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Er kennt sich aus. Almedin Civa hat den SV Babelsberg 03 als Spieler acht Jahre lang mitgeprägt. Seit 2013 ist er als Sportlicher Leiter für den sportlichen Wiederaufbau des Regionalligisten verantwortlich. Nun stellt er sich der Herausforderung als Trainer.

© Sebastian Wells

SV Babelsberg 03: Von richtigem Format

Im Spagat zwischen Träumen und Realität findet der Fußball-Regionalligist SV Babelsberg 03 mit Almedin Civa den passenden neuen Cheftrainer. Während der Trainersuche hatte der SVB eine Hiobsbotschaft zu verkraften und in die Überlegungen einzubeziehen.

Es gibt unter der Anhängerschaft des SV Babelsberg 03 romantische Vorstellungen. Dietmar Demuth ist so eine. Viereinhalb Jahre, bis zum Frühjahr 2013, trainierte der gebürtige Querfurter den Fußball-Regionalligisten SVB. 172 Spiele stand er für Nulldrei in der Coachingzone, so oft wie bei keinem anderen Verein seiner Trainerlaufbahn, in der er aktuell beim Oberliga-Spitzenreiter Chemie Leipzig stationiert ist. Demuths Name – oder vielmehr sein Kürzel D.D. – fällt regelmäßig, wenn in Babelsberg ein Trainer gesucht wird oder auf den Rängen Unzufriedenheit und Missfallen mit dem aktuellen Chefcoach artikuliert werden.

Auch dieser Tage machte D.D. wieder die Runde, als am Babelsberger Park die Trainersuche ausgerufen wurde, weil Cem Efe seinen Abgang zum Saisonende verkündet hatte. Fast 30 Interessensbekundungen für den frei werdenden Posten hat es dem Vernehmen nach gegeben. Der Name Demuth war nicht dabei. Und alle anderen Bewerber konnten am Montagmittag lesen, dass derjenige es selbst macht, den sie womöglich wegen der freien Stelle angerufen haben: Almedin Civa, Sportlicher Leiter des SV Babelsberg 03.

Von jedweden Trainerexperimenten weit entfernt

Mit wenig Zutrauen in die Fähigkeiten und Qualitäten potenzieller Kandidaten hat die Entscheidung sicher nichts zu tun. Aber dürfte sich die Zahl der tatsächlich geeigneten Bewerber auf ein Minimum reduziert haben angesichts der gängigen Gehaltsvorstellungen und dem, was der SVB bedienen kann. Viel Geld hat der Verein nicht, schon gar nicht für klangvolle Namen. Zumal mitten in die Trainersuche die Hiobsbotschaft platzte, dass die Stadttochter Energie- und Wasser Potsdam GmbH (EWP) als Hauptsponsor seine Zuwendung kurzfristig um 70.000 Euro kürzt. Inmitten der Vorbereitung der neuen Saison sah die Nulldrei-Führungsriege nicht nur ihre Planungsgrundlage unter völlig neuen Vorzeichen, auch das Profil für einen neuen Trainer musste hinsichtlich des machbaren Salärs neu justiert werden.

Ohnehin war der Verein weit von jedweden Trainerexperimenten entfernt. Das hätte sich nicht vertragen mit der kurz zuvor gemachten Ankündigung, die Ticketpreise in der kommenden Saison zu erhöhen. Viele Handlungsmöglichkeiten hat der Kiezklub gegenwärtig ohnehin nicht, um seinen eigenen Beitrag zur wirtschaftlichen Sanierung deutlich zu machen. Eine erfolgreiche Akquise von Geldgebern wird erst möglich sein, wenn das Sponsoring nicht mehr unmittelbar zur Schuldentilgung auf das Konto der Deutschen Kreditbank (DKB) fließt. Doch Eigeninitiative und seriöses Wirtschaften werden verlangt, wenn die Potsdamer Stadtverordneten Anfang Juni zustimmen sollen, dass die städtische Bauholding Pro Potsdam die Schulden des Vereins bei der Deutschen Kreditbank (DKB) ablöst und dafür selbst einen Kredit von einer Million Euro aufnimmt. Nach der Handreichung steht der SVB mehr denn je in Wort und Pflicht, sich aus eigenen Kräften zu stabilisieren.

