Ruhrgebiet Bildungs-Spaltungen zu verschärfen. Kutschatys Motto lautet: „Für Euch gewinnen wir das morgen.“ Da fast die Hälfte der Berufstätigen in dem 18-Millionen-Land pendelt, sollen die Taktungen der Züge verbessert werden.

Ein großes Thema sind Krankenhausschließungen, gerade im ländlichen Raum. Die SPD betont, gerade nach Corona müsse das Motto gelten: Lieber ein freies Bett zu viel als zu wenig. Gegen die hohen Lebensmittelpreise im Zuge der höchsten Inflation seit 1981 will Kutschaty eine temporäre Senkung der Mehrwertsteuer auf null Prozent bei Grundnahrungsmitteln prüfen.

Ein großes Thema ist auch der notwendige Ausbau der Windkraft. „Wir müssen raus aus der vermaledeiten Abhängigkeit bei der Energie“, betont Wüst mit Blick auf die russischen Gasimporte. Aber seine Landesregierung steht bei Klimaschützern in der Kritik, weil sie auf 1000 Meter Abstand bei Windrädern von Wohnbebauungen setzt. Wüst will vor allem in Wäldern, wo es große Schäden durch den Borkenkäfer gibt, Anlagen aufstellen lassen.

Kutschaty will generell weg von der 1000-Meter-Regel: Wenn die Anlage 200 Meter hoch ist, soll der Abstand drei Mal so groß sein, in dem Fall also 600 Meter. „Nur so schaffen wir unser Ziel, zwei Prozent der Landesfläche für die Windkraft bereitzustellen.“ Wüst hat gut mit der FDP regiert, aber um die Grünen zu gewinnen, im Fall der Fälle, weiß er, dass er sehr viel bieten muss. Für Kutschaty wäre es dagegen am einfachsten, wenn es alleine für Rot-Grün reichen würde.

Auch wenn die SPD auf Platz zwei landet, will er versuchen, eine Koalition zu bilden. Letztlich könnte sich eine Situation wie im Bund ergeben: Das Zünglein an der Waage könnten Grüne und FDP sein – für eine Jamaika- oder Ampel-Koalition.

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