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Zeigte wahre Führungsqualitäten. VfL-Kapitän Yannik Münchberger behielt in der schwierigen Phase die Nerven.

© Julius Frick

VfL Potsdam gegen Füchse Berlin II: Tatort Luftschiffhafen

Der VfL Potsdam avanciert zum Meister des Handball-Krimis. Auch gegen die Füchse Berlin II machte es Potsdams Drittligist wieder trotz klarer Führung spannend. Es wirkt wie der Fluch der guten Tat.

Potsdam - Für Krimi-Fans gibt es derzeit einen neuen Tatort in Potsdam. Wer Spannung liebt, muss in die MBS-Arena im Luftschiffhafen gehen, wenn Handball-Drittligist VfL Potsdam dort seine Heimspiele inszeniert. Auch am vergangenen Freitag erwies sich die Mannschaft von Trainer Daniel Deutsch als Meister einer nervenaufreibenden Dramaturgie: Bis zur 40 Minuten wähnten sich die 917 Zuschauer beim Derby gegen die Füchse Berlin II in Sicherheit, acht Tore lag der VfL in Front. Doch dann schien sich das Skript vom Spiel drei Wochen zuvor gegen Hannover-Burgwedel (29:29) zu wiederholen. Der Spannungsbogen ging steil nach oben, der VfL-Vorsprung schmolz zusehends. Doch diesmal gab es ein Happy End. 33:30 (15:10) gewann der VfL. Auf den Rängen wischten sich die Zuschauer den Schweiß von der Stirn, auf der Platte tanzten die Spieler im Kreis und feierten sich als Derbysieger.

Kollektives Zittern im letzten Drittel der Partie

Es ist fast so etwas wie der Fluch der guten Tat, der die Potsdamer in dieser Saison wiederholt ereilt: Sie sind ihrem Gegner klar überlegen, erarbeiten sich einen deutlichen Vorsprung, der auf der Zielgeraden jedoch bedrohlich schmilzt. „Dass wir in der Lage sind, einen Vorsprung von acht, neun Toren herauszuspielen, zeigt ja einerseits unsere Qualität und die Möglichkeiten der Mannschaft“, sagte Trainer Deutsch. Dass im letzten Drittel der Partie das kollektive Zittern beginnt – sowohl auf dem Feld als auch auf der Bank – illustriert die momentane Aufgabe, an der mentalen Stärke zu arbeiten. „Man hat uns angesehen, dass das fast verloren gegangene Spiel gegen Hannover noch in den Köpfen war, als die Füchse Tor um Tor aufholten“, meinte VfL-Rückraumspieler Matti Spengler. In der Tat: Bange Blicke zur Uhr einerseits, andererseits aber kollektives Mutmachen und gegenseitiges Anfeuern kennzeichneten beim VfL die letzten 20 Minuten dieses unterhaltsamen und attraktiven Derbys. 

Für Kapitän Yannik Münchberger ist es eine Frage der Konzentration. Bei einer deutlichen Führung ließe die Aufmerksamkeit nach, leichtfertige Fehler schleichen sich ein, die Abschlüsse sind nicht mehr so konsequent und geduldig herausgespielt. Die Füchse haben das zudem gut provoziert, indem sie nach 40 Minuten die Abwehr umstellten, offensiv verteidigten und damit die Potsdamer aus ihrem bis dahin erfolgreichen Konzept brachten. Denn der zwischenzeitliche Acht-Tore-Vorsprung war das Resultat einer starken Offensivleistung mit einem sehr variablen Wurf-Repertoire. Vor allem Münchberger traf scheinbar nach Belieben – mit zehn Treffern war der Kapitän erfolgreichster Torschütze des Tabellensiebten – kurz vor Spielschluss erzielte er seinen 100. Saisontreffer. „Der ist ein sehr variabler Typ, lässt die Abwehr lange zappeln und wirft dann so platziert, dass man es als Torhüter schwer hat“, beschrieb Füchse-Keeper Fredrik Genz aus seiner Perspektive Münchbergers Abschlussqualitäten.

Siebenmeter und den Nachwurf pariert

Und er formulierte, was der zwischenzeitlich hohe Rückstand bei den Jungfüchsen bewirkte: „Wir wollten uns nicht abschießen lassen“, erklärte Genz das Aufbäumen der Gäste, das fast erfolgreich gewesen wäre und zu einem Punktgewinn geführt hätte, wenn sie 60 Sekunden vor Schluss einen Siebenmeter verwandelt hätten. Doch rettete VfL-Keeper Angelo Grunz den knappen Vorsprung, indem er den Siebenmeter und den anschließenden Nachwurf unter dem Jubel des Publikums parierte. 

Yannik Münchberger will nicht darauf verzichten, den Gegner im Laufe des Spiels weit in Rückstand zu bringen, sodass der sich an der Ehre gepackt sieht. „Es ist schon gut, mit acht oder mehr Toren zu führen“, sagte er. „Aber dann darfst du nicht nachlassen und zwischen der 40. und 43. Minute so viele Fehler machen“, haderte er mit der Schwächephase. „Wenn du in der 50. Minuten mit acht Toren führst und da vielleicht ein, zwei Fehler machst, sagt keiner was“, so Münchberger. Kollege Matti Spengler pflichtete bei: „Die Berliner konnten in den letzten 20 Minuten ihre Tore wirklich viel zu leicht machen.“ Die 20 Gegentreffer in der zweiten Halbzeit beschäftigten Angelo Grunz noch eine ganze Weile nach der Schlusssirene. Sie waren zwar Zutat für diesen Handball-Krimi. Doch kann der VfL-Keeper auf dieses dramaturgische Stilmittel gern verzichten. 

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