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Schlüsselrolle. Neuzugang Ana Escamilla passt laut Coach Guillermo Hernandez perfekt zu seiner Idee des schnellen Spiels.

© Gerhard Pohl

Saisonstart des Frauenvolleyball-Bundesligisten SC Potsdam: Tempo, Tempo, Tempo

Nach dem erstmaligen Einzug ins Playoff-Halbfinale vorige Saison möchte der SC Potsdam seine Erfolgsgeschichte im neuen Jahr der Frauenvolleyball-Bundesliga fortsetzen - mit besonders schnellen Spiel. Das Auftaktmatch ist gleich ein Gradmesser.

Von Tobias Gutsche

Guillermo Hernandez hatte für den SC Potsdam Historisches rausgeholt. Im Dezember 2018 übernahm er kurzfristig das Cheftraineramt beim Brandenburger Frauenvolleyball-Bundesligisten und führte diesen letztlich zum ersten Mal ins Playoff-Halbfinale der Deutschen Meisterschaft. Allerdings konnte das Team dabei noch gar nicht so sehr die Handschrift von Hernandez auf dem Feld umsetzen. Der Spanier pflegt die Philosophie vom schnellen Spiel. „Dafür passte der Kader vergangene Saison noch nicht ganz“, sagt er. Es blieb eine Light-Version seiner Idee. Im neuen Bundesligajahr aber sieht der 43-Jährige die Voraussetzungen gegeben. Tempo, Tempo, Tempo heißt es nun. „Wir haben eine Mannschaft zusammen, die in Sachen Geschwindigkeit herausstechen kann“, meint er.

Den ersten Beweis soll das Team zum Ligastart am Samstag erbringen. Dann wartet gleich ein echter Gradmesser. Potsdam tritt beim fünffachen Meister Dresdner SC an, der vorige Saison erstmalig seit Einführung der Playoffs 2010/11 nicht bis in die Runde der besten Vier kam und jetzt stark aufgerüstet wieder angreift. „Mit diesem Auftakt werden wir gleich wissen, wo wir stehen“, sagt SCP-Sportdirektor Toni Rieger.

Variantenreicher, flexibler soll es werden

Der Ausgangspunkt: Nur vier Spielerinnen aus dem Vorjahr sind noch dabei, drei Rückkehrerinnen mit Erfahrungen in der deutschen Nationalmannschaft (Lisa Gründing, Denise Imoudu, Laura Emonts) stehen ebenso neu im zwölfköpfigen Aufgebot wie die US-Amerikanerinnen Valerie Nichol und Brittany Abercrombie, Ana Escamilla aus Spanien, die Serbin Sofija Medic und Nachwuchstalent Deborah Scholz. „Wir haben einen großen Konkurrenzkampf wie selten zuvor“, betont Rieger.

Und zudem ermöglicht die veränderte Konstellation den von Hernandez so gewünschten Highspeed-Volleyball. In den vergangenen Spielzeiten agierte der SC Potsdam oft sehr eindimensional am Netz. Viel zu stark stand Marta Drpa im Fokus, die herausragend gut punktete, am häufigsten in der gesamten Liga. Doch waren die hoch auf sie gespielten Bälle aus Ermangelung an durchschlagskräftigen Alternativen auch irgendwann leicht für die Gegner zu durchschauen. Gerne hätten sie die Serbin auch weiterhin in Potsdam gehalten, weil sie eine enorme individuelle Klasse hat. Doch sehen die Verantwortlichen in ihrem Abgang nach Russland auch die vielversprechende Chance, das Offensivkonzept völlig neu zu gestalten, wie Rieger erklärt. Variantenreicher, flexibler soll es werden.

"Blindes Vertrauen" zwischen Trainer-Trio

Imoudu und Nichol sind als Zuspielerinnen für die Lenkung der Abteilung Attacke zuständig. Sie müssen im besonderen Maße die Fähigkeit zeigen, rasch Situationen zu scannen und daraufhin Lösungen zu finden. Wichtige Zielperson soll dann Escamilla sein. Die letztjährige Top-Scorerin der spanischen Liga könne entscheidend bei der Umsetzung des Hernandez’schen Systems werden, sagt der Coach selbst. Sie sei in der Lage, „unfassbar schnell“ zu agieren.