Civa: "Den Wahnsinn anderer Klubs machen wir nicht mit"

Natürlich wäre dafür der Aufstieg in die dritte Liga das günstigste Mittel – allein eine Million Fernsehgelder kassieren die Drittligisten pro Saison. Doch ist das Rennen um den Aufstieg längst kein rein sportliches mehr, sondern ein finanzielles Wettrüsten. Seine Drittliga-Ambitionen ließ sich in dieser Saison der FSV Wacker Nordhausen einen 2,68 Millionen teuren Kader kosten – Spitzen-Marktwert der Nordoststaffel. Mit einem 2,35 Millionen-Euro-Kader hat es der FC Carl Zeiss Jena als Staffelsieger zunächt in die Relegation geschafft. Und der SVB? Liegt mit einem Gesamtmarktwert von 1,63 Millionen Euro im unteren Drittel der Liga. Schon immer haben die SVB-Vorstände Ansprüche und Wünsche mit der finanziellen Wirklichkeit in Einklang bringen müssen – nicht immer ist es gelungen. Insolvenzverfahren und wachsende Schulden in der Vergangenheit sind mahnender Beleg genug.

Der SVB streckt sich im Spagat zwischen Aufstiegsträumen und bezahlbarem Kader, zerreißen will er sich dabei aber nicht. „Den Wahnsinn anderer Klubs machen wir nicht mit“, betonte Civa im vergangenen Sommer. „Wir haben nach jungen Spielern gesucht, die unseren Weg der kontinuierlichen Weiterentwicklung mitgehen wollen“, kommentierte er die Verpflichtungen von Lukas Knechtel, Mike Eglseder, Emre Stang, Leonard Koch oder Abulkadir Beyazit. Die gleichen Kriterien – das junge Alter ausgenommen – galten nun auch für die Trainersuche: Jemand, der seinen sportlichen Ehrgeiz, seine Wunschspieler und seine Gehaltsvorstellungen mit den Möglichkeiten des Vereins synchronisiert. Unterm Strich ist es nicht verwunderlich, dass der Vorstand zu der Überzeugung kam, dass Civa am besten ins Profil passt. „Keiner ist mit der Situation, den Herausforderungen und Möglichkeiten des Vereins sowie mit der Mannschaft so vertraut wie Almedin Civa, um die Aufgabe zu erfüllen“, so die Führungsriege.

Bei den Nulldreiern hat Civa alle Höhen und Tiefen miterlebt

Acht Jahre – von 1999 bis 2003 und 2008 bis 2012 – spielte der 45-Jährige für Nulldrei und hat dabei alle Höhen und Tiefen miterlebt: Den Aufstieg in die zweite Bundesliga und den Gang zum Arbeitsamt, als der Verein 2003 kein Gehalt mehr zahlen konnte, die Rückkehr in die dritte Liga und den Abstieg im Mai 2013, den Civa als Interimstrainer kurz vor Saisonende nicht mehr verhindern konnte. Als im darauffolgenden Sommer die Scherben der Misswirtschaft zusammengekehrt wurden, ging Civa nicht von Bord. Vielmehr zimmerte er gemeinsam mit Cem Efe an einem Team, das das erste Jahr in der Regionalliga nur knapp überlebte. Dass dem SVB heute attestiert wird, mit den attraktivsten Fußball der Regionalliga zu spielen, liegt auch an den Spielern, die Civa an den Babelsberger Park geholt hat.

Bis heute macht der gebürtige Bosnier aus seiner Liebe zu Nulldrei kein Hehl – Neid- und Schmähgesängen zum Trotz, die es auch jetzt nach der Übernahme der Trainermission wieder gibt. Er selbst habe die Trainerrolle bislang nicht so intensiv verfolgt, sagt Civa. Tatsächlich haben die Entwicklungen beim SVB ihn eingeholt, den Job zu übernehmen. Es mag keine romantische Lösung sein. Aber eine konsequente.

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