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Das tat weh. Zwei dieser harten Körpertreffer durch Jack Culcay (r.) gegen Jean Carlos Prada führten schließlich zum technischen Knockout. Nach der neunten Runde gab der Boxer aus Venezuela vor 2600 Zuschauern in der Potsdamer MBS-Arena auf.

© Robert Schlesinger/dpa

Profi-Boxgala in Potsdam: Licht und Nebel einer Nacht

Potsdam erlebte erstmals das recht spezielle Flair einer internationalen Berufsboxgala. Im Hauptkampf das Abends holte sich Jack Culcay in der MBS-Arena einen Weltmeistertitel, der seinen Glanz aber erst demnächst richtig entfalten wird.

Allein die Automobile auf den Parkplätzen rund um die MBS-Arena verrieten ein etwas anderes Publikum als gewöhnlich. In der Regel sind es ein paar Hundert Handball- oder Volleyballfans, einige Male im Jahr auch Anhänger der UJKC-Judoka, die in die Halle am Luftschiffhafen kommen. Am Samstagabend parkten reihenweise tiefergelegte PS-Boliden vor der Arena, aus denen meist breitschultrige Typen mit finsterer Miene stiegen. Weißes Hemd und Jacket oder aber Lederjacke und Sonnenbrille sind Dresscode bei einer Abendveranstaltung im Profiboxen.

SAT.1 als TV-Partner des Berliner Profi-Boxstalls Sauerland hatte die MBS-Arena als deutschen Schauplatz für die „Nacht der Champions“ ausgewählt. Potsdam stand in einer Reihe mit London und Las Vegas – die Hotspots des Profiboxens in der Nacht zum Sonntag, bei denen um Weltmeistergürtel gekämpft wurde. Als sich diesen weit nach Mitternacht der Berliner Jack Culcay in der MBS-Arena nach seinem Sieg gegen Jean Carlos Prada aus Venezuela um die 84 Zentimeter schmale Taille schnürte – solche Infos verriet das Programmheft – hatte das Publikum einen langen Abend mit insgesamt zehn Kämpfen hinter sich.

Arena mit 2600 Zuschauern komplett gefülllt

Und Potsdam war um eine sportliche Facette reicher. Zum ersten Mal hatte es in der märkischen Landeshauptstadt eine internationale Berufsboxgala der Männer gegeben – mit öffentlichem Pressetraining und Wiegen zwischen den Einkaufstischen im Karstadt-Erdgeschoss. Wer dabei am Freitag zufällig den ukrainischen Halbschwergewichtler Oleksandr Cherviak auf die Waage steigen sah, fühlte sich eher an einen Gemüsehändler aus dem benachbarten Bio-Markt erinnert als an einen Profiboxer. Muskulös und durchtrainiert sieht anders aus. Umso überraschender, dass sich der elf Jahre jüngere Enrico Kölling tags darauf zwölf Runden gegen den 35-Jährigen abmühte, ehe er sich WBA-Intercontinental-Meister nennen durfte. Köllings rufgewaltige Fan-Gemeinde hatte zwar vehement gefordert: „Zieh ihm eine rein und hau ihn um.“ Doch Cherviak blieb stehen und hat offenbar mehr Wucht in den Fäusten, als es der Anschein vermuten lässt: „Er hat einen harten Schlag“, berichtete Kölling nach dem finalen Gong: „Ich musste ständig aufpassen.“

Neben den 20 Boxern erlebten die 2600 Zuschauer auch ein Aufgebot an Show- und Beleuchtungstechnik, wie es in der MBS-Arena selten zu sehen ist. Ein Meer aus Lampen und Scheinwerfern war unters Hallendach montiert, auf dem Boden kreuzten sich im Dauereinsatz weißer Nebel und Licht aus riesigen Strahlern, kurz vor dem Hauptkampf kündigte ein Tanz aus Laserstrahlen das Finale an.

Sauerland-Stall kann sich erneuten Kampfabend in Potsdam vorstellen

Doch auch das viele Licht konnte nicht wirklich helfen, den Dschungel der Profiboxszene zu erhellen. Selbst Sauerland-Geschäftsführer Christian Meyer hatte Schwierigkeiten zu erklären, was für ein Champion Jack Culcay denn nun ist. Tatsächlich wird sich der wahre Glanz seiner erkämpften WBA-Krone erst demnächst entfalten. Eine komische Vereinbarung mit dem Familienunternehmen WBA aus Panama besagt: Culcay muss innerhalb von 180 Tagen gegen den Sieger des am 21. Mai stattfindenden Kampfes zwischen Eryslandi Lara (Kuba) und Wanes Martirosjan (Armenien) boxen. Wenn der favorisierte Lara gewinnt, ist er Superchampion und Culcay wäre auch hochoffiziell Weltmeister. Siegt Martirosjan, muss Culcay seinen Titel gegen ihn verteidigen. Vielleicht nahm der Amateur-Weltmeister von 2009 seinen Erfolg auch deshalb eher beiläufig zur Kenntnis. Keine Luftsprünge im Ring, kein Konfetti-Regen. Und auch der richtige Gürtel war nicht rechtzeitig eingetroffen, sodass der Halbmittelgewichtler nach der Siegerehrung mit seinem alten WBA-Interimsgürtel Vorlieb nehmen musste.

Das Match hatte der ausgefeilte Techniker Culcay von Beginn an unter Kontrolle. Nach zwei schmerzhaften Körpertreffern auf die gleiche Stelle blieb der zunehmend überforderte Prada vor Beginn der zehnten Runde in der Ecke sitzen. Er wird mit Potsdam seine erst zweite Niederlage im 34. Profikampf verbinden. Frederick Ness, ebenfalls Sauerland-Geschäftsführer, kann sich indes eine Wiederkehr vorstellen: „Potsdam war ein Versuch. Wir sind sehr zufrieden und können das wiederholen.“

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