Mit der Spielweise von Hernandez geht hohe Intensität einher. Das verlangt Fitness. Daher bat er in Vorbereitung der neuen Saison auch bei der Vereinsführung darum, seinen Trainerstab zu erneuern – wichtig war ihm ein Athletikcoach. Ioannis Paraschidis hat den Posten jetzt inne und setze Reize in bisher am Luftschiffhafen unbekannter Qualität, wie Kapitänin Antonia Stautz anmerkt. Sie lobt generell das Zusammenspiel zwischen Hernandez, Paraschidis und dem weiteren Assistenztrainer Riccardo Boieri, der bereits von 2014 bis 2018 beim SCP tätig war. Das Trio ist aber nicht erst seit diesem Sommer vereint, sondern betreut auch schon seit 2018 als Gespann das Frauen-Nationalteam von Griechenland. „Man merkt, dass unter ihnen absolut blindes Vertrauen herrscht. So etwas färbt auf die Mannschaft ab. Wir harmonieren alle“, erklärt Stautz.

National in der Spitze etablieren - im Europapokal wird es ganz hart

Ihr Club möchte ab Samstag die Erfolgsgeschichte aus der Vorsaison weiter fortsetzen. „Aber es sollen alle schön auf dem Teppich bleiben“, warnt Manager Rieger vor überhöhten Ansprüchen. Stuttgart, Schwerin und Dresden seien dem SC Potsdam wirtschaftlich weit voraus, dahinter stehe eine Reihe ambitionierter anderer Vereine. „Sicherlich wollen wir uns gerne unter den Top 4 oder Top 5 in Deutschland etablieren, doch da muss vieles passen.“ Ebenso, um im nationalen Pokal das Finale von Mannheim zu erreichen, was weiterhin ein Traum sei.

Ein anderer lang gehegter Wunsch der SCP-Bosse wird derweil in der Vorweihnachtszeit Erfüllung finden. Dann erlebt der Club seine internationale Premiere. Im CEV-Cup, dem zweithöchsten Europapokal, treffen die „Rothemden“ auf Dinamo Kazan, Sieger im CEV-Cup 2017 sowie Champions-League-Gewinner und Klub-Weltmeister von 2014. „Das schwerste Los, das wir kriegen konnten“, ordnet Stautz ein. Schmunzelnd fügt sie hinzu: „Aber wir dürfen im Dezember nach Russland fliegen – ist doch auch schön.“ Hernandez, der Heißsporn von der sonnigen Vulkaninsel Teneriffa, verzieht etwas leidlich das Gesicht. Sein Team wird versuchen müssen, ihm einzuheizen – mit feurig schnellem Spiel.

+++ Team-Kapitänin: Antonia Stautz statt Anne Hölzig +++

Für die Funktion der Team-Kapitänin beim Frauenvolleyball-Bundesligisten SC Potsdam hat Cheftrainer Guillermo Hernandez eine Änderung vorgenommen. Antonia Stautz übernimmt die Aufgabe von Anne Hölzig. 

Neue Kapitänin. Antonia Stautz führt den SCP diese Saison an.
Neue Kapitänin. Antonia Stautz führt den SCP diese Saison an.

© Julius Frick

„Nicht, weil Anne keine gute Führungsspielerin ist. Das ist sie“, betont Hernandez. Doch sei Hölzig aufgrund ihres Hochschulstudiums stark außerhalb des Sports eingebunden. „Als Kapitänin muss sie besonders viele Termine wahrnehmen. Das ist kompliziert, wenn sie eben so viel für die Uni machen muss. Daher haben wir gewechselt“, sagt der Coach. Stautz sei eine optimale Lösung. „Sie genießt bei uns Trainern und beim Team großes Vertrauen.“

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