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Laut der Einigung lösen der SV Babelsberg und Marco Vorbeck den Vertrag einvernehmlich zu Ende Juni. 

© Sebastian Gabsch

Vergleich am Arbeitsgericht Potsdam: SV Babelsberg einigt sich mit Ex-Trainer Marco Vorbeck

Wegen sexistischer Äußerungen hatte der SV Babelsberg 03 Trainer Marco Vorbeck entlassen - dieser hatte geklagt. Ein Prozess am Arbeitsgericht endete nun mit einem Vergleich.

Potsdam - Im Prozess zwischen dem Fußball-Regionalligisten SV Babelsberg 03 und seinem Ex-Cheftrainer Marco Vorbeck am Arbeitsgericht Potsdam wurde am Donnerstag ein Vergleich erzielt. Der heute 39-jährige war im November fristlos entlassen worden. Der Verein hatte die Entlassung damit begründet, dass sich Vorbeck in obszöner Weise über die Nulldrei-Aufsichtsratsvorsitzende Katharina Dahme geäußert habe. 

Vorbeck hatte seinen Posten erst einige Monate zuvor angetreten, der Vertrag sollte bis zum 30. Juni 2021 gelten. Der Ex-Trainer klagte gegen die Entlassung und nannte damals eine interessante Begründung: Nicht sein fragwürdiges Verhalten sei der Grund gewesen, sondern sein sportlicher Misserfolg. Tatsächlich hatte der SVB in seiner Amtszeit in 15 Ligaspielen nur einen einzigen Sieg errungen und insgesamt nur elf Punkte geholt. 
Gleich zu Beginn der Verhandlung am Donnerstag schlug der Vorsitzende Richter Lutz Weide einen Vergleich vor. Doch Vorbecks Anwalt lehnte ab. 

Co-Trainer Boron sagte als Zeuge aus

Als einziger Zeuge sagte Co-Trainer Matthias Boron aus. Er fackelte nicht lange und gab den Satz wieder, der zur Entlassung geführt haben soll. Vorbeck habe zu ihm gesagt: „Vielleicht müsste ich mal unsere Aufsichtsratsvorsitzende flachlegen, um hier raus zu fliegen.“ 

Eigentlich habe sich das Gespräch der Männer um einen ganz anderen Trainer gedreht. Sie hätten über Gerüchte gesprochen, denen zufolge der bekannte Bundesligatrainer Jens Keller eine Anstellung aufgrund einer sexuellen Affäre verloren habe. Doch plötzlich habe Vorbeck das Gespräch auf sich selbst gelenkt und den für ihn folgenreichen Satz gesagt, erinnerte sich der Zeuge. Boron sei von der unflätigen Wortwahl „entsetzt“ und „schockiert“ gewesen, beteuerte er, deshalb habe er sich aus eigenem Antrieb an die Vereinsführung gewandt. 

Eine ehrenamtliche Richterin fragte Boron, ob er Vorbeck wegen der offensichtlich sexistischen Aussage zur Rede gestellt habe. Das habe er nicht, räumte der Zeuge ein. Grobe Ausdrucksweisen seien zwar „fußballtypisch“. Aber das gelte seiner Ansicht nach nur „unter Spielern“, ein Cheftrainer müsse sich professionell verhalten, so der Zeuge.

Ausführliche Interpretation des Satzes

Doch was genau hat Vorbeck mit seinem Satz nun eigentlich sagen wollen? Darüber stritten die Parteien lange. Der Anwalt des Vereins stellte es so dar: Vorbeck habe sich als Supermann darstellen wollen, der sich beinahe alles erlauben könne, ohne dass das für ihn Konsequenzen habe. Vorbeck selbst brachte eine andere Deutung vor: Er habe sich darüber beschwert, das manche Trainer mit unüberlegten Handlungen die eigene Karriere aufs Spiel setzten und damit auch ihren Vereinen schadeten. Er habe nur verdeutlichen wollen, wie falsch das sei. 

Der Richter entgegnete ihm trocken: Wenn es darum ging, habe er aber ein „sehr unpassendes Beispiel gewählt“. Der SVB-Anwalt merkte an, dass das sonstige Verhalten des Klägers nicht darauf hindeute, dass er strenge Moralvorstellungen habe. Bei anderen Gelegenheiten habe Vorbeck Mannschaftsmitgliedern Fotos nackter Frauen gezeigt – der Anwalt nutzte ein deftigeres Wort. 

Vertraulich - oder nicht?

Der Kläger wiederum berief sich darauf, seine Äußerung in einem vertraulichen Rahmen gemacht zu haben. Soll heißen: Boron hätte sie nicht weitergeben dürfen. Doch darauf ließ sich das Gericht nicht ein. Vorbeck habe sich schließlich nicht „in einer Kneipe nach durchzechter Nacht“ mit einem „Kumpel“ unterhalten, sondern in einem Dienstzimmer mit einem Untergebenen, sagte der Vorsitzende Richter. Somit könne er sich nicht auf Vertraulichkeit berufen. Weide machte auch deutlich, dass er Vorbecks Darstellung nicht folge, nach der er sich allgemein über moralisches Fehlverhalten beschwert habe. 

Die „fast fußballchristliche Entrüstung“ des Klägers sei unglaubwürdig: „Dieser Impetus erscheint uns ein wenig milieuuntypisch“. Die Aussage habe außerdem einen so „groben und frauenfeindlichen Charakter“, dass sie in keinem Zusammenhang zu entschuldigen wäre. Nicht zuletzt habe der Kläger nie versucht, sich bei Katharina Dahme für seine Wortwahl zu entschuldigen. „Stellen Sie sich vor, sie würden als Frau in dieser Weise Gegenstand eines Gesprächs von Männern sein“, sagte der Richter zu Vorbeck. 

Vergleich angenommen

Nach diesen Erläuterungen schlug er noch einmal einen Vergleich vor. Auch der SVB-Vorstandsvorsitzende Archibald Horlitz gab sich kompromissbereit: „Wir möchten Herrn Vorbecks weiterer Karriere nicht schaden.“ Angesichts der drohenden Niederlage stimmte auch der Kläger zu. Beide Parteien verließen den Saal, um zu verhandeln. 

Das Ergebnis: Das Arbeitsverhältnis endete „einvernehmlich“ am 30. Juni 2020. Vorbeck erhält eine Lohnnachzahlung auf Grundlage eines Bruttomonatseinkommens von 3500 Euro. Eine Prämie bekommt er nicht. Vorbeck registrierte das sichtlich frustriert, kopfschüttelnd tippte er auf seinem Handy herum.

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