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Bei Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Schulen darf künftig der Impfstatus abgefragt werden.

© dpa

Auch in Schulen, Kitas und Heimen: Arbeitnehmer müssen Impfstatus offenlegen – so soll das aussehen

Die Regierung hat sich auf die Impf-Auskunftspflicht für Mitarbeiter in Kitas, Schulen und Heimen geeinigt. Opposition und Verbände kritisieren das scharf.

Es ist eine heikle Angelegenheit, in der Union und SPD sich nun geeinigt haben: Sollen Arbeitnehmer verpflichtet werden, ihrem Arbeitgeber ihren Impfstatus offenzulegen

Der Kompromiss der Bundesregierung sieht vor, dass der Impfstatus bei Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern etwa in Pflegeheimen, Kitas, Schulen und Massenunterkünften wie Obdachlosenheimen abgefragt werden darf. Bislang ist das nur in Krankenhäusern, ambulanter Pflege und Arztpraxen erlaubt.

Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) ließ am Freitag durchblicken, dass er sich eine Abfrage in noch viel mehr Bereichen gewünscht hätte. „Zum Beispiel für die Arbeit im Großraumbüro und für die Organisation der Arbeit macht es schon Sinn, wenn der Arbeitgeber weiß, wie jeweils der Impfstatus ist“, sagte er am Freitag im Deutschlandfunk. Häufig werden auch Restaurants genannt, die zwar ihre Gäste nach ihrem Impfstatus fragen dürfen, aber nicht ihre Mitarbeiter.

Mit der SPD war eine so weitgehende Regelung nicht zu machen. Spahn warf den Sozialdemokraten vor, sich hier von den Gewerkschaften treiben zu lassen. Die SPD argumentiert unter anderem mit dem Datenschutz, der in einem Spannungsverhältnis steht zum Gesundheitsschutz.

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In Bereichen, wo besonders vulnerable Personengruppen arbeiten, sei die Abfrage aber sinnvoll. Kindergartenkinder und Schulkinder unter zwölf Jahren etwa könnten sich nicht impfen lassen und benötigten besonderen Schutz. In den USA hatte eine ungeimpfte Lehrerin ihre halbe Klasse infiziert.

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Die neuen Regelungen sollen im Infektionsschutzgesetz verankert werden. Am Dienstag wird der Bundestag über den Änderungsentwurf abstimmen. Dieser liegt dem Tagesspiegel vor. Darin ist vorgesehen, dass die Möglichkeit, den Impfstatus abzufragen, zeitlich begrenzt werden soll. Sie gilt nur, solange der Bundestag eine epidemische Lage von nationaler Tragweite in Deutschland feststellt.

Bei der Opposition stößt vor allem das Vorgehen von Union und SPD bei dieser Gesetzesänderung auf scharfe Kritik. In einem gemeinsamen Statement von FDP, Grünen und Linken werfen die Parteien der Groko „Verfahrenstricks“ vor. Die neue Regelung sei mit „heißer Nadel“ gestrickt. Die Vorlage sei dem Gesundheitsausschuss erst elf Stunden vor der Sitzung am Freitag übermittelt worden.

FDP, Grüne und Linke hatten nach eigener Aussage der Groko trotzdem angeboten, eine Expertenanhörung zu der Gesetzesänderung noch am Montag stattfinden zu lassen. Diese habe aber abgelehnt. Es habe keine Möglichkeit bestanden, die Regelung in einem geordneten Verfahren zu prüfen, heißt es in dem Statement der Oppositionsparteien.

Dabei werfe die neue Regelung viele Fragen auf, „etwa ob Beschäftigte auch verpflichtet sind, ihren Impfstatus offenzulegen, ob das in allen genannten Einrichtungen verhältnismäßig ist, ob sichergestellt ist, dass die Daten nur für diesen Zweck verwendet werden dürfen und vieles mehr.“

Die gesundheitspolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, Christine Aschenberg-Dugnus, spricht von einem „Armutszeugnis“ für die Groko. „Die Impfabfrage kann nicht im Vorbeigehen diskutiert und über Nacht beschlossen werden“, sagte sie dem Tagesspiegel. Es handele sich um eine juristisch hochkomplexe Thematik. „Das weiß und ignoriert die GroKo.“

Lehrerverband: „Vorstufe zur allgemeinen Impfpflicht“

Während die Opposition vor allem das Verfahren kritisiert, mit dem die Gesetzesänderung zu Stande kommen soll, sind Arbeitnehmer und Arbeitgeber auch inhaltlich gespalten. So lehnen Gewerkschaften aus dem Bildungs- und Erziehungsbereich die geplante Möglichkeit zur Impfabfrage für Beschäftigte in Kitas und Schulen ab.

„Gesundheitsdaten sind sehr sensible Daten, auf die Arbeitgeber und Behörden eigentlich grundsätzlich keinen Zugriff haben dürften“, sagte der Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, Heinz-Peter Meidinger. Er befürchtet, dass „dies nur die Vorstufe zu einer allgemeinen Impfpflicht ist.“

Arbeitgebern geht die neue Regelung dagegen noch nicht weit genug. Arbeitgeber-Präsident Rainer Dulger kritisierte die „Mini-Ausweitung des Fragerechts des Arbeitgebers über den Impfstatus“. Er bezeichnete es als unverständlich, dass Arbeitgeber den Impf- oder Genesenenstatus ihrer Mitarbeiter beim betrieblichen Gesundheitsschutz zwar berücksichtigen könnten, ihn aber eben in vielen Branchen eben nicht abfragen dürfen. Dulger forderte, der Bundestag solle in der nächsten Woche das Fragerecht für alle Branchen und Betriebe öffnen.

Rufe nach datenschutzfreundlicheren Regelung

Angesichts der hitzigen Debatte liegt es nahe, dass das Thema auch nach der Abstimmung am Dienstag im Bundestag wieder auftauchen wird. In der Union gibt es mehrere Befürworter, einer weitergehenden Regelung. Dazu gehört Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU). Auch ihm geht die Einigung nicht weit genug: „Ich bin überzeugt, dass weitere Schritte notwendig und erforderlich sind“, erklärte er.

Es gibt aber auch Rufe nach einer datenschutzfreundlicheren Regelung. Der Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kelber (SPD) meint: Der Gesundheitsstatus des Arbeitnehmers sollte dem Arbeitgeber nicht im Detail bekannt sein. Dieser müsse nur wissen, ob eine der 3G-Voraussetzungen – also geimpft, genesen oder getestet – vorliege, aber nicht welche davon.

Schließlich lasse sich aus der Information, dass jemand einmal an Covid-19 erkrankt war, die Information ableiten, dieser habe eventuell Long Covid und sei leistungsmäßig eingeschränkt. Wie eine solche Lösung in der Praxis funktionieren könnte, sagte Kelber nicht.

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