zum Hauptinhalt
Ein neues Kapitel? Vor Kurzem stellte Bernd Schröder sein Buch über seine Zeit im Frauenfußball vor. Nun könnten noch Anekdoten aus einem Engagement für China hinzukommen.

© Manfred Thomas

Turbine Potsdam: Offerte aus Fernost für Bernd Schröder

China möchte zu einer Fußball-Weltmacht aufsteigen - bei den Männern. Und bei den Frauen peilt das Land die Rückkehr in die internationale Spitze an. Hierfür buhlen die Chinesen um die Hilfe des langjährigen Potsdamer Erfolgstrainers Bernd Schröder.

Potsdam - Gut ein Jahr nach seinem Abschied als Frauenfußballtrainer hat Bernd Schröder eine Anfrage aus China erreicht. Vermittler war der Deutsche Fußball-Bund. Die Fußballerinnen aus dem Reich der Mitte, 1999 Vize-Weltmeister und seitdem ohne große Erfolge, wollen zurück an die Weltspitze. „Chinas großes Ziel sind die Olympischen Spiele in drei Jahren“, erklärt Schröder und verrät: „Ich sollte dort Sportdirektor der Frauen werden.“

Jemand "mit klarer Kante" für Posten gesucht

Die Chinesen würden jemanden „mit klarer Kante“ für diesen Posten suchen, so der langjährige Turbine-Coach, wohlwissend, dass er dieses Kriterium erfüllen würde. China erhoffe sich perspektivisch durch mehr Power wieder höhere Leistung bei den Frauen, die auf den 19. Weltranglistenplatz abgerutscht sind. Der jetzige Chefcoach Bruno Bini aus Frankreich, zwölfter Trainer seit 2002, sei zwar sehr kompetent, aber möglicherweise zu freundlich, um das Team wieder in die Weltelite zurückzuführen, heißt es.

Zu Schröders Philosophie eines stärker autoritär geprägten Führungsstils gehört bekanntlich schon immer sein Credo, dass die Sprache des Erfolges rau sei. „Wenn Spielerinnen ihren Trainer loben, dann stimmt etwas nicht“, erklärte der 75-Jährige jüngst nach dem schwachen Abschneiden der deutschen Frauen-Nationalmannschaft bei der Europameisterschaft in den Niederlanden. Es müssten mehr Reibungspunkte und damit mehr Action entstehen.

Turbine hatte schon eine Chinesin unter Vertrag

Genau das und wieder mehr Kontinuität suchen die Chinesen, die von Schröders Erfolgen mit Turbine Potsdam angetan sind und ihn als Trainer durchaus kennen: Als er Anfang 2015 die chinesische Nationaltorhüterin Wang Fei nach Potsdam holte, wo sie allerdings nur ein gutes halbes Jahr blieb, machten Turbine und Schröder auch in den fernöstlichen Medien Schlagzeilen. Vor wenigen Tagen traf er sich mit dem chinesischen Unterhändler und Ex-Fußballer Jiayi Shao in Berlin, um sich zumindest die Pläne und Ideen anzuhören. Der 37-jährige Shao, 40 Länderspiele für China, war von 2006 bis 2011 Profi bei Energie Cottbus, spielte zuvor vier Jahre bei 1860 München und kehrte nach einer Saison beim MSV Duisburg zurück in die Heimat. Im Jahr 2015 beendete er seine aktive Karriere bei Peking Guoan, um dort Sportdirektor zu werden und jetzt auch für den Verband tätig zu sein.

Deutsche Fußballtrainer haben in China einen guten Ruf, sodass sich Schröder durchaus in die Nachfolge Klaus Schlappners hätte einreihen können, der in den 1990er-Jahren dort als Berater für die Frauen tätig war. Seit 2012 ist der Ex-Profi Stefan Lottermann beratend für den chinesischen Verband tätig und für Trainerausbildung und Nachwuchsförderung männlich wie weiblich zuständig.

Nicht Sportdirektor, aber vielleicht ein Berater

Bernd Schröder aber konnten die Chinesen noch nicht überzeugen. Den Sportdirektor mache er nicht, resümierte er auf Nachfrage den aktuellen Gesprächsstand, aber alles Weitere sei weiterhin völlig offen. „Alles ist in ständiger Bewegung, wie in einem Fluss. Weil sie mich hartnäckig fast bekniet haben, könnte ich mir möglicherweise durchaus eine beratende Tätigkeit vorstellen.“ Es brauche allerdings mehr als nur einen Kopf, so Schröders Zwischenfazit. Nur ein komplettes Team könne die Strukturen nachhaltig verändern. Wie bei den U20-Männern wolle man offenbar auch die Fußballfrauen in Deutschland zusammenziehen.

Das passt in die generelle Offensive der Chinesen, im Fußball auf allen Ebenen nachhaltig zu einer Weltmacht aufzusteigen. Staatspräsident Xi Jinping träumt als Fußballfan mit entsprechenden Finanzquellen im Hintergrund nicht nur von der Qualifikation für kommende Weltmeisterschaften, sondern auch schon mal vom Titel, etwa bei einer Heim-WM 2030 oder 2034. 

Rainer Hennies

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false