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SV Babelsberg 03: Kritik an Personalentscheidung

Unverständnis herrscht beim Fanbeirat des Fußball-Regionalligisten SV Babelsberg 03. Ein hoch geschätzter Mitarbeiter des Babelsberger Fanprojekts soll nicht weiter beschäftigt werden. Das wird nun auch zum Thema auf stadtpolitischer Ebene.

Potsdam - Es köchelt in der Fanszene des SV Babelsberg 03. Die Anhänger sind unzufrieden. Nicht nur wegen der schlechten Ergebnisse ihrer Mannschaft in den vergangenen vier Regionalliga-Partien, die allesamt verloren wurden. Kritisch beäugt werden vom Fanbeirat zudem die aktuellen Personalentscheidungen für das Babelsberger Fanprojekt. Dort kam es wiederholt zu einem Mitarbeiterwechsel. Daher sah sich der Fanbeirat – als Interessenvertretung der Fans des SVB – dazu gezwungen, jüngst einen offenen Brief an den Träger des Fanprojektes, dem SPI- Sozialpädagogischen Institut Berlin „Walter May“, zu schicken. „Aus Fansicht, aber auch aus sozialpädagogischer Sicht ist es nicht gut, wie leichtfertig mit den langfristig aufgebauten Bindungen gespielt wird“, kritisiert Roman Böttcher vom Fanbeirat.

Das Fanprojekt existiert seit 2001 und richtet sich vor allem an Fans im Alter von 14 bis 27 Jahren. Im Fanladen in der Karl-Gruhl-Straße gibt es wochentags verschiedene offene Angebote für die Anhänger. Es gibt beispielsweise gemeinsame Koch- und Filmabende, zudem bereiten die Fans dort oft ihre aufwändigen Choreografien vor oder kommen mit den Sozialpädagogen ins Gespräch. Bei Heimspielen des SVB dient der Fanladen als Treffpunkt für die Nulldrei-Fans. Für den Verein ist das Projekt ein wichtiges Scharnier zu seiner Fanszene, die derzeitige personelle Besetzung der vergangenen zwei Jahre wurde seitens des SVB-Sicherheitsbeauftragten Christian Lippold als außerordentlich gut bewertet.

Es brauche "unbedingt Kontinuität"

„Sämtliche Mitarbeiter*innen des Fanprojekts, mit Ausnahme der Leitung, wurden über die Jahre hinweg mit befristeten Arbeitsverträgen hingehalten. Nun, da eine weitere Befristung aus arbeitsrechtlichen Gründen nicht mehr möglich war und unbefristete Verträge hätten ausgestellt werden müssen, entlassen Sie diese Mitarbeiter*innen mit auslaufenden Verträgen in die Arbeitslosigkeit“, schrieb der Fanbeirat in seinem offenen Brief.

Im aktuellen Fall geht es um Mitarbeiter Sebastian Schlinck, dessen Vertrag Ende April endet und nicht mehr verlängert wird. Schlinck arbeitete seit Juli 2015 im Fanprojekt. Zuletzt wurde er als Vertretung für die langjährige Projektleiterin eingesetzt, die inzwischen nach ihrer Elternzeit wieder dabei ist. „Das Mittel der befristeten Arbeitsverträge und die nun fehlenden Verlängerungen zeugen von wenig Wissen und Verständnis für die Besonderheiten der Jugendsozialarbeit insbesondere im Fußballfankontext“, wird in dem offenen Brief kritisiert. „Durch Ihr ausschließlich unternehmerisch geprägtes sowie unsoziales Handeln gefährden Sie die über Jahre hinweg solide und verantwortungsbewusste Fansozialarbeit in Babelsberg essentiell. Gerade der sensible Arbeitsbereich Fußballfans erfordert unbedingt Kontinuität“, so der Fanbeirat.

Finanziert durch DFB, Land Brandenburg und Stadt Potsdam

Der zuständige SPI-Geschäftsbereichsleiter Stefan Zaborowski argumentiert dagegen in seinem Antwortschreiben an den Fanbeirat: „Eine langfristige Personalplanung hingegen ist in Projekten, die über einen jährlich neu zu beantragenden und zu gewährenden Zuwendungsbescheid mehrerer Förderer finanziert werden, leider schwierig.“

Das SPI ist als sozialer Träger nach der Abwicklung des Diakonischen Werks seit Juni 2014 für die Besetzung der sozialpädagogischen Stellen im Fanprojekt verantwortlich. Die Stellen und Räumlichkeiten werden dabei durch den Deutschen Fußball-Bund (DFB), das Land Brandenburg und die Landeshauptstadt Potsdam finanziert. „Die Verantwortungsbereiche für etwaige Personalentscheidungen liegen demzufolge zwar bei Ihnen, wirken sich jedoch auf verschiedene Ebenen aus – gegenüber der Fanszene und gegenüber den Zuwendungsgebern“, so der Fanbeirat.

Träger wird Fan-Wunsch nicht entsprechen

Kritisch sieht der Fanbeirat vor allem den Zeitpunkt des neuerlichen Wechsels im Fanprojekt. Immerhin passierte dies kurz vor den Risikopartien der Nulldreier gegen den BFC Dynamo am vergangenen Sonntag und FC Energie Cottbus am nächsten Freitag, die immer für viel Brisanz sorgen. „Die von Ihnen angesprochenen Spiele werden durch das Fanprojekt selbstverständlich sozialpädagogisch betreut. Die Mitarbeiterinnen des Fanprojekts stehen allen Partnern wie immer im Rahmen ihrer konzeptionellen Aufgaben zur Verfügung und werden sich in der Vorbereitung aktiv einbringen“, entgegnete Stefan Zaborowski, der aber schon in seinem Antwortschreiben deutlich machte: „Auch wenn ich Ihrem Wunsch nach Weiterbeschäftigung von Sebastian Schlinck nicht entsprechen werde, hoffe ich auf eine weiterhin vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen dem Fanbeirat und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stiftung SPI im Fanprojekt und am Standort Potsdam.“

Wie sich diese „vertrauensvolle Zusammenarbeit“ in Zukunft gestalten soll, bleibt offen. Die Fronten zwischen dem sozialen Träger und dem Fanbeirat scheinen verhärtet. Nachdem beide Parteien, sowohl der Fanbeirat als auch das SPI, ihren Standpunkte und ihre Interessen in einem Brief deutlich gemacht haben, geht es am morgigen Donnerstag im Jugendhilfeausschuss der Stadt Potsdam weiter. Dort wurde das Thema auf die Tagesordnung gesetzt.

ZUM HINTERGRUND:
Die Arbeit der inzwischen rund 60 Fanprojekte in ganz Deutschland regelt das „Nationale Konzept Sport und Sicherheit“ (NKSS). Koordiniert und begleitet werden die Fanprojekte ligaübergreifend von der Koordinationsstelle Fanprojekte (KOS) bei der deutschen Sportjugend (dsj). Hauptaufgaben der Fanprojekte sind die Förderung einer positiven Fankultur, Gewaltprävention und Demokratiestärkung und Hilfestellung für meist jugendliche Fans in Problemlagen. Auch die Kommunikation zwischen den am Fußball beteiligten Parteien wie Fans, Vereine, Polizei und Ordnungsdienste herzustellen und zu moderieren, gehört zu den Aufgaben. Die Fanprojekte sind in der „Bundesarbeitsgemeinschaft der Fanprojekte“ (BAG) organisiert.


Und hier lesen Sie die Stellungnahme zur Verfahrensweise des Vereins zu der Personalentscheidung >>

Matthias Schütt

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