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Turbine Potsdam auf einem Abstiegsplatz: Im Abwärtssog

Die Potsdamer Fußballerinnen verlieren das Kellerduell mit 0:1 in Leverkusen und sind nun Tabellenvorletzter. Vier Niederlagen in den ersten fünf Saisonpartien gab es für Turbine Potsdam noch nie in der 1. Bundesliga.

Von Tobias Gutsche

Die sportliche Krise von Turbine Potsdam nimmt immer größere Ausmaße an: Am Samstag verlor der sechsfache Deutsche Meister sein Auswärtsspiel gegen Bayer Leverkusen 0:1 (0:1). Damit ist ein neuer Negativrekord der Klubgeschichte erreicht, denn seit Zugehörigkeit zur 1. Frauenfußball-Bundesliga im Jahr 1994 hat Turbine noch nie vier Niederlagen in den ersten fünf Partien kassiert. Und schlimmer noch: Durch die Schlappe zog Bayer in der Tabelle an den Potsdamerinnen vorbei, die nunmehr auf dem elften, also vorletzten, Rang liegen. Nach etwa einem Viertel der Saison ist dies der freie Fall auf einen Abstiegsplatz, ein Absturz in zuvor nicht für möglich gehaltene Dimensionen.

„Das ist natürlich eine Katastrophe“, meinte Cheftrainer Bernd Schröder, der sich während der 90 Minuten auffällig zurückzog und seinen Assistenten Matthias Rudolph sowie Dirk Heinrichs das Kommando an der Seitenlinie überließ. Entgegen Schröders Ankündigung, aufgrund der Misere nicht alles auf den Kopf stellen zu wollen, gab es im Vergleich zum 0:2 in der Vorwoche gegen Sand einen Radikalumbau der Turbine-Startelf. Neben drei Spielerwechseln wurde auch die taktische Formation verändert – eine defensive Mittefeldspielerin raus, eine dritte Stürmerin rein – sowie die Positionszuordnung innerhalb der Aufstellung wild durcheinander geschmissen. Genutzt hat es nichts.

Turbine erspielte sich nur eine Torchance

Vielmehr wirkte das Team aus Brandenburg vor 778 Zuschauern sogar noch gehemmter als zuvor. Unentwegt rannte es zwar an, kam dabei aber – wie auf einem Laufband – doch nicht voran. Aus gefühlt 90 Prozent Ballbesitz und zig Eckstößen resultierte in der gesamten Begegnung lediglich eine Torchance. Die hatte Bianca Schmidt in der 77. Minute, als ein Schuss von ihr ans Außennetz abgefälscht wurde. Zum dritten Mal in Serie blieb die Schröder-Elf damit ohne eigenen Torerfolg in der Liga. Sei in den vergangenen Partien oftmals eine mangelnde Chancenverwertung das Potsdamer Problem gewesen, so war es diesmal der Mangel an Möglichkeiten im Allgemeinen, befand Kapitänin Lia Wälti nach Schlusspfiff im Fernsehinterview bei Eurosport.

Viele Chancen hatte auch Leverkusen nicht. Zwei waren es insgesamt, wovon eine an der Oberkante der Latte landete und die andere flach im rechten unteren Toreck einschlug. Dieser entscheidende Treffer fiel bereits in der zehnten Minute: Turid Knaak nutzte die Unordnung in der Turbine-Abwehr und ließ der Ex-Bayer-Torhüterin Lisa Schmitz, die im Sommer vom Rhein an die Havel gewechselt war, mit einem platzierten Linksschuss aus 16 Metern keine Chance. „Danach hat Leverkusen das geschickt verteidigt“, sagte Lia Wälti. Den abermals unstrukturierten, von wenig Dynamik und Inspiration geprägten Fußball, den ihre Mannschaft demonstrierte, begründete sie so: „Wenn man in einer Krise ist, fehlt auch das Selbstvertrauen.“

Blockaden lösen und spielerische Linie verpassen

Dies ist ein bekanntes Phänomen, das insbesondere Teams, die für besonders hohe Ansprüche zusammengestellt sind, teilweise vollkommen überfordert. Die Männer von Borussia Dortmund können ein Lied davon singen. In der vergangenen Saison hingen sie in einem vergleichbaren Abwärtssog fest, gerieten in finstere Tiefen der Tabelle, die fernab ihres eigentlichen Lebensraumes lagen. Mühselig strampelten sich die Borussen dort wieder heraus. Immerhin schlossen sie noch zum oberen Drittel des Liga-Klassements auf und stießen ins DFB-Pokalfinale vor, womit die siebenjährige Ära von Jürgen Klopp als BVB-Coach einen annähernd versöhnlichen Abschluss nahm.

Und wie wird das dann 45 Jahre währende epochale Zeitalter von Bernd Schröder bei Turbine Potsdam im Sommer 2016 enden? Das haben vor allem er selbst und seine Assistenten in der Hand. Der Trainerstab ist gefordert, mehr denn je. Als Psychologen, um die mentalen Blockaden der Kickerinnen zu lösen. Und als Fußballexperten, um einer neu formierten, nicht harmonierenden Mannschaft die nötige Balance und spielerische Linie zu verpassen. mit sid

Turbine: Schmitz - Wälti, Wesely, Schmidt - Kemme (83. Szaj) - Rauch, Kellond-Knight (69. Hanebeck), Huth - Kulis (58. Siwinska), Mauro, Schwalm. Tor: 1:0 Knaak (10.)

In der Halbzeitpause der Partie wurde das Achtelfinale im DFB-Pokal ausgelost. Auf wen Turbine trifft, lesen Sie hier.

